Doktor Huikala

2.3K 79 4
                                    

I O L A N A

"Du hast es fast geschafft, komm schon, Iolana!", versuchte Nahele mich zum Weiterlaufen zu motivieren. Ich hatte mich schon zwei Mal vor Anstrengung übergeben, jede Bewegung und jede Pause taten weh, ich war mit den Kräften am Ende. Schon seit gefühlten drei Blocks verkündete der Junge neben mir, dass wir fast da waren, doch wir hatten unser Ziel immer noch nicht erreicht. Angestrengt versuchte ich, nicht zu schnappend zu atmen und nicht das Bewusstsein zu verlieren, während mit jedem Atemzug weitere Schmerzsignale durch meinen Körper jagten und ich am liebsten aufgeschrien hätte. Und dann, als ich die Hoffnung schon wieder fast aufgeben wollte, blieb Nahele stehen. "Das ist er. Ich schaue kurz nach, dass uns niemand beobachtet, dann hole ich dich und du hast es wirklich geschafft." Ich nickte schwach und starrte den Wohnwagen an, als wäre es ein Tempel. Nahele verschwand für einen Augenblick und kehrte schließlich nickend zurück. "Wir können." Ich versuchte einen Schritt nach vorne zu machen, aber meine Beine trugen mich nicht und ich fiel einfach wie ein nasser Lappen nach vorne. In letzter Sekunde fing Nahele mich auf, sein erschrockener, aber glücklicherweise ziemlich leiser Ruf meines Namens, hallte in meinen Ohren wieder. Bevor ich etwas sagen oder tun konnte, hatte er mich wie eine Braut hochgehoben und trug mich zum Wohnwagen. Ich lehnte mich einfach nur gegen seine Brust, bis ich auf etwas weichem abelegt wurde. Das Gefühl einer Matratze unter meinem Körper, war mir nicht mehr bekannt, doch ich hatte kaum die Kraft, mich weiter damit zu beschäftigen. Stattdessen wandte ich mein letztes bisschen Konzentration Nahele zu, der die Bettdecke unter meinem Körper hervorzog und irgendwo ablegte, bevor er aus einer Ecke einen Kasten zum Vorschein brachte. Er stellte ihn so hin, dass ich den Inhalt ebenfalls betrachten konnte, dann nahm er zuerst eine schmale Packung heraus und gab mir eine Tablette. "Das ist gegen die Schmerzen. Am besten setzen wir dich mal kurz etwas auf, damit du sie schlucken kannst." Ich nickte schwach, dann öffnete Nahele eine Wasserflasche und hockte sich neben mich. Unter großer Anstrengung und Schmerzen setzte ich mich ein wenig auf und der Dunkelhaarige legte mir die Tablette auf die Zunge, bevor er mir die Öffnung der Flasche an die Lippen hielt und sie leicht kippte. Es brauchte ein wenig, bis ich die kleine Pille herunterbekommen hatte, dann legte Nahele mich wieder ab und widmete sich meinen Wunden. Zuerst zog er mir den Hoodie aus, unter dem mein dreckiges Top zum Vorschein kam, dann legte er einen Pullover von sich über meine Arme und die obere Hälfte meines Oberkörpers. Ich spürte, wie er auch das Top nach oben schob, bis er genug Sicht auf die Wunde hatte. Es ziepte, als er das Shirt entfernte, das mittlerweile an meiner Haut klebte, dann spritzte er etwas Flüssiges auf meinen Bauch, woraufhin es unangenehm brannte. Außer einem leisen Wimmern entfuhr mir jedoch kein Mucks und ich ließ die Behandlung einfach über mich ergehen. Irgendwie schaffte Nahele es, einen Verband um meinen Bauch zu wicken, ohne dass ich mich zu sehr bewegen musste und als er mein Top wieder nach unten zog und den Pullover wegnahm, wusste ich, dass das Schlimmste überstanden war. Jetzt kümmerte er sich um meinen Unterarm. Er wischte, wie bei meinem Bauch, vorsichtig das getrocknete Blut ab, sodass ich die Wunde zum ersten Mal richtig betrachten konnte. Es war ein Streifschuss, allerdings ging er schräg von einem Punkt kurz hinter meinem Handgelenk bis fast zum Ellenbogen. Wieder brannte es, als Nahele die Verletzung desinfizierte, dann legte er eine Kompresse darauf und verband alles. "So, fertig. Du hast es hinter dir. Schlaf jetzt. Ich passe auf dich auf." Sanft lächelte er mich an und ich nickte schwach. Aus der Ecke holte der Dunkelhaarige seine Bettdecke zurück und legte sie vorsichtig auf mich, dann strich er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und ließ sich auf der Bettkante nieder. Die Müdigkeit ergriff immer mehr Besitz von mir, bis ich schließlich einschlief. Das Letzte, was meine Lippen verließ, war ein leises: "Danke Nahele."





N A H E L E

Während ich Iolana beobachtete, wurde mir das Ausmaß meiner Taten bewusst. Ich log Steve und Kamekona seit drei Tagen an, hatte Essen und Trinken aus dem Bestand des Trucks geklaut und den Erste-Hilfe-Kasten aus dem Hauptquartier von Five-0 gestohlen, weil ich wusste, dass dort auch Schmerztmittel drin waren, die eigentlich ein Arzt verschreiben musste. Wenn das jemals herauskommen sollte, würde Steve die Anzeige gegen mich, die sich noch immer in seiner Schublade befand, definitiv unterschreiben und mir persönlich die Handschellen anlegen. Mein Blick fiel auf den kleinen Schrank neben dem Bett, in dem sich mittlerweile Iolanas Pistole befand. Noch so ein Grund, warum ich mit Sicherheit in den Knast wandern würde, wenn Steve jemals hiervon erfahren würde. Leise seufzend ließ ich meine Finger knacken und versuchte, für diese Nacht nicht mehr darüber nachzudenken. Jetzt zählte nur dieses schwerverletzte Mädchen in meinem Bett, das zum ersten Mal fast schon entspannt aussah.

You're my home (Hawaii Five-0 FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt