Kapitel 1 - Kaitlin

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'Soll ich oder soll ich nicht?', fragte ich mich immer wieder selbst als ich am Rande einer verlassenen Brücke im Wald meiner Stadt stand. Wenn ich jetzt springen würde, wäre ich nur noch eine Erinnerung.. Ich könnte jetzt alles hier und jetzt beenden, wenn ich diesen entscheidenden Schritt wagte. Ich hob meine Beine über die Brüstung und klammerte mich fest an das morsche Brückengeländer.

'Mom! NEIN! Ich möchte jetzt nicht hier im Dunkeln eine Stunde auf den Bus warten!....Sag mal spinnst du?! Ich sagte komm mich jetzt sofort abholen! Es ist schon nach Mitternacht und ich steh hier im Dunkeln alleine an der Bushaltestelle! Weißt du, wenn ich jetzt gekidnappt und vergewaltigt, dann umgebracht werde, ist das ALLEINE DEINE SCHULD!!', schrie ich wütend ins Telefon und meine Mutter legte ohne ein weiteres Wort auf.

Genervt verdrehte ich die Augen. Meine Mitfahrgelegenheit, alias meine beste Freundin, hatte mich einfach sitzen gelassen, da ihr ach so toller "Freund" Lust auf mehr als nur rummachen hatte.

Also saß ich hier alleine im Wald nach Mitternacht auf meine Mom, oder auf den Bus zu warten.

'Wer hatte bloß diese bescheuerte Idee eine Party im Wald zu feiern?', fragte ich mich immer wieder.

Wütend lief ich die verlassene Straße auf und ab. Meine Mom hatte mir noch zu Hause gesagt, sie wäre noch mit meinem kleinen Bruder und meinem Vater bei Freunden.

Ich hoffte, dass sie mich gleich abholen wird. Genervt schlug ich mit meiner Fußspitze gegen einen kleinen Stein, sodass er paar Meter weit flog. Ich hörte die Reifen eines Autos quietschen und als ich aufschaute, bemerkte ich, dass es unser Auto war.

Noch immer wütend stieg ich ein und schlug die Tür fester als nötig zu. Mein Vater, der am Steuer saß murmelte irgendetwas von 'pubertierende Teenager' vor sich hin. Ich seufzte genervt auf und verdrehte dabei meine Augen.

Meine Mom schüttelte nur den Kopf. Gelangweilt sah ich hinaus in die Dunkelheit. Ich konnte das Schweigen im Auto nicht mehr ertragen.

Ich wollte Musik hören, aber natürlich hatte ich mal wieder keine Kopfhörer dabei.

Also beschwerte ich mich so lange bei meinen Eltern, dass sie das Radio anschalten sollten.

Mein Vater wollte gerade etwas erwidern, aber er kam nicht mehr dazu..

Wieder einmal fragte ich mich ob ich es nicht einfach tun sollte. Meine Hände fingen an, zu schwitzen. Krampfhaft überlegte ich für was es sich noch zu leben lohnte. Nach einer gefühlten Ewigkeit, wurde mir wieder einmal bewusst, dass ich Nichts und Niemanden hatte.

Keine Familie.

Keine Freunde.

Nicht mal eine beste Freundin.

Alle hatten mich im Stich gelassen.

Niemand hielt in der schwersten Zeit zu mir.

Nur in schweren Zeiten stellt sich heraus wer deine wahren Freunde sind und wer nicht.

Dieser Spruch entsprach der Wahrheit. Es hatte sich herausgestellt, dass ich keine wahren Freunde hatte..

Ich atmete noch einmal tief ein und aus und ließ los.

Ich ließ mich einfach fallen.

Es tat gut.

Das Gefühl von Schwerelosigkeit.

Ich fühlte mich irgendwie von meiner Depression befreit.

Dann spürte ich das eiskalte Wasser um mich herum und ich spürte wie ich im tosenden Fluss versank.

Wieso bin ich nicht tot?, schoss es mir sofort durch den Kopf. Doch dann spürte ich wie mein Körper immer tauber wurde. Bevor ich das Bewusstsein verlor, konnte ich mein Leben wie ein Film vor meinen Augen sehen.

Wie ich das erste Mal alleine Fahrrad gefahren bin.

Wie ich das erste Mal zur Schule ging.

Jeder Streit mit meinem Bruder.

Der erste gemeinsame Urlaub mit meiner besten Freundin.

Mein erster Freund.

Mein erstes Mal.

Der Tod meiner Eltern und meinem Bruder.

Die letzten Worte meiner Familie.

Dann wurde alles schwarz..


BrokenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt