5 - Das Feuer des Drachen

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Gefährliche Freundschaft
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Kapitel 5

Tatsächlich war der grüne Drache nicht der letzte, sondern der vorletzte Drache, wie im Laufe des Tages bekannt wurde. Auf dem Weg zu ihrem Haus war Vin eine große Menschenmasse begegnet, die offensichtlich aus dem noch kleineren Nebenort kam. Auch Zara, die kurz hinter ihr lief, wunderte sich darüber. Vin starrte den tiefblauen Drachen an. Hatte der grüne Drache nicht gesagt, dass ebenjener vom Himmel gestürzt sei? Und hatte Vin nicht exakt das beobachtet? Den Fall des blauen Drachens.

Der Drache war nicht von einem hellen Blau, sondern von einem tiefen Mitternachtsblau, eine Farbe, die gar nicht in die Umgebung passte und Vin daran erinnerte, dass die Drachen eigentlich an den Himmel gehörten. Sie schluckte, gefangen in der Entscheidung, schnell zu dem Drachen zu laufen, den sie zuerst getroffen hatte, also den Grünen, oder dem blauen Drachen ebenfalls zu helfen. Sie konnte nicht umhin, innerlich zu lachen. Noch am vorigen Tag hatte sie geglaubt, Drachen über alles zu hassen und jetzt war sie sogar im Inbegriff, zweien von ihnen zu helfen.

Vin wandte sich zu Zara um. »Sollen wir erst zu meinem Drachen? Oder dem blauen helfen und somit riskieren, dass sie den Grünen währenddessen finden könnten?«, fragte sie unschlüssig. Doch glücklicherweise hatte Zara eine plausible Lösung: »Wir helfen erst dem Blauen, dann gehen zu deinem. Denn ersterer schwebt in akuter Lebensgefahr und deiner ist hoffentlich intelligent genug, ruhig in dem Gewächshaus zu verweilen.«

»Aber...«, Vins Widerspruch erstarb, als sie realisierte, dass sie gerade hatte sagen wollen, dass sie lieber zu dem Grünen gehen würde, um ihn in Sicherheit zu wissen, doch dann dachte sie daran, dass der Blaue vielleicht ein wenig freundlicher sein könnte. Es war ihr zwar keine Freude, noch einen weiteren Drachen bei sich aufzunehmen, aber sie dachte sich, dass sie, da sie nun eh schon darin verwickelt war, das ertragen konnte. Sie musste ja eigentlich nicht viel mit ihnen reden, nur warten, bis sie wieder davonflogen.

Als Vin jedoch überlegte, wie sie es schaffen könnten, dem blauen Drachen zu helfen, ohne selbst in Gefahr zu raten, fiel ihr nur eine einzige mögliche Hilfe ein. »Der Grüne ist vielleicht der einzige, der uns dabei helfen könnte. Aber er ist verletzt, deswegen funktioniert das nicht«, sagte Vin langsam, als sie merkte, dass ihr Plan, den grünen Drachen zu benutzen, überhaupt nicht funktionieren konnte, weil die sonst so mächtige Himