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Meine Mutter liegt im Krankenhaus, mein Vater ist nicht gerade gut auf mich anzusprechen und ich habe einen Zusammenschiss bekommen, weil ich nicht ans Telefon konnte obwohl ich nicht einmal eine Schuld dafür hatte. Die Tatsache, dass ich bist jetzt bei Frau Steinhof nachsitzen musste und Diego auch noch gerade zu mir fährt macht das Ganze Theater auch nicht wirklich besser. „Da haben wir ihn. Der kleine Nathan Johnson der sich nicht einmal gegen ein Mädchen behaupten kann", Diego zieht gerade seinen Helm ab und fängt schon an zu reden. „Halt die Fresse." Schon zu Hause muss ich mir ständig von den Zwillingen dasselbe anhören und auch die halbe Schule spottet wieder über mich. „Ach, ist der kleine Johnson nicht gut gelaunt?", mit einem frechen Grinsen auf den Lippen schaut mich Diego an. „Zieh deinen Helm wieder an, wir fahren los", brumme ich bloss und füge in meinen Gedanken hinzu, dass so ein hässliches Gesicht wie seins bedeckt sein muss. „Und du? Wo ist dein Helm?", fragt mich Diego sofort, nachdem er sein Helm angezogen hat. „Habe keinen." Ohne noch ein Wort zu verlieren drehe ich das Tankhähnchen nach unten, kicke mein Motorrad an und drücke mit der rechten Hand leicht das Gas nach unten, jetzt halte ich mich noch mit den Füssen um Diego Zeit zu lassen, sein Motorrad anzumachen. Das nächste Mal, als ich das Gas nach unten drücke fahre ich dann endgültig los. Meine dunkelbraunen Haare wirbeln um meinen Kopf und der kühle Wind in meinem Gesicht ist ein angenehmer Kontrast zu der Wärme der Sonne.

„Hier wären wir, mein Hobby", ich lasse den Motor wieder ausgehen und schaue in den Wald hinein. Ich liebe es in so einem kleinen Dorf wie hier zu leben. Hier hat es überall alte Rennstrecken und viel Platz um selber Rennstrecken zu bauen. Ich habe ja das Gefühl, hier lebten vor Jahrzehnten alles nur Rennfahrer. Vielleicht kommt von dort das Wort Carsen. Carsen das abgelegene Dörfchen irgendwo im Nirgendwo. „Das ist ein Wald du blinder Hund", mit einem unverständlichen Blick schaut mich Diego an. Ja, für viele ist es einfach nur ein Wald, doch, wenn man die kleinen Pfade und Schanzen betrachtet ist es eine Freestyle Rennstrecke. „Es ist nicht einfach nur ein normaler Wald. Fahr mir einfach einmal nach. Ich fahre noch das erste Mal langsam", wieder lasse ich den Motor von meinem geliebten Motorrad an. Das erste Mal in meinem Leben bin ich wirklich froh, dass Diego eine reflektierende Brille beim Helm anhat und ich sein augenverdrehen nicht sehen muss. Zu Beginn noch langsam, fahre ich in den Wald hinein und fahre sofort nach links. Dort ist unser selbstgebauter Pfad. Nur einen Monat nachdem Mason und Jace mich das erste Mal angesprochen habe war ich in ihrer Gang und half ihnen von Grund auf diese Piste aufzubauen. Es kostete viele Nerven, Schweiß, Blut und Tränen für alle, doch es hat sich gelohnt. Der knapp dreissig Zentimeter breite Pfad nutze ich vollkommen aus und schaue immer wieder zu Diego nach hinten, der es sich wohl gewohnt ist mehr Platz zum Fahren zu haben. Schon kommt die erste Kurve. Man muss voll in die Kurve hineinliegen aber nicht zu lang werden, weil man sonst am Baum hängen bleibt. Langsam fahre ich ihm die Kurve vor. Diese Kurve ist einfach der Killer der Strecke. Die ersten paar Male als ich sie gefahren bin, bin ich entweder oben hinausgeflogen, weil ich nicht genug in die Kurve gelegen bin, oder ich bin am Baum hängen geblieben. Ein paar Narben sind in dieser Kurve gekommen. Diego schafft diese Kurve aber ohne größere Probleme und die Strecke wird wieder flacher. Jetzt kommt eine lange Gerade, bei der man nur aufpassen muss, dass man nicht in einen Baum hineinfährt. Mit dem Motorrad rase ich über den die quietschenden Holzbretter, ich liebe dieses Gefühl einfach. Frei zu sein ist das Beste! Auf der Ganzen geraden Länge waren nur drei Bäume, wie ich gezählt habe, denen man ausweichen musste. Nach der Geraden kommen Holzbretter die aneinandergelegt wurden, als kleine Brücke über den kleinen Fluss. Ich liebe es einfach über meine eigene Strecke zu fahren!

„Jungs!", ich kremple die Ärmel meines grünen Pullovers hoch. „Nath, wen hast du dabei?", Jace schaut von seinem Motorrad auf. Manchmal frage ich mich schon, wie vergessliche Freunde ich habe. „Diego. Wir haben ja so ein Vortrag in der Schule", ich verdrehe kurz die Augen und steige von meinem Motorrad ab. Währenddessen zieht Diego sein Helm aus. „Schön", brummt Mason wenig begeistert und wischt seine Hände an einem alten Lappen ab. „Wessen Motorrad repariert ihr gerade?", ich mustere das schöne, schwarze Motorrad. Es würde sicher gut fahren. „Alexander. Mein Cousin. Er kommt ja bald und da kommt er sicher auch in die Gang, ich habe ihm schon ein schwarzen Grenzgaenger Pullover gegeben. Mal schauen. Aber falls er kommen will hat er gerade ein Motorrad welches zu unseren passt", erklärt mir Mason und ich nicke. Einmal hat er schone etwas von einem Alexander erzählt, aber tiefer ins Detail ist er nicht gegangen. „Diego, die beiden kennst du ja. Wir sind relativ häufig einfach hier irgendwo im Wald und ja... ich glaube mehr musst du nicht wissen", erkläre ich schnell Diego. Wir sind schon in der Nähe von unserem Hauptgebäude, in welchem die ganze Gang an manchen Abenden einfach da ist, aber das ist tiefer im Wald und stattdessen sind wir einfach häufig neben der Rennstrecke und reparieren in der Nähe von dort unsere Motorräder. „Jämmerlich, nicht einmal ein Gebäude", verdreht Diego die Augen. Kann er nicht einfach seine Klappe halte?. „Wir brauchen halt kein Gebäude, weil wir uns nicht von der Natur scheuen", brummt Jace und beginnt wieder am Motorrad etwas zu machen. „Ja... wir sind sehr Naturverbunden", meine ich zögerlich. Wir sind zwar wirklich häufig in der Natur, egal bei welcher Jahreszeit, Wetter oder Tageszeit, aber Naturverbunden sind wir trotzdem immer noch nicht. „Willst du dich kurz umsehen und so und danach fahren wir weiter, wie findest du?", wende ich mich wieder an Diego. „Können wir nicht einfach die Runde beenden und dann kann ich nach Hause, ich will echt nicht mehr Zeit als nötig mit dir verbringen und das Nötigste für den Vortrag weiss ich." Ich schaue kurz zu Mason und Jace die auch die Augen verdrehen. „Glaub mir, ich will auch nicht mehr Zeit mit dir verbringen als nötig ist. Also dann fahren wir weiter und beim Waldweg biegst du dann ab und ich fahre wieder hier hin", sage ich schnell und kremple meine Ärmel wieder runter und steige wieder aufs Motorrad auf.

Driving is my drugWo Geschichten leben. Entdecke jetzt