Lap 9

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«Hey Dad», seufze ich als ich meinen Vater sehe, weiche aber seinem Blick aus. «Hey Nath», meint er und lächelt mich schwach an, bevor er angespannt zu meinen Schwestern schaut. Er hat sie lange nicht mehr gesehen, sehr lange. «Ihr seid hübsch geworden», sagt mein Vater und lächelt die Mädchen leicht an. Die Zwillinge kommentieren das Ganze, in dem sie die Augen verdrehen. Sie sollen doch einmal höflich zu ihm sein, schliesslich probiert er auch gerade höflich zu sein! «Wollen wir dann einmal losgehen?», fragt mein Vater unbeholfen und deutet hinter sich. «Was losgehen?», fragt Sky nach und schaut meinen Vater verwirrt an. «Wir gehen wandern?», sagt dieser bloss noch verwirrter. Also mit Wandern habe auch ich nicht gerechnet. Aber naja, wenn er es so geplant hat. «Ich hab aber wandern nicht gerne?», wiederspricht Hope. Ich mag wandern auch nicht, aber wir können ja wenigstens einmal so tun, als hätten wir Freude. «Wir haben es schon jahrelang nicht mehr getan, also können wir ja wieder einmal schauen wie es ist...», murmle ich. Scharf darauf bin ich echt nicht. Ich meine, ich bin schon gestern den ganzen Tag bis spät abends weggewesen und immer bei Bewegung und jetzt schon wieder bewegen? Lieber wäre ich einmal den ganzen Tag zu Hause im Bett und würde nichts tun. Und was in den nächsten Tagen bevor steht motiviert mich nicht gerade mehr zum Wandern, wenn ich ehrlich bin. Denn morgen muss ich noch einmal zu Scuderia Ferrari gehen, weil sie etwas mit meiner Fahrtechnik anschauen wollen, dann übermorgen bin ich bei einem Training für ein NASCAR-Rennen angemeldet und dort werde ich die eigentliche amerikanische Autorennart näher kennenlernen. Bei dieser Rennfahrart hat eigentlich jeder Fahrer ein fast identisches Rennfahrzeug mit Tourenwagen-Silhouetten. Der grosse Unterschied zwischen Formel 1 und NASCAR ist eigentlich die Strecke. Formel 1 setzt eher auf lange Strecken mit leichten und schweren Kurven, wer die Strecke also nicht beherrscht hat so gut wie verloren. Die NASCAR setzt eher auf ein oval förmiges Konzept, also immer den gleichen oval abfahren. Klingt zwar einfach, aber die Neigung in den Kurven macht alles höllisch schwer. Dann noch einen Tag später trete ich bei einem Motorradrennen für die Grenzgaenger an. Drei Rennstrecken, drei Fahrzeuge und drei Tage. «Können wir also losgehen?», fragt mein Vater in die Stille hinein. «Ja, können wir», meine ich seufzend und schaue meine Schwestern an, die wirklich aussehen, als würden sie jeden Moment wieder umkehren. «Dann...», murmelt mein Vater leise, schultert seinen Rucksack richtig und geht los. Hoffentlich überlebe ich den Marsch, das ist das einzige was ich im Moment will.

«Und du bist also ein in Rente gegangener Formel 1 Fahrer, oder wieso kannst du Nathan trainieren?», ich lausche nur mit halben Ohr mit, als meine kleine Schwester meinen Vater ausfragt. «Ich habe es nie in die Formel 1 hoch geschafft, aber trotzdem würde ich jetzt einmal von mir behaupten, ich habe das nötige Können um Nathan zu trainieren und an die Spitze zu bringen. Ich habe schliesslich auch davon gelernt», wiederspricht mein Vater und schaut zu Sky hinunter die ihn beeindruckt anschaut. «Aber als du noch bei uns warst, da hast du keine Rennen oder so gefahren, oder?», fragt Sky nach. Jetzt bin auch ich gespannt, denn das habe ich ihn noch nie gefragt. «Als Nathan zur Welt kam machte ich eine Pause mit dem Motorsport und arbeitete als Automechaniker. Als eure Mutter mich dann von euch verbannt hat, habe ich nach sechs Jahren wieder an ein paar Rennen teilgenommen, aber nie mehr etwas ernstes. Die besten Jahre hatte nämlich auch ich hinter mir», erzählt mein Vater gelassen und schaut währenddessen kurz nach hinten, wo der Rest meiner Schwestern herlaufen. «Und du siehst in Nathan das Talent?», fragt Sky nach. Nein weißt du Schwesterchen, sonst wäre ich ja nicht im Ferrari Team von der Formel 1, denke ich mir bloss augenverdrehend. «Er hat Talent, und falls es nicht im Autosport gut kommen sollte, könnte er locker zu dem Motorradsport wechseln, dort wäre RedBull sicher hinter ihm.» Auf RedBull kann auch ich verzichten. Ich mag zwar die Getränke von RedBull aber ich bin nicht wirklich scharf darauf für ein Getränk zu fahren. «Aber RedBull hatte keine Interesse an mir?», frage ich nach und mustere meinen Vater von der Seite, der ernsthaft kurz überlegt. «Ich sage es jetzt nicht so, dass RedBull gar keine Interesse an dir hatte. Sie haben einfach schon zwei Fahrer, mit denen sie mehr als zufrieden sind», sagt mein Vater ruhig. Stimmt, Max Verstappen und Daniel Ricciardo haben ja noch einen Vertrag der mehrere Jahre laufen sollte. «Als ob mein Bruder einfach so viel Erfolg hat, obwohl er ja erst seit ein paar Jahren fährt», verdreht Sky ungläubig die Augen. «Was soll ich sagen, ich bin ein Naturtalent», lache ich bloss. «Klar, mein Bruder und Naturtalent. Das einzige in dem du Talent hast, ist deine Schwestern zu nerven. Mehr kannst du auch nicht mehr groß», verdreht die Kleine ihre Augen schon wieder. «Und du kannst auch nicht mehr als Unsinn zu reden.»

Driving is my drugWo Geschichten leben. Entdecke jetzt