Lap 10

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«Wann bist du denn heute schon aufgestanden?», kommt mein Vater in die Küche und streicht sich eine Haarsträhne aus seinem Gesicht. «Fünf Uhr morgens. Und seit halb fünf konnte ich nicht mehr schlafen», meine ich trocken und nehme einen weiteren Löffel meines Müslis. «Was hast du denn bis jetzt getan?», seufzt mein Vater und nimmt aus dem Kühlschrank den Orangensaft. «Krafttraining und dann war ich eine halbe Stunde lang joggen.» Mein Vater schaut mich staunend an. «Das du so etwas noch machst, da du sonst schon kaum Freizeit hast.» Ich zucke mit den Schultern: «besser als für die Schule zu lernen.» - «Da hast du auch wieder recht», stimmt mir mein Vater zu und nimmt auch eine Schüssel aus dem Schrank und schüttet Milch und Müsli hinein. «Kann ich Duschen gehen? Ich denke nicht, dass ich so verschwitzt zu dem Ferrari Team kann», frage ich nach. Nach meiner Frage stehe ich mit meiner Müslischüssel auf, kippe mir den halben Inhalt noch in den Mund, und stelle die leere Schüssel dann in die Abwaschmaschine. «Klar, nimm einfach ein Handtuch aus der weissen Kommode, Dusch kannst du einfach nehmen, welches dasteht», nickt mein Vater ein und setzt sich auf den Platz, vis-à-vis von dem zurückgeschobenen Stuhl. «Danke», sage ich leise und schlürfe dann schon hoch zum Badezimmer. Eine angenehme, warme Dusche ist genau Das was ich jetzt brauche.

«Guten Morgen», begrüsse ich Mike, der mich schon mit einem Winken vorher begrüsst hat. «Guten Morgen Nathan. Hattest du einen erholsamen Schlaf?», sagt er aber dennoch und geht danach zu dem langen Tisch, der den halben Platz in dem sonst schon so kleinen Raum einnimmt. «Es geht», sage ich ruhig und setzt mich dann auch an einen Platz des Tisches. «Ich hoffe, du kannst dich trotzdem gut konzentrieren, ansonsten wird es heute ein ziemlich anstrengender Tag.» Ja, nicht nur du hoffst, dass ich mich gut konzentrieren kann. «Mit ein paar Energydrinks und Cola Flaschen sollte auch ich durchkommen» sage ich nur und stütze meinen Kopf dann auf meiner Hand auf. «Okay, wenn du sagst, können wir dann beginnen?», fragt mich Mike und schaut mich ungeduldig an. «Meine Erlaubnis hast du.» - «Gut dann...», Mike sucht ein paar Blätter aus einem Haufen heraus, bevor er mir ein ganzes Dossier überreicht, «das Letzte mal haben wir uns ja die Regeln genauer angeschaut und die hoffe ich, dass du sie noch kennst. Heute starten wir dann mit den Fahrtechniken, den Reifen und dem Aufbau des Wagens, dass auch du selbst wüsstest, wo du irgendwas reparieren müsstest.» Ich nicke nur relativ wenig begeistert. Als ob ich selbst mein Auto reparieren würde und danach gerade ein Rennen fahren würde. Kurz blättere ich einfach überfliegend durch das Dossier, welches unterteilt ist durch; Aus einem Guss mit den Untertiteln '1.0 Das Monocoque', '1.1 Der Fahrersitz', '1.2 Das Lenkrad', '1.3 Kohlefaser' danach kommt noch die Verzögerungstaktik und Härtetest. Das kann ja noch etwas werden heute. «Dann beginnen wir gerade mit der zweiten Seite aus einem Guss.» Ich nicke bloss und suche die gewünschte Seite hervor. «Also wie du vielleicht weißt, ist das Kernstück eines jeden Formel-1-Autos das Monocoque. Monocoque ist Französisch und bedeutet soviel wie 'Einrumpf'», übersetzt mir Mike gerade noch, was er mit einem dankbaren Blick erntet. «Das Monocoque ist der Arbeitsplatz und die Überlebenszelle eines Piloten und muss dementsprechend auch im Ernstfall extreme Belastungen aushalten. Auf dem Bild unten siehst du noch, wieviel Tonnen es von jeder Seite aushalten kann. Du weißt ja auch bestimmt von wo bis wo das Monocoque geht, ansonsten kannst du es auch noch einmal auf dem Bild schauen. Es geht von hinten, Motor, bis zu der Fahrzeugnase.» Ich mustere das untere Bild genau. Abgebildet ist eigentlich nur ein Formel 1 Auto und dann wie das Monocoque aussieht und wo es liegt. «Ich hoffe du hast das Monocoque verstanden, denn jetzt gehen wir weiter zum Fahrersitz. Jeder Pilot muss seinen eigenen Sitz haben, der präzise auf seine Körpermasse angepasst ist, ansonsten gibt es über eine Zeitspanne von eineinhalb bis zwei Stunden Schmerzen oder Muskelkrämpfe. Zu deinem eigenen Sitz kommen wir heute noch einmal zurück, denn den lassen wir nach diesem Tag anfertigen. Der Sitz besteht eigentlich aus Kohlefaser, die mit einem Plastiksack ausgekleidet werden. Durch die Position des Sitzes wird dann auch die Position des Lenkrades, sowie die der Pedale eingestellt. Also muss man bei dem Fahrersitz ziemlich genau vorgehen, ansonsten wird es ziemlich schnell unangenehm. Der fertige Sitz wiegt am Schluss noch drei Kilogramm.» Der Sitz interessiert mich zwar relativ wenig, aber auch dadurch muss ich wohl. «Gehen wir weiter zu dem Lenkrad. Das Lenkrad eines Formel-1-Autos ist die Schaltzentrale für den Piloten. Denn der Pilot lenkt, kuppelt, schaltet und kann mit mehreren Knöpfen zahlreiche elektronische Funktionen beeinflussen. Je nachdem wie der Pilot es will, kann das Lenkrad mit Leder überzogen werden, oder auch nur mit einer angepassten Silikonmasse ausgestaltet werden. Zu diesem Thema werden wir auch später dann noch einmal zurückkommen», Mike atmet kurz tief aus, bevor weiter ansetzt, «Kohlefaser. Mit Ausnahme des Motors, Getriebe-Innereien und Radträgers ist ein Formel-1-Auto fast ausschliesslich aus Kohlefaser gefertigt. Die hohe Steifigkeit und Festigkeit mit geringem Gewicht ist die herausragende Eigenschaft von Karbon. Es weist eine ähnliche Steifigkeit wie Stahl auf, ist jedoch rund fünf Mal leichter. Die Negativseite ist das aufwändige Herstellungsverfahren, sowie die hohen Materialpreise, dazu siehst du unten aber eine einfache Tabelle. Wenn dann alles bereit ist, wird die Form mit der eingelegten Kohlefaser ebenfalls von einem Plastikbeutel eingepackt, vakuumisiert und dann zusammengefügt.» Zum Schluss nicke ich einfach nur noch. Viel zu viele unnötige Informationen. Was interessiert mich schon aus was ein Formel-1-Auto besteht?

