chap 3

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{Jimin POV}

Erschöpft ließ ich mich auf den alten Schreibtischstuhl nach hinten fallen und erzeugte somit ein langezogenes Knarzen. Der Stuhl war mindestens schon hundert Jahre alt - so fühlte er sich aufjedenfall an und so sah er auch aus; das Sitzpolster war an einigen Stellen schon so abgenutzt, dass man den etwas gelblichen Schaumstoff hindurch sehen konnte, eine der Rollen, welche der Geschwindigkeit und Schnelllebigkeit dienen sollte, war eingerostet und es war immer ein Kampf, wenn ich mich auch nur zehn Centimeter weiter bewegen wollte, als es meine Armspannweite erlaubte. Generell war das Büro, in welchem ich gerade saß relativ heruntergekommen. Aber das sollte mich nicht stören, sooft war ich jetzt auch nicht hier. Eigenlich mied ich es auch so gut wie es ging, aber da die Frau, welche diesen Dienst sonst immer übernahm, heute erkrankt war, hatte mich mein Chef zu dieser Arbeit verdonnert. Ich hätte heute lieber meine Choreographie, die mir schon seit Wochen den letzten Nerv raubte, ausgebessert, aber was solls, ich liebte meinen Job immer noch. Ich hätte mir echt keine bessere Tätigkeit als das Entwickeln von neuen Tanzschritten und das Beibringen vorstellen können. Selbst mit den Finzanzen, an denen ich auch gerade saß, oder die Planung von Aufträgen konnte ich mich noch anfreunden. Immerhin hätte es mich auch ganz schlecht treffen können: ich wollte mir gar nicht ausmalen, wie sterbenslangweilig das Leben eines Bürokaufmann war, jedenfalls für mich. Das Kommunizieren mit Menschen, die Fantasie, der man freien Lauf lassen konnte und die Lebensfreunde, die man verspürte, immer, wenn man auf lernbegierige Anfänger oder auch schon Profis traf.
Ja, das klang schon eher nach mir.

Meine Liebe und Leidenschaft für das Tanzen wurde mir quasi in die Wiege gelegt. Nicht selten hatte ich meine Mutter früher ins Tanzstudio und auch zu diversen Auftritten begleitet. Sie war auch der Grund, warum ich überhaupt hier - einer der bekanntesten Tanzschulen (auch wenn sie eher einer Firma glich) ganz Südkoreas - eingestellt wurde. Dank meiner Nervosität hatte ich den Einstellungstest nämlich souverän mit einem "durchgefallen" bestanden. Aber nachdem sie realisiert hatten, wer meine Mutter war und was für eine Rolle sie in der Branche spielte, überlegten sie es sich noch einmal und tauschten meine Einstellung gegen ein paar gute Worte in der Presse.
Zuerst war ich überhaupt nicht begeistert davon, schließlich wollte ich wegen meinem "Talent" angenommen werden und nicht wegen soetwas. Das legte sich jedoch schnell und ich wurde auch nur noch teilweise von meinen Kollegen ignoriert, da selbst sie irgendwann verstanden, dass ich wirklich etwas drauf hatte.

Diese ganze Geschichte war jetzt so um die zwei Jahre her und leider musste ich zugeben, dass sich das mit meiner Nervosität immer noch nicht ganz gelegt hatte. Natürlich konnte ich Unterrichtsstunden geben, doch sobald es um einen großen Auftrag ging, bei dem ich mithelfen sollte, wurden meine Knie weich und ich versteckte mich eher als dass ich mich offen bei dem Kunden vorstellte. Der Hauptteil unserer Aufträgen waren für Kpop-Gruppen, welche für ihren neuen Singeln eine gute Schrittreihenfolge oder eine gesamte Choreo suchten. Bei diesen Jobs überließ ich meinen Kommilitonen eher das Ruder oder ich schloss mich mit welchen zusammen, dennoch arbeitete ich dann auch eher im Hintergund, was leider dazu führte, dass mein Name nur selten fiel. Oder um es kurz zu machen: Ich bekam kein Credit.
Nicht, dass ich mich so nach Fame und Erfolg sehnte, es war eher so, dass wenn ich mich ganz selbständig machen wollte, es schlauer wäre, etwas in der Hand oder auf dem Papier zu haben. Behaupten konnte schließlich jeder irgendetwas.

Einer der Sekretärin hatte sich anscheined Zutritt zu dem Büro verschaffen, jedoch ohne das ich sie bemerkte. So erschrak ich mich erst einmal gekonnt, als sie mich mit meinem Namen ansprach. Unter den Arbeitern sprachen wir uns nur mit unseren Vornamen an, so streng nahmen wir alle die Höflichkeit nicht, immerhin stand das Tanzen hier im Vordergrund. Ein kurzen Nicken meinerseits symbolisierte ihr, dass sie ruhig fortfahren durfte.
,,Mr Choi-sshi möchte dich gerne sprechen. Ich hoffe mal, dass du nichts angestellt hast!"
Auch wenn der letzte Satz eher als Scherz gemeint war, musste ich schlucken. Herr Choi war niemand anderes als unser Boss und wenn er mit jemanden alleine reden wollte, verhieß es oftmals nichts Gutes.

Auf dem Weg zu dem Tanzsaal, in welchem er sich die meiste Zeit über befand, suchte ich mir schon eine Entschuldigung, sowie eine Anflehung, falls er mich kündingen sollte, zurecht. Klopfen tat ich nicht, als ich vor der Tür stand, sondern ging einfach herein und beobachtete meinen Chef, wie er eine besonders schwere Choreo versuchte nachzutanzen. Er bemerkte mich genauso wenig, wie ich Youngmi bemerkt hatte.
Mr Choi war kein normaler Chef, jedenfalls unterschied er sich enorm zu anderen; er war noch relativ jung - höchstens mitte Dreizig, trug Jogginghosen und einfache T-Shirts und tanzte für sein Leben gerne.

Ich sah ihm etwas länger zu und bemerkte sogleich seinen Fehler. Im Gegensatz zu dem Video, welches er auf einem der großen Fernseher am Ende des Saales angeschalten hatte, zog er sein linkes Bein etwas versetzt zurück und so schaffte er es nicht rechtzeitig in die neue Schrittreihenfolge zu gelangen, was dann dazu führte, dass er komplett aus dem Takt kam. Immernoch stillschweigend, gesellte ich mich neben ihm und bekam eine verwirrten Blick, trotzdem startete er das Video von neu. Langsam setzte sich der Ältere von uns beiden in Bewegung und ich beobachtete ihn nocheinmal ganz genau. Kurz nachdem er wieder den gleichen Fehler gemacht hatte, schnappte ich mir die Fernbedienung und spulte bis kurz vor die Stelle. ,,Sie müssen ihr linkes Bein etwas schneller nach hinten bewegen, sonst schaffen sie es nicht rechtzeitig." Ich erhob zum ersten Mal meine Stimme und ehe er sich schon eine Antwort überlegen konnte, drückte ich nochmal auf die Pausetaste und das Video begann erneut. Er beherzigte meinen Tipp und siehe da, er schaffte es und tanzte noch einige Zeit weiter, bis die letzte Sekunde des Liedes erlosch.

,,Dankeschön Jimin. Du hättest mich aber auch schon früher unterbrechen können.'' Anders als wir, dutze er uns. Mir war es nur Recht, das Formelle war noch nie so mein Ding gewesen. ,,Es hat Spaß gemacht Ihnen zuzugucken, aber das ist nicht der Grund warum ich hier bin. Sie wollten mich sprechen?"
,,Ahja, genau! Ich habe eine Anfrage bekommen und da kommst du ins Spiel. Sie brauchen eine Choreo und ich habe gehört, du arbeitest gerade an einer neuen."
Mein Lächeln, welches ich bis gerade auf meinen Lippen getragen hatte, verschwand. Ich. Job. Alleine. Nein, danke.
,,Ich.. eh.. weiß nicht so Recht. Was ist denn mit den anderen?"
,,Die sind alle schon beschäftigt. Also, morgen, 7 Uhr 30 an dem Min-Gebäude. Die genaue Adresse müsste Youngmi haben."
Der Fakt, dass er mich nur ausgewählt hatte, da niemand anderes da gewesen war, ließ mich schon etwas traurig werden. Wenn man nämlich meine Nervosität ausblendete, war ich sogar relativ talentiert. Meine Choreographien waren öfters meilenweit besser als die von xy, aber niemand beachtete sie, was mir oftmals auch mehr als Recht war. Es war ein komisches Gefühl, wenn man Anerkennung wollte, aber man sich immer selber im Weg stand.
Ich nickte noch und verbeugte mich leicht, ehe ich auch schon aus der Tür huschte und zurück zu dem verranzten Büro ging, welches definitiv eine Renovierung brauchte. Ich verstand nicht ganz, warum die Schule es nicht erneuerte, genug Geld hatten sie ja.

Schon bei dem ersten Blick auf den Schreibtisch fiel mir die Mappe auf, in welcher wohl Informationen über der besagten Firma drinnen standen. Ich ließ mich auf den Stuhl fallen und ignorierte das Knarzen, als ich mein Kopf auf die Ablagefläche sausen ließ. Einen Schmerz verspürte ich nicht, ich hatte ihn mit mit meinem Arm abgefangen und versteckte ihn in meiner Armbeuge.

Fuck.
Auch wenn ich mich freute - ich freute mich sogar ungemein - waren meine Selbstzweifel und meine Nervosität nicht verschwunden.
Ich hoffte einfach nur, dass mir das nicht zum Nachteil werden würde und begab mich mit einem resignierten Seufzen wieder an die Datei, welche ich zum Glück nurnoch abspeichern musste.

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hier ist das erste kapitel aus jimins sicht hehe~
ich hoffe, ihr mögt es :)
-mary



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