I O L A N A
Ich blinzelte verwirrt und starrte den Commander fragend an. Es brauchte einen Moment, bis seine Worte zu mir durchgesickert waren. "Ihr habt eine Spur? Das bedeutet was?" "Das bedeutet, dass wir den Zugriff planen, um die Zielperson festzunehmen." Ich schluckte. "Die Zielperson ist mein Bruder." Steve nickte und schaute mich mit leicht schiefgelegtem Kopf an. "Wenn du möchtest, kannst du hier warten und über Funk mithören. Zwar müssen wir deinen Bruder zuerst verhören, aber danach kannst du kurz zu ihm." Ich holte tief Luft und nickte langsam. So ganz war das alles noch nicht bei mir angekommen. "Danke Steve. Wann werdet ihr ihn festnehmen?" "Wir fahren in zwanzig Minuten hier weg." Einen Moment herrschte Stille, dann räusperte der Commander sich vernehmlich und schaute mich fragend an. "Soll ich Nahele anrufen, damit er herkommt?" Ich schüttelte leicht den Kopf. "Nein, er- er arbeitet. Und wir sind später sowieso verabredet." Meine Stimme klang unsicherer als beabsichtigt, weshalb ich beschloss, vorerst zu schweigen. Steve nickte mir nochmal aufmunternd zu, dann drehte er sich um und ließ mich alleine in seinem Büro sitzen. Ich blickte wie erstarrt auf die dunkelgrüne Schreibtischauflage und versuchte mir auszumalen, wie mein Treffen mit Ikaika ablaufen würde. In meinem Inneren herrschte ein gigantisches Chaos. Auf der einen Seite hatte ich ihn so sehr vermisst in den letzten Jahren, hatte unzählige Tränen der Trauer vergossen und mir mehr als fast alles andere gewünscht, dass er doch nicht tot war. Andererseits schien er ein komplett anderer Mensch zu sein, als ich ihn in Erinnerung hatte. Der Ikaika, der seinen festen Platz in meinem Herzen hatte, hatte nichts mit Kriminalität zu tun, er lehnte sie sogar ab. Und genau dieser Ikaika sollte jetzt festgenommen werden? Das war absurd. Es war so absurd, dass ich fast zu lachen begonnen hätte, wenn mich das letzte bisschen gesunder Menschenverstand nicht davon abgehalten hätte, weil ich dann definitiv von meinen Mitmenschen als reif für die Klapse eingeschätzt worden wäre. Von einem Schlag auf den anderen verschwand mein Drang zu lachen und ich spürte Tränen hinter meinen Augen brennen. Angestrengt schluckte ich sie herunter, dann straffte ich entschlossen die Schultern und wartete auf Steves Rückkehr. Diese erfolgte wenige Minuten später und mit einem schwachen Lächeln reichte er mir ein Funkgerät. Ganz kurz erklärte er mir, wie es funktionierte, dann klofpte er mir nochmal auf die Schulter und verschwand. Kurz darauf betrat Kono den Raum. "Alles wird gut werden, da bin ich sicher", flüsterte sie mir liebevoll ins Ohr und ich versuchte mich an einem lächelnden Nicken. "Pass auf dich und das Baby auf", befahl ich ihr, um vom Thema abzulenken, woraufhin sie nickte und mich allein ließ. Ich schloss die Augen und lauschte den verschiedenen Geräuschen außerhalb des Büros bis hin zum Klacken der Tür, nachdem auch das letzte Teammitglied das Office verlassen hatte.
N A H E L E
Ich reichte gerade einer Kundin ihr Menü, als mein Handy klingelte. Ich runzelte irritiert die Stirn, als ich Steves Namen auf dem Display laß. Seit wann rief er mich zu dieser Tageszeit an? Und wieso kam er nicht her, wenn er mit mir reden wollte? Ohne Hintergedanken hob ich ab. "Hey Steve, was gibt's?" Am Rauschen im Hintergrund erkannte ich, dass er offensichtlich im Auto saß. "Hi Nahele, kannst du bitte ins Office fahren? Iolana ist da ganz alleine, das halte ich nicht für richtig." Besorgt runzelte ich die Stirn. "Wieso ist Lani im Office? Ist ihr was passiert?" "Sie hat dir nicht gesagt, dass ich sie angerufen habe?" "Nein, hat sie nicht. Was ist denn los?" "Wir sind auf dem Weg, um ihren Bruder festzunehmen. Nahele, bitte, fahr' hin. Sie sollte jetzt nicht alleine sein." "Na klar. Danke für den Anruf." Hastig legte ich auf und riss mir die Schürze über den Kopf, um sie auf den Haken neben der Tür zu hängen. Kamekona schaute mich überrascht an. "Tut mir Leid, Kamekona, aber ich muss ins Office von Five-O, Lani ist dort!" "Alles klar, fahr' vorsichtig, Keiki." Ich nickte bloß, dann rannte ich zu meinem Moped und fuhr los. Als ich mein Ziel erreichte, vergaß ich fast abzuschließen, dann sprintete ich in den Iolani Palace und dort die Treppen nach oben. Im Office angekommen steuerte ich direkt auf Steves Büro zu, in dem ich meine Freundin erkannte. Vorsichtig öffnete ich die Tür und lief zu ihr. Lani saß steif wie ein Brett auf dem Stuhl am Schreibtisch, den Blick starr auf die Schreibtischplatte gerichtet. Vorsichtig näherte ich mich ihr und ging neben dem Stuhl in die Hocke. Sie rührte sich nicht. "Hey Lani, ich bin's, Nahele. Steve hat mich angerufen. Wieso hast du mir nicht Bescheid gesagt?" Sie zuckte bloß kurz die Schultern, dann hörte ich plötzlich ein Rauschen. Überrascht schaute ich auf die Hände meiner Freundin, die ein Funkgerät umklammerten. "Was ist das?" "Steve hat es mir gegeben. Zum Mithören." Beim Klang ihrer gebrochenen Stimme konnte ich nicht anders, als die Brünette fest in die Arme zu nehmen. Erst bewegte sie sich nicht, dann spürte ich jedoch ihre Hände, die auf meinem Rücken lagen. Wir lösten uns wieder voneinander und jetzt schaute meine Freundin mich endlich an. Ich schenkte ihr ein schwaches Lächeln. "Na komm, wir setzen uns auf das kleine Sofa, okay?" Sie nickte schwach und ließ sich von mir zum Sofa führen, wo ich mich neben sie setzte. Und dann warteten wir so lange, bis es im Funkgerät wieder rauschte. "Alles klar, Kono und Chin, ihr geht hintenrum, Danny, du kommst von rechts. Auf mein Kommando stürmen wir." Es herrschte einige Sekunden Stille, dann erklang wieder die Stimme des Commanders. "3,2,1,Zugriff!" Aufgetretene Türen knallten, dann schallten Rufe durcheinander. "Five-O! Keine Bewegung! Die Waffe runter!" Im nächsten Moment knallten Schüsse, dann hörte ich einen Schmerzensschrei. Aber es war nicht der, den ich erwartet hatte. Mir stockte der Atem. Das war Kono! Erschrocken schaute ich zu Lani, die es im selben Moment ebenfalls realisiert zu haben schien. "Auf den Bauch legen, Hände auf den Rücken!" Während ich angespannt lauschte, beobachtete ich meine Freundin mit Argusaugen, dann war Dannys Stimme zu hören. "Wir brauchen hier zwei Krankenwagen. Einen für eine verletzte Kollegin und einen für eine festgenommene Person. Und zwar schnell!" Ich schluckte und wartete auf irgendeine Reaktion meiner Freundin. Aber sie tat nichts. Ihr Gesicht war wie festgefroren, während ich keine Ahnung hatte, welche Emotion bei mir gerade überwiegte. Danny hatte besorgt geklungen, verdammt besorgt. Das klang überhaupt nicht gut.
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You're my home (Hawaii Five-0 FF)
FanfictionIolana, "die Fliegende", deren Flügel gebrochen sind. Vater und Bruder tot, Mutter nach Mord am Vater im Gefängnis. Das Leben auf der Straße zerrt an der 17-Jährigen Insulanerin und schließlich beschließt sie vor Hunger, einen Imbiss zu überfallen...