«Gut, das war's dann mit der Theorie, jetzt können wir schon einmal wegen dem Helm und dann Sitz und Lenkrad vorgehen», lächelt mich Mike freundlich an und ich schrecke aus meinem halb Schlaf aus. Was für eine Uhrzeit ist? «Okay», meine ich leicht irritiert, lege alle Blätter die ich bekommen habe im Klarsichtmäppchen ab und stehe dann auf. Mein Rucksack benutzte ich, um die Blätter hinein zu tun und danach gehe ich Mike demotiviert nach. Ich hätte echt nicht gedacht, dass es so viel braucht um ein Formel 1 Fahrer zu werden. Ich will ja schliesslich kein Arzt werden, sondern ein einfacher Fahrer! «Weißt du gerade auswendig, welche Grösse du beim Helm brauchst?», fragt mich Mike an und schaut kurz zu mir nach hinten, während wir durch den Gang durch gehen. «XL, also 24 Inches», antworte ich ihn sofort. «Gut, wir werden mit dir aber auch noch die Größe L und XXL testen, weil man nie weiss, wie gut die Fahrer das selber können», sagt Mike. Na toll, jetzt werde ich noch als zu unfähig betitelt, um meinen eigenen Helm zu finden? «Okay.» Ich folge Mike in einen Raum, in dem ziemlich viele Leute stehen die an verschiedenen Anzügen oder Helmen arbeiten. «So, Leute! Das ist Nathan, unser neuer Pilot. Wir müssen jetzt für ihn alles vorbereiten. Helm und Anzug sollten in einer Stunde fertig ausgemessen sein, danach steht nämlich noch andere Dinge an!», sagt Mike, nachdem er die Aufmerksamkeit erworben hat. Es dauert keine zehn Sekunden und schon stehen mir zwei fremde Männer bei Seite, die je einen oder zwei Helme in den Händen haben. «Hier ist die Größe L, bitte einmal anziehen», sagt einer dieser Männer und reicht mir einen vollkommen weissen Helm. Ich nehme ihn dem Mann ab und probiere ihn über meinen Kopf zu stülpen. Geht aber nicht. «Ich brauche eine Größe grösser», sage ich und gebe dem Mann wieder den Helm, um kurze Zeit später dann den Helm in der Größe XL bekomme. Wie von mir erwartet sitzt der Helm perfekt. Auch Mike sagt dazu nur, dass er perfekt passe und ich jetzt gefälligst mein Logo aussuchen solle. Mit wird ein Bleistift und ein Papier in die Finger gedrückt und gesagt, ich habe jetzt zehn Minuten Zeit um ein Logo für den Oberteil des Helmes zu designen. Mit einer Leichtigkeit beschrifte ich alles wie ich es haben will, also, dass der Helm schwarz-weiss-grün sein soll. Auf dem schwarzen Untergrund auf der Oberseite zeichne ich dann zwei weisse gekreuzte Kolben, in der Mitte einen Totenkopf. Das Grenzgaengerlogo. Auf den Seiten beschreibe ich dann kurz und ohne grosse Konzentration, was ich mit der grünen Farbe will. Ein einfaches Muster aus verschiedenen Linien. Nachdem ich meinen Helm in Rekordzeit designt habe, geht es weiter mit dem ausmessen meiner Körpermasse, dafür muss ich in einen dünnen Overall schlüpfen, bevor ich überall gemessen werde. Von Fuss bis Hals.

«Gehen wir weiter zu dem Sitz, einem der Wichtigsten Bestandteile des Fahrzeuges. Meine Arbeitskollegen sollten schon einen Sitz geformt haben, aber um ihn richtig einzusitzen muss du schon wieder in einen Overall schlüpfen, Nathan», lächelt mich Mike entschuldigend an und hält mir dann schon den Overall vor die Nase. Na toll, bin ich hier beim Shoppen mit meinen Schwestern oder bei der Formel 1? «Und wenn des Sitz fertig ist dann...?», frage ich nach und hüpfe gefühlt von einem auf den anderen Fuss, weil ich mich in den Overall zwängen muss. «Dann kommt noch das Lenkrad und falls das auch fertig wird kannst du nach Hause», meint Mike freundlich und hebt mein Pullover und meine Hosen auf, die auf dem Boden gelandet sind. «Würdest du dich dann einmal setzten Nathan?», fragt mich Mike und deutet auf einen Stuhl, der mich in erster Linie an den Stuhl beim Zahnarzt erinnert. «Um welche Uhrzeit werden wir dann fertig?», frage ich seufzend nach und setze mich auf den Stuhl, bei welchen gerade zwei Frauen kommen und stumm etwas mit dem Stuhl machen. «So etwa um zwei bis drei Uhr morgens, wenn es gut kommt.» Genervt schliesse ich die Augen. Wenn es gut kommt liege ich also um halb vier im Bett und kann noch gerade einmal zwei ein halb Stunden schlafen. Herzlich willkommen Energydrinks! «Du kannst wohl nicht gerade viel Schlafen nächste Nacht?», grinst mich Mike an. «Ja, wenn es gut kommt zwei ein halb Stunden», grummle ich. Mike schaut mich aufmunternd an: «Du wirst das schaffen. Und weißt du, wieso du auch in das Auswahlverfahren gekommen bist um hier als Pilot zu fahren? Weil dein Vater uns erzählt hat, dass du mit Stress und zu wenig Schlaf gut umgehen kannst. Das ist etwas sehr wichtiges für einen Hochleistungssportler.» Da wurde ich aber auch wieder einmal besser geredet, als ich bin. Klar, kann ich mit wenig Schlaf umgehen, aber irgendeinmal bin auch ich kaputt!

«Kann ich wieder bei dir schlafen?», frage ich als ich halb Tod mein Kopf an die Scheibe lehne und auf die von den Laternen beleuchtete Strasse schaue. «Du kannst so lange bei mir schlafen, wie du Ersatzkleidung hast», sagt mein Vater und lenkt den dicken Wagen sorgfältig um eine Kurve. «Dann besorge ich mir bald noch mehr Kleidung bei dir», meine ich leise und schliesse kurz meine Augen. «Halt noch kurz bis zu Hause durch. Es sollten gerade einmal noch zehn Minuten sein», muntert mich mein Vater auf, doch ich schlafe einfach fast ein. «Es ist doch aber schon halb vier und ich sollte schlafen...», murmle ich leise und schaue meinen Vater leidend an. Ich will doch nur schlafen. «Du kannst in zehn Minuten in das Bett hüpfen und schlafen», seufzt mein Vater. Wieso können diese zehn Minuten nicht um einiges schneller vorbei gehen? Ich will doch nur schlafen.

Driving is my drugWo Geschichten leben. Entdecke jetzt