*29*

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Nachspiel

Tatsächlich rauften die beiden bis Blut floss. Keiner der anderen Soldaten wollte eingreifen, denn alle hatten gesehen was ich gesehen hatte. Zwei große, dunkelhaarige Männer die in ihren Zorn nichts mehr wahrnahmen. Und Niemand wollte einen Schlag von ihnen übernehmen.

Doch als beide Bluteten, einen klapprigen Tisch samt Stühlen, die vor einen Zelt gestanden hatten, zertrümmerten indem sie beide draufflogen und der Kommandant angeblich schon auf den Weg her war, brachen beide ab und verschwanden in ihre Zelter.

Henry hatte sich ohne Hilfe in sein Zelt gequält, dort ließ er sich aber keuchend und erschöpft auf den Schemel sinken und kippte beinahe weg. Schnell richtete ich ihn wieder auf. "Um Himmels Willen, Henry... Streit ist ja schön und gut, aber eine Schlägerrei?"

"Er ging zu weit..."

"Und du bist voll darauf eingegangen." Ich wrang ein sauberes Tuch in dem Wasser Eimer neben der Tür aus und wusch ihm das Blut vom Gesicht. Seine Augenbraue und Lippe blutete. Ansonsten hatte er ein blaues Auge und anscheinend unzählige andere blaue Stellen am Körper.

"Ich wusste nichts anderes zu tun... Hätte ich den Schwanz einziehen sollen und mich für seinen Beschluss auch noch bedanken sollen?"

"Warum nicht!? Dann hätte er den Beschluss mit Sicherheit zurück genommen."

Henry schüttelte langsam und müde den Kopf. "Wenn er förmlich einen Befehl erteilt, steht er dazu und wirft ihn nicht mehr um."

Nun verließ mich auch der Mut. "Ich kann nicht zurück nach England ohne dich."

"Es tut mir leid..."

"Wir brauchen eine Idee..."

Doch die sollte auf sich warten lassen. Denn zwei Soldaten kamen und eskortierten Henry zu Kommandant Campbell.

***

Die Ohrfeige hallte im Zelt wieder. Als Henry den ohnehin schon schmerzenden Kopf hob, spürte er das Blut aus seiner Nase rinnen. "Eine Schande bist du."

Raven stierte schuldbewusst auf seine Stiefel. Er machte sich vorwürfe. Wenn er nicht so weit gegangen wäre, wäre Henry nicht so ausgerastet und sie würden hier nicht stehen.

Doch Henry sah das anders. Theo suchte doch schon die ganze Zeit nach einen Grund um ihn dran zu bekommen. Also war niemand anderes Schuld als er selbst. "Wenn Ihr meint, Sir."

Theo packte ihm am Kragen. "Und wie ich das meine du ungehobelter, respektloser Jämmerling. Du hast keine Ahnung, wie sehr du die Prügel verdient hast."

Wie aufs Stichwort, traten Soldaten ein und banden Henry und Raven die Arme. "Ich fragte mich schon, warum Ihr heute so sanft mit mir seid."

Theo tätschelte ihn grob die Wange. "Wir sehn uns gleich mein Junge."

Die Sonne brannte auf denn leeren Platz zwischen den Zelten. Zwei Pfäler standen in dort mit einen Quer Balken, an den die Soldaten angekettet wurden, um sie zu Disziplinieren. Verräter, Deserteure, Diebe, Rebbellen, Trunkenbolde,... dort kamen sie alle hin.

Henry band man an die eine Seite der Balken, Raven an die andere. Beide standen sie beinah neben einander, doch sahen sich genau in die Augen. Raven lächelte freudlos. "Ziemlich warm heute."

"Uns wird gleich richtig warm. Darauf wette ich." Auf Ravens stummes nicken hin, gab sich Henry einen Ruck. "Es tut mir Leid, Mylord."

"Mir tut es auch leid." Er hob den Blick. "Alles."

Henry schluckte. Kurz darauf waren sie umringt von Soldaten und auch Nash kam angestürmt. Mit Schreckensgeweiteten Augen musterte sie die beoden Cousins und kam eiskalt zu Henry gelaufen. Doch ehe sie ihm erreicht hatte, packte sie ein Soldat und verbat es ihr. Nash gab sich Mühe ruhig zu sein, doch bei dem dritten wiederspruch, fing sie sich zwei Schallende Ohrfeigen. Ohne es zu merken, zerrte Henry an seinen Fesseln.

"Er weiß nicht das sie eine Frau ist."

"Das macht es nicht besser."

Theo trat mit einer Ochsenpeitsche bewaffnet hinzu. Raven sah ihn kommen und verdrehte die Augen.

"Was ist es?"

"Ochsenpeitsche."

Henrys Magen hob sich. "Erbarme dich meiner..."

Raven schluckte hart. "Und mein Peiniger?"

"Das gleiche."

Als beide das Pfeifen in der Luft hörten, sahen sie sich stumm an und zuckten kurz darauf zusammen. Henry war es, als melde sich sein Essen. Sein Rücken schien von nur einen hieb zu brennen. Sofort stählte er seine Muskeln, wie er es gewohnt war und hoffte, lang genug durchzuhalten, ohne Ohnmächtig zu werden...

***

Das Bild der gepeinigten Cousins machte mir noch zu schaffen, als beide in ihr Zelt geschleppt wurden. Beide bei Bewusstsein. Doch kaum lag Henry Bäuchlings auf seinen Lager, driftete er davon. Ich sah immer noch wie die Cousins ihre Schultern aneinander gelehnt hatten, ihre Muskeln sich sichtbar spannten bevor ein neuer Schlag über sie hereinbrach, der Schweiß an ihnen herabrann und das Blut floss.

Ich kämpfte wieder gegen Tränen an bei dem Gedanken. Schon als ich vor ihnen gestanden hatte, entwischten mir einzelne Tränen. Der Kumpel des Soldaten, der mich erst geschlagen hatte, rügte mich grob. Ich solle ein Mann werden.

Nun saß ich hier wie ein Mütterchen, kochte Camillensud und musterte das Schmerzverzerrte Gesicht meines schönen Henrys. Ich musste mich ehrlich zwingen, ein paar kühle Kompressen auf seinen Blutenden Rücken zu legen.

Für einen Moment zuckte sein Kopf nach Oben, sein Blick so vorwurfsvoll und hilflos. Dann war er wieder weg. Norbert, unser Zeltgenosse, schüttelte zornig den Kopf. "Der Kommandant hat übertrieben."

"Denke ich auch."

"Jetzt fang ja nicht an zu heulen, Bengel! Dein Herr ist Soldat und weiß das Disziplin in einen Lager am wichtigsten ist."

Es hörte sich so an als ob er Henry die Schuld zuschob. Und das stand ihm nicht an. Deshalb fuhr ich grötik zu ihm herum. "Ich heule nicht, keine Angst! Warum sollte Mann auch Gefühle haben!"

Norbert bedachte mich mit einen zornigen Blick. "Man erkennt an dir das Henry wohl nicht viel von Disziplin hält."

Einen Moment war ich versucht, ihn zu erzählen das er die Spucke seinen Knappen säuft. Aber das müsste dumme der Kerl dann ausbaden. Deshalb warf ich den ausgewechselten Lappen plätschernd in den Eimer und setzte mich grantig.

Später suchte ich Ravens Knappen auf und erfuhr, das sein Zustand ähnlich war. Vor lauter Sorge um beide, wusste ich bei welchen Zelt ich als erstes Wachen sollte...

Gott, was taten mir die Campbells da nur an?

Der Beginn der RitterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt