Der Krankenhausbesuch

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(ACHTUNG! Aus Leilas Sicht geschrieben!)

Stinksauer zog sie sich um. Natürlich hätte sie ihre Jogginghose vorgezogen, aber so konnte sie ja schlecht in ein Krankenhaus gehen. Also machte Leila sich fertig, ging aus der Mehrfamilienwohnung und setzte sich auf den Rücksitz. Sie hasste es zwar, hinten zu sitzen, aber Luke war vor ihr am Auto gewesen und hatte den Beifahrersitz für sich beansprucht.

Leila verstand nicht mal, warum Luke mit ins Krankenhaus wollte. Immerhin waren er und Shen ja nicht wirklich befreundet. Aber was hätte sie auch großartig sagen sollen? "Luke, du darfst nicht mit weil sie meine Freundin ist!" Das wäre ziemlich kindisch gewesen. Und Leila war nicht kindisch. Nur wütend. Wütend darüber, dass Cassandra ihr soetwas antun konnte. Wütend auf ihre Schule, dass diese das zugelassen hatte. Und vorallem wütend auf sich selbst, da sie wegen einem dämlichen Husten Zuhause geblieben war und nicht für Shen da sein konnte.

Leila kaute auf ihrer Unterlippe herum. Eine nervige Angewohnheit. Das tat sie immer, wenn sie nervös war.
Sie starrte aus dem Fenster und ordnete ihre Gedanken. Die Blondine hatte keine Ahnung, was los war. Shen hatte sie lediglich um 16:00 Uhr angerufen und gesagt, dass sie im Krankenhaus läge. Leila wollte wissen, was passiert ist, aber Shen meinte nur, dass Leila kommen sollte und Cassandra etwas damit zu tun hatte. Seit diesem Anruf waren etwa dreizehn Minuten vergangen. Und mit jeder Sekunde steigerte Leila sich mehr in diese Sache rein.

Was hatte Cassandra getan? Wie schlimm waren Shens Verletzungen? Hatte sie sich etwas gebrochen? Leilas Lunge zog sich zusammen und sie fing an zu husten. Ihr Husten war seit mehreren Minuten das einzige Geräusch im Auto. Keiner sagte etwas. Keiner wusste, was er sagen sollte. Also schwiegen alle. Bis das Auto auf dem Krankenhausparkplatz zum stehen kam.

Leila riss die Tür auf und bevor ihre Mutter irgendetwas sagen, oder Luke sie aufhalten konnte, rannte sie bereits auf das riesige Gebäude zu. Das einzige, was für sie gerade zählte war, ihrer Freundin, ihrer besten Freundin wohlgemerkt, beizustehen. Sie wollte wissen was los war, wollte wissen, auf wen sie sauer sein konnte, wollte wissen, dass es Shen gut ging.

Die automatische Tür teilte sich in zwei Hälften als Leila anstürmte. Sie bremste erst ab, als die Tür sich hinter ihr schloss. Und kaum kam die Blondine zum stehen, bereute sie, überhaupt gerannt zu sein. Denn sie musste sich am Empfangstresen festhalten um nicht umzukippen und hustete lange. "Dumme Idee..", murmelte sie zwischen ihren Hustern.

"Miss, ist alles in Ordnung?", fragte die Dame hinter dem Tresen leicht besorgt. Leila musterte sie kurz. Hellrote Haare zu einem Dutt gebunden, leicht rundliches Gesicht, wenige Sommersprossen und tiefenblaue Augen. Sie war etwa Mitte dreißig und etwa so groß wie Leila. Vielleicht etwas größer. Leila atmete kurz tief ein und sagte dann immer noch außer Atem: "Ich...Muss zu...Shen Ja-Jaydes! Sie li...egt hier." Erneut hustete Leila. Diese kleine Sporttour hatte ihr gar nicht gut getan.
Die Frau nickte kurz und tippte etwas auf ihrem Computer ein. Dann fragte sie: "Name und Nachname bitte?"

Kurz bevor Leila antworten konnte, kamen ihre Mom und Luke rein. "Viola Skye." Sagte ihre Mutter. "Eine Patientin hier, Shen, hat meine Tochter hier angerufen. Können wir sie sehen?"
Wie schaffte diese Frau es immer, so ruhig zu klingen? In jeder Situation schien sie, die Ruhe selbst zu sein. Also hatte Leila ihr Temperament sicher nicht von ihr.

Die Frau am Tresen nickte. "Raum 309, zweites Obergeschoss." Mit einem Lächeln widmete die Dame sich wieder ihrer Arbeit. Leila hasste die Frau für dieses Lächeln. Sie hasste momentan alles, das nichts mit Shens Wohlergehen zutun hatte. Mit schnellen Schritten ging sie zum Aufzug, wartete kurz auf Mom und Luke und drückte dann auf den Schalter, der nach oben führte. Kaum ging die Tür oben wieder auf, stürmte Leila raus und ging einen verlassenen Gang entlang, bis zum Zimmer 309.

Vorsicht klopfte Leila an der Tür. Sie kam erst rein, als sie die Stimme von Shen hörte. "Herein!", rief sie. Aber Leila hätte Shen fast nicht erkannt. Sie klang müde und kraftlos. Nicht so froh wie letztes mal als sie sich begegnet waren. Vorsichtig drückte sie die Türklinke runter, öffnete die hellbraune Eichentür und trat ein. Froh, ihre Freundin endlich sehen zu können. Hinter ihr schloss sich die Tür leise. Vorsichtig, fast so als wollte sie sich einem verstörten Reh nähern, trat sie einen Schritt vor.
"Hey Shen." Sagte sie. Gefolgt von einem "Oh Gott."

Ja, oh Gott.



749 Wörter.

Ihr verfluchtes Lächeln Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt