Lap 8

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„Guten Tag", murmle ich und schaue meinem zukünftigen Teampartner entgegen. Sebastian Vettel. „Nathan, oder?", fragt er mich nur und hält mir seine Hand entgegen, die ich schnell schüttle. Es herrscht eine angespannte Atmosphäre im Raum. Diese Begegnung mit einem meiner Idole, mein Vater der im Hintergrund alles mit einem neugierigen Blick beobachtet und die Leute die hinter dem Team stecken. „Hast du Lust gerade ein kleines Rennen gegen mich zu fahren, oder willst du zuerst die Theorie machen?", fragt mich Sebastian Vettel. Ich soll gegen einen Weltmeister antreten? Schaffe ich das, oder blamiere ich mich gerade? „Es wäre mir ein Vergnügen." Kurz schaue ich zu meinem Vater der begeistert mich ansieht. „Ihr müsst aber in den normalen Wagen gegeneinander antrete, wir haben nur einen Formel1 Wagen dabei", unterbricht uns ein Personal im Hintergrund. „Schafft dein Auto die 325 km/h?", fragt mich Vettel. Kurz überlege ich. Der Audi R8 sollte eigentlich 330 km/h schnell laufen. „Klar." Ich kaue auf meiner Lippe herum und warte bis jemand anders etwas sagt. „Dann in fünf Minuten beim Start", sagt Sebastian Vettel nachdenklich und schnell nicke ich. Fahre ich jetzt wirklich ein Rennen gegen einen Profi? Scheiße. „Gut", bringe ich hervor bevor ich mich zu meinem Dad umdrehe und am liebsten vor Freude herumtanzen würde. Das ist echt das Beste Erlebnis von meinem Leben!

„Falls du nervös wirst", mein Vater hält mir einen iPod mit Kopfhörern hin. „Danke", meine ich und nehme ihn und lege ihn neben mich auf den Beifahrersitz. „Setz dir die Kopfhörer schon auf und lasse die Lieder leise in deine Ohren spielen, deine Nervosität ist unerträglich", seufzt mein Vater und ich tue was er sagt. Ich habe noch nicht einmal beide Kopfhörer im Ohr und schon dringt langsam die Musik zu mir und ich grinse meinen Vater an. „Willst du mir etwas mitteilen mit dem?", frage ich ihn und lausche dem Song See you again von Wiz Khalifa ft. Charlie Puth. „Du schaffst Das mein Junge, mehr will ich nicht sagen", sagt auch mein Vater grinsend und schlägt dann die Fahrertüre des schwarzen Audi R8 zu. Kurz grinse ich noch aus den Scheiben der Türe bevor ich mich nachvorne drehe. Meine Füße suchen sich langsam das richtige Pedal und ich warte nur bis ich das rechte Pedal drücken kann. Langsam drehe ich den Schlüssel und sofort springt der Motor an. Ein Adrenalinrausch überkommt mich. Ich will das jetzt einfach tun! Markus steht auch schon in der Mitte unserer Wagen und wartet nur darauf, bis er die Fahne schwingen kann. Einmal atme ich noch tief zu bevor ich mich an Markus wende der mich geduldig ansieht, fast als hätte ich das Kommando. Er schaut noch einmal zu Sebastian Vettel bevor er langsam die Fahne Stück für Stück hochnimmt. Der Motor unter mir will sich kaum mehr zurückhalten, fast als könnte er auch mein Adrenalin spüren. Die Fahne in Markus Händen ist oben, ohne eine Sekunde zu verschwenden drück ich das Gaspedal bis zum Anschlag. Ohne Unterbrechung fährt der Audi an. Innert knappen 3.9 Sekunden – wie ich einmal gemessen habe – ist der Audi auf 100 km/h, vom Gas zurück zu gehen ist für mich nicht einmal erdenklich. Eng hinter Sebastian steuere ich meinen Wagen hinter ihm her. Die schnelle Beschleunigung des Ferrari 458 kann ich nicht toppen, aber wenn es dann auf eine lange Gerade hinauskommt machen es die paar wenigen km/h des Audis wieder gut. Und da ist auch schon die Grade. Weit und breit sehe ich keine Kurve und drücke aufs Gas. Schnell ist die 200 km/h Marke geknackt und ich fahre neben ihm. Den Fuß von dem Gas zu nehmen kommt mir nicht einmal im entferntesten in den Sinn. Ich fahre gerade mein Traum, da kann ich nicht versagen. Nicht bei meinem eigenen Traum. 290 km/h Marke geknackt. Ich liebe es einfach so schnell zu fahren. Die Zeit und Gedanken von der Aussenwelt einfach einmal für ein paar Minuten auszuschalten und sich nur noch auf seine Leidenschaft zu konzentrieren.

„Taffer Junge, aber unseren Star kannst du nicht schlagen", grinst mich Michael an und klopf mir auf die Schultern, während ich mir durch meine leicht nassen Haare fahren. Haarscharf habe ich den Sieg gegen den Weltmeister verloren, obwohl sein Wagen langsamer ist. Niederlagen muss man halt auch im Rennsport einstecken. In allem was man tut muss man Niederlagen einstecken. „Danke", murmle ich nur leicht und muss auch grinsen. Wenigstens habe ich aber das Rennen erfolgreich überstanden. „Gute Kurven und in den richtigen Situationen Gas gegeben und gebremst. Respekt für einen Jungen der offiziell noch nicht einmal Autofahren dürfte", kommt auch Sebastian aus seinem Auto auf mich zu. Ich nicke nur leicht, weil ich nicht recht weiß, was ich darauf sagen soll. „Gut, dann können wir ja einmal hineingehen und noch die Theorie einmal anschauen und die Pläne für die nächsten Rennen", mischt sich Markus auch noch ein und ich verdrehe leicht die Augen. Ich hasse alles was mit Theorie zu tun hat. Darum hasse ich unteranderem auch Schule. „Gut." Während Markus sich schon einmal umdreht, kremple ich noch die Ärmel meines Grenzgaengers Pullover hoch. „Schön gemacht Junge", murmelt mein Vater während ich neben ihm jetzt Markus nachgehe. „Ich habe nur mein Hobby gelebt", seufze ich. Eigentlich war es ja wirklich nichts anderes als mein Hobby ausgelebt zu haben, aber halt auf höherem Niveau. „Jetzt musst du nur noch dein Hobby zum Beruf machen", mein Vater hält mir eine Türe auf und dankend gehe ich durch diese hindurch. Jetzt bin ich in einem Raum mit einem riesigen Tisch in der Mitte, an dem überall Stühle sind, und vorne ist eine Leinwand an der schon ein Laptop angehangen wurde, dessen Display jetzt an der Wand zu sehen ist. Relativ weit vorne lasse ich mich auf einen Stuhl nieder, neben mich kommt mein Vater und auf meiner rechten sitzt Sebastian Vettel. So nah an meinem Idol war ich echt noch nie, vor diesem Tag! „Gut, die wichtigen Personen sind da, ich denke einmal wir können beginnen. Ich probiere das ganze möglichst spannend zu gestalten, aber Theorie ist eben nie spannend. Und noch kurz für dich Nathan, ich bin Mike", stellt sich der schwarzhaarige jüngere Typ vorne schnell vor und grinst mich an. Toll, jemand der motiviert ist eine Präsentation zu halten.

„Hier sind noch alle Blätter falls du etwas nachschauen willst und ich hoffe du hast es begriffen", grinst mich Mike an und drückt mir ein Sichtmäppchen mit Blättern in die Hand. Also die Regeln werde ich sicher nicht nachschlagen, auf so ein Niveau begebe ich mich nicht hinunter. „Danke", sage ich trotzdem und lege das Sichtmäppchen einfach vor mich auf den Tisch. Kurz schaue ich meinen Vater an der mich stolz angrinst. Ich bin so froh, dass ich jetzt so weit bin. „Ich gehe dann einmal weg und lasse euch alleine. Falls du eine Frage hast kannst du mich sicher anrufen, ich habe meine Telefonnummer unten auf das erste Blatt geschrieben", sagt Mike noch schnell bevor er sich mit anderen Blättern in den Händen aufsteht und sich einen Weg zur Türe bahnt. „Mache ich", sage ich und schaue ihm zu wie er die Türe schliesst. Jetzt bin ich nur noch mit meinem Vater und mit dem Weltmeister in einem Raum. „Glaub mir Nathan, den nächsten Monat auch noch nach dem ersten Rennen, wirst du mit Theorie voll gelabert", sagt Sebastian nur entspannt und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. „Na toll", seufze ich und fahre mir mit der rechten Hand durch die Haare. „Junge, willst du wegen einem Monat Theorie schlapplegen, wenn du dafür Jahrelang dein Hobby leben kannst ohne Theorie?", kommt mein Vater schon wieder ins Spiel und ich drehe meinen Kopf in meinen Händen, die ich auf den Tisch gestützt habe, zu meinem Vater. „Ich lasse es mir nicht durch Theorie vermasseln, aber ich werde einfach diese Zeit nicht geniessen können", sage ich leise und schaue dann wieder weg. „Diese Zeit geniesst niemand aber dafür die Zeit danach geniesst man um so mehr", mischt sich auch Sebastian Vettel ein. Sogar der Weltmeister sagt so etwas, das motiviert mich ja gerade super, nicht.

„Nächste Woche Samstag ist also dein erstes Rennen, Junge", sagt mein Vater, der gerade noch einmal den Terminkalender studiert, während ich uns beide nachhause fahre. „Ich weiß", seufze ich. In einer Woche und einem Tag ist das Rennen. Mein erstes Rennen offiziel bei Formel 1. „Dann werde ich gegen Lewis Hamilton schon fahren, oder?", ich schaue kurz zu meinem Vater, bevor ich wieder nach vorne schaue. „Du wirst gegen die Besten der Besten kämpfen. Du wirst gegen die oberste Liga gerade von Anfang an kämpfen, du hast aber Glück das es noch keine Punkte gibt, die zählen", mein Vater legt die Blätter in meinen Rucksack, den er zwischen den Beinen hat. „Denkst du ich werde das schaffen, wenigstens aufs Podest zu kommen? Oder werde ich mich gerade blamieren?", ich schaue neugierig zu meinem Vater, was er wohl darüber denkt. Auch wenn es nur ein 'unwichtiges' Proberennen ist, ich will nicht gerade versagen.„Wenn du nicht aufs Podest kommst, bekommst du wohl Probleme mit deinem Boss und der bin nicht ich", sagt mein Vater nur, das klingt ja super motivierend. Aber wie soll ich mich gegen die Besten der Besten beweisen? Ich bin schliesslich nur ein Anfänger und habe noch kein Rennen beim Formel 1 gefahren. „Dad, wäre es für dich in Ordnung, wenn ich dich einfach bei dir zu Hause ablade und dann nach Hause gehe? Du weißt ja, meine Mom ist im Krankenhaus und ich muss auf meine vier Schwestern aufpassen", seufze ich und ändere somit das Thema. Meine vier Schwestern können so chaotisch sein und ich habe die Verantwortung für sie. „Das wegen deiner Mom tut mir echt leid und das ehrlich", sagt mein Dad leise. „Was soll ich tun, falls die Ärzte ihr nicht helfen können?", kurz wende ich meinen Blick wieder von der Strasse und schaue meinen Vater an. „Du musst probieren dann weiter zu leben. Auch ohne deine Mutter wirst du es schaffen, Junge", sagt mein Vater. „Das weiss ich schon Dad, aber ich meine wegen dem wohnen. Ich bin noch nicht volljährig und meine Schwestern auch nicht. Wir müssen ins Internat oder vielleicht in eine andere Familie. Aber ich kann das nicht. Ich bin bald 18. und Rennfahrer der wirklich bekannt wird", seufze ich. „Nathan, deine Mom wird schon leben bis du 18 bist. Dann kannst du ja deine Schwestern zu dir nehmen", sagt mein Vater überlegend. „Sie ist schon relativ weit. Der Krebs hat sich schon ausgebreitet. Endstadion.", presse ich aus meinen Lippen. „Sie wird sicher noch ein halbes Jahr leben, oder?", kommt es bedrückt von meinem Vater und ich schüttle zögernd den Kopf. „Das Krankenhaus bei uns kann sie nicht behandeln und ich werde die Behandlung wohl nicht bezahlen können", ergänze ich noch meinem Vater seine Überlegung. „Junge, ich werde dir soviel Geld geben wie die Behandlung kostet. Solange du dann glücklich bist, gebe ich alles Geld in der Welt", sagt mein Vater und kurz schaue ich ihn erstaunt an. Er würde mir soviel Geld geben wie er hat, nur um die Behandlung seiner Ex-Frau zu finanzieren? „Du würdest mir wirklich Geld geben um gegen den Krebs von Mom anzukämpfen?", frage ich nach und mein Dad nickt und grinst mich an. Jetzt habe auch ich ein Grinsen auf den Lippen während ich mich geschickt in den Strassenverkehr mische. Meine Mom hat doch eine Chance zu überleben! Oder zumindest, um länger zu Leben.

Driving is my drugWo Geschichten leben. Entdecke jetzt