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Meine Stirn gegen die Wand gelehnt, immer wieder bebend von leisen Schluchzern die ihn scheinbar nicht im geringsten juckten wickelte ich den Verband ab in meinen Schoß. Ich saß im Schneidersitz weswegen man nicht sah, dass ich den Verband überhaupt abmachte.

Langsam legte ich das getackerte offen, hier dauerte die Wundheilung deutlich länger als sonst irgendwo, weshalb es getackert wurde anstatt es zu nähen. Ich schluckte schwer und mein Herz pochte heftig und schnell.

Ich wusste nicht ob Taddl gerade her sah es war mir auch egal, ich wollte das nicht mehr.

Kurz darauf, stand er auf und ging aufs Klo, monoton kündigte er jenes an und als er das Zimmer verlassen hatte ergriff ich meine Change.

Unter großen Schmerzen löste ich die Tackerung und in kürzester Zeit war die Wunde wieder aufgelegt und das Blut bahnte sich sprudelnd einen Weg nach außen, mit leeren Augen verfolgte ich das Blut wie es über meinen Arm lief.

Noch immer weinte ich, allerdings schluchzte ich nicht mehr, stumm weinend sah ich dem Blut beim laufen zu.

Meine Augen wollten immer wieder zu fallen doch ich hielt mich wach, ich wollte möglichst viel Blut verloren haben bis ich umkippte.

Doch diese wunderbare und nicht trügerische Wärme und Dunkelheit lockten mich, um mich drehte sich alles, mein Herz raste mein Arm tat weh.

Ich kippte etwas mehr nach vorne und dann schaukelte ich leicht zurück. Mein Bewusstsein schwand immer wieder, ich merkte langsam wie es unaufhaltsam wurde. Mein Bewusstsein schwand einfach immer mehr.

Ich sah die Matratze näher kommen, schloss meine Augen und dann umfing sie mich wie eine warme Welle, die Dunkelheit nach der ich mich so sehr gesehnt hatte. Nicht einmal mehr Taddl schaffte es in mein Bewusstsein einzudringen.

Er hatte mich so sehr verletzt und es tat weh, alles tat weh. Doch das hätte jetzt ein Ende. Ich starb das zweite mal. Nur das ich es dieses mal komplett bewusst getan hatte. Ohne das meine Seele sich an irgendwas klammerte. Dieses mal war es nicht nur ein Teil von mir der aufgeben wollte.

Er hatte mir meinen letzten Sinn geraubt, in dem er gegangen war, er hatte mich alleine gelassen, warum hatte er das getan? Warum ließ er mich alleine? Keine Ahnung, jetzt war es mir auch egal.

Die Dunkelheit hob mich hoch, brachte mich zum Fliegen und umlullte mich wie eine Decke, warm und weich.

Ich hörte noch das Rauschen von Blut in meinen Ohren, bis auch dies komplett abebbte und meine Lage Gefühl nachließ, ich wusste nicht wie ich lag, spürte nichts mehr um mich, meine Augen waren schon lange geschlossen. Bis sich dann auch mein Bewusstsein komplett verabschiedete und ein nichts herrschte.

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Ich hielt es nicht aus ihn so zu sehen wie er dauernd mit gesenktem Blick durch die Gänge strich. Aber ich musste ihn los lassen, es war falsch, was ich getan hatte. Ich hätte ihn nicht an mich lassen dürfen und er mich nicht an sich. Es würde nur Probleme mit sich bringen, für mich sowohl als auch für ihn.

Ich hatte später Schicht bei ihm. Mein Versprechen sein Hauptbetreuer zu werden hatte ich ebenfalls gebrochen und es tat mir so leid aber es ging nicht anders, wenn jemand herausfand, dass ich ihm das alles über mich verraten hatte, was ich ihm versprochen hatte. Dann würde er geschlagen werden, ich wäre meinen Job los und könnte ihm noch viel weniger helfen als ich es jetzt versucht hatte.

Beim Essen sah er mich. Er versuchte Blickkontakt zu knüpfen aber ich ließ ihn nicht, war kühl sperrte ihn aus. Doch ich nahm wahr wie sehr es ihn mitnahm, er brachte als erstes sein Essen weg, er hatte kaum etwas gegessen und seine Augen waren so matt und leer.

Als er an mir vorbei ging wollte ich ihn am liebsten am Arm nehmen und an mich ziehen, ihm sagen, dass alles gut werden würde doch ich konnte nicht. Ich durfte nicht.

Wenig später machte ich mich auf den Weg zu seinem Zimmer. Sein Betreuer kam heraus nickte mir kurz zu ehe ich das Zimmer betrat. Zu nächste ignorierte er mich.

Doch dann sah er mich an, sein Blick war so voller Leid, Qualen und Angst. Mir zerbrach es das Herz ihn so zu sehen aber ich durfte nichts sagen, nichts tun.

Langsam fischte er die Musikbox unter der Matratze hervor, ich nahm sie ihm weg, ich musste ihn behandeln wie jeden anderen hier drinnen. Sein Blick wurde noch trauriger und leerer, er drehte sich von mir weg.

Was er tat konnte ich nicht sehen aber ich sah, dass er weinte er weinte stark und ich wollte dieses schweigen brechen, doch stattdessen stand ich auf und ging aufs Klo, ich konnte ihn so nicht sehen! Es ging nicht! Ich würde mit ihm reden wenn ich zurück käme.

Als ich zurück kam lag er seitlich auf dem Bett, seine Augen waren geschlossen und dann sah ich die Unmengen an Blut die auf der Matratze verschmiert waren, die Tackerklammern fielen mir in den Blick und mein Herz stand still. Ich unterdrückte meine Tränen und rief Hilfe, die ihn direkt mit nahmen.

Ich stand da und wusste, dass das meine Schuld gewesen war. Er war so sensibel und so kaputt, ich hätte es wissen müssen. Mir tat alles so schrecklich Leid und doch konnte ich es jetzt nicht mehr ändern.

„Kommen Sie Tjarks, es ist nicht Ihre Schuld, das ist sein zweiter Selbstmord Versuch in diesem Monat, da kann niemand was dafür." mein Kollege sah mich an und lächelte aufmunternd.

Doch mir ließ das keine Ruhe aber ich konnte nach meiner Abweisung schlecht einfach auf der Krankenstation aufkreuzen und erwarten er würde nicht weniger enttäuscht von mir sein. Aber ich musste ihn sehen. Ich konnte nicht anders... ich konnte nicht mehr ohne seine Anwesenheit.

Er war so ein zerbrechliches Wesen und ich wollte ihn um jeden Preis beschützen.

Noch am selben Abend machte ich mich auf den Weg zu meinem Chef, klärte alles ab und bekam seine Unterlagen ausgehändigt und war somit sein 24/7 Betreuer.

Dann setzte ich mich auf einen Stuhl in seinem Zimmer beobachtete seine gefesselte Selbst, wie sein Brustkorb sich hob und senkte.

Numbers||Taddl x Wavvyboi FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt