Der Fall des Drachen [1] - Gefährliche Freundschaft

2 - Die Trauer des Drachen

Gefährliche Freundschaft
——————
Kapitel 2

Der grüne Drache blickte träge auf, als Vin ihre Frage gestellt hatte und jetzt, da sein Kopf nicht mehr im Schatten lag und nach und nach durch den Regen von dem getrockneten Blut befreit wurde, konnte Vin die Intensität der Farben der Schuppen erkennen. Sie waren nicht bloß grün. In der Mitte waren die Schuppen von einem dunklen Grün, während sie, je weiter man nach außen ging, dunkler und dunkler wurden, bis sie ins Schwarz gingen. Auf einigen Schuppen des Halses waren kleine, weiße Punkte, die aussahen, als hätte man mit Farbe gespritzt.

Frag nicht nach etwas, das du nicht wissen willst, riss der Drache sie aus ihrer Beobachtung. Seine Stimme wirkte müde und Vin konnte sich beinahe bildlich vorstellen, wie erschöpft er sein musste durch den Kampf und die Wunde an seinem Hals.

Die Wunde! Wie hatte sie die nur vergessen können? Unschlüssig blickte sie zwischen dem zwischen Kürbissen liegenden Drachen und ihrem Haus hin und her. Sie überlegte, wo sie den Drachen unterbringen konnte, denn auf dem Feld konnte er nicht bleiben, das würde nur die Kürbisse zerstören und das konnte sie sich beim besten Willen nicht leisten. Außerdem regnete es noch immer und hier läge der Drache auch ungeschützt vor allem Blicken und Vin wollte wahrlich nicht den Zorn der Drachen erwecken, wenn sie ihn spottigen Blicken aussetzte.

Ihr Blick blieb an dem Gewächshaus hängen, das neben dem Haus stand und gleichzeitig auch als Schuppen diente, um dort zahlreiche Schaufeln und Eggen zu lagern. Aber es würde groß genug sein, sodass der Drache dort drin unterkommen konnte, zumindest für einige Tage, denn länger wollte Vin ihn auch nicht in ihrer Nähe haben.

Sie blickte zum Drachen hoch und in seine gold leuchtenden Augen. »Kannst du bis zum Gewächshaus laufen?«, fragte sie, nachdem sie erst hatte fragen wollten, ob der Platz für ihn ausreiche. Aber dann fand sie, dass der Drache es schon gut genug hatte, dass sich jemand um ihn kümmerte, vor allem bei ihr, die diese Spezie eigentlich verabscheute.

Das grüne Tier nickte, auch wenn Vin einen kleinen Funken Widerwillen sah. Als es dann aufstand, glänzten seine Augen vor Schmerz und Vin wusste, dass der Drache die Zähne aufeinanderbiss, um vor ihr, die über die Drachen lediglich schlecht geredet hat, nicht als schwächlich zu erscheinen.

Sie wusste wahrlich nicht wieso, aber nachdem sie den Schmerz in den Augen des Drachen gesehen hatte, respektierte Vin, dass er sich trotzdem hochstemmte und hoch erhobenen Hauptes über das Feld stapfte, ohne dabei auf einen Kürbis zu treten.

Sie folgte ihm in einigen Metern Abstand, doch dies wurde ihr nach einiger Zeit zu blöd, da sie ja noch eine Antwort auf ihre Frage erhalten wollte. Woher sie diesen plötzlichen Mut nahm und neben einem Drachen – einem Drachen! – herspazierte, wusste sie selbst nicht, doch sie stufte ihn momentan einfach nicht als Gefahr ein, so verwundet und erschöpft wie er war.

Sie betrat das Gewächshaus und hielt ihm die Tür auf, durch die er glücklicherweise durchpasste, als Vin ihm auch noch die andere Seite der Doppeltür aufhielt. Seinen Kopf einziehen und sich kleinmachen musste der Drache dennoch und Vin wusste, dass es seinen Stolz verletzte.

Dann räumte das Mädchen schnell die ganzen Gerätschaften hinfort und schob die Pflanzen, die in der Mitte gestanden hatten, an den Rand, sodass in der Mitte ein großer Freiraum entstand, den der Drache sofort wahrnahm.

Auch wenn er bis eben noch tapfer die Strecke bewältigt hatte, obwohl er verletzt war, als er dort in der Mitte stand, sackte er zusammen und ließ seinen Kopf auf seine Pranken fallen.