Geburtstagsgeschenk

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Müde saß Shen im Esszimmer und aß ein Himbeermarmeladenbrot. Oder besser gesagt hielt sie es in ihrer Hand und starrte es gedankanversunken an. Ihr Dad schlief noch, es war ja schließlich auch 04:19 Uhr morgens. Und Samstag. Normalerweise würde sie nun noch seelenruhig schlafen und ihren freien Tag ohne Henseleien nach dem Aufwachen mit einem Buch genießen. Aber Leila hatte etwas mit ihr vor. Shen hatte keine Ahnung, was sie wollte. Sie hatte am Vortag lediglich geschrieben:

"Morgen. Fünf Uhr beim Skatepark. Trag was dunkles. LG, Leils."

Sie hatte daraufhin zurück geschrieben und gefragt, was sie vorhatte. Doch Leila hatte nur mit "Geburtstagsüberraschung." geantwortet. Bei dem Gedanken musste Shen leicht schmunzeln. Sie würde an diesem Herbsttag das erste mal seit drei Jahren wieder ihren Geburtstag feiern. Dachte sie zumindest. Nein, hoffte sie zumindest.

Mit Leila an ihrer Seite würde der Tag perfekt werden. Bei dem Gedanken breitete sich wie aufs Stichwort wieder ein Kribbeln in Shens Magen aus. Das war seit ihrer Entlassung vor dreiandhalb Wochen immer so wenn sie sich sahen. Egal ob in der Schule oder bei Leila Zuhause. Es war sogar da, wenn sie nur an Leila dachte!

Kopfschüttelnd und versuchend, das Gefühl zu verdrängen aß Shen ihr Brot fertig und schlich nach oben in ihr Zimmer. Sie ging zu ihrem Kleiderschrank, packte die Griffe der zwei Schranktüren und zog sie schwungvoll auf, um ihre Klamotten rauszusuchen. Schwarze Sachen hatte sie ja genügend. Schwarz war eine ihrer Lieblingsfarben wenn es um Kleidung ging. Klar, schwarz ist keine Farbe und sie wusste es auch, das war ihr aber so ziemlich egal.

Nach ein paar Minuten entschied Shen sich für eine schwarze Jeggins, einen schwarzen Kaputzenpulli, der ihre Oberschenkel mit bedeckte und zog schwarze Turnschuhe aus dem Schuhfach. Auf Schmuck verzichtete sie diesmal.

Als die Brünette damit fertig war, verschwand sie im Badezimmer, putzte ihre Zähne und bürstete ihre Haare, die danach zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden wurden. Auf Schminke verzichtete sie.

Shen machte nochmal einen Abstecher in ihr Zimmer, nahm einen schwarzen Rucksack zur Hand und packte Handy, Portmonee und eine Wasserflasche ein. Man konnte ja nie wissen.
Sie warf ihrem Bett nochmal einen sehnsüchtigen Blick zu und flüsterte "Bis heute Abend, Kumpel.", ehe sie leise aus der Wohnung ging.

Der Skatepark war etwas außerhalb von Belfast und da Shen am Stadtrand wohnte, hätte sie normalerweise nur zehn Minuten dorthin gebraucht. Wäre der blöde Rippenbruch nicht gewesen. So kam es, dass Shen ein paar Minuten zu spät am Treffpunkt ankam. Etwas außer Atem suchte sie mithilfe ihrer Handytaschenlampe nach Leila, die sie schließlich an einem Baum angelehnt und mit einer Sporttasche auf der Schulter stehen sah. Leila bemerkte sie natürlich sofort durch das Licht, lächelte freudig und winkte sie zu sich. Natürlich beeilte Shen sich sofort, die paar Meter zu ihr zu kommen. Sie versuchte, das Kribbeln zu ignorieren. Vielleicht ging es ja irgendwann von alleine weg.

Das sagte sie sich jeden Tag. Und es blieb. Jeden dämlichen Tag.

"Alles gute zum Achtzehnten!", sagte Leila als Begrüßung und grinste. Auch Shen musste grinsen. Dieses Mädchen wusste, wie man gute Laune erzeugt!

Auch wenn sie die Müdigkeit nicht verschwinden ließ. Shen gähnte einmal ausgiebig und sah auf ihre Handyuhr. Oh Mann. Es war erst 05:07 Uhr. Viel zu früh...

Leila grinste einfach weiter. "Ich hatte schon Angst, du würdest verschlafen. Komm mit!"

Die Freude in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Sie nahm Shen beim Handgelenk und zog sie zu einer der Skaterampen. Shen lachte leise. Wie konnte Leila so früh schon so fit sein? Und wie konnte sie es so eilig haben?

Ihr verfluchtes Lächeln Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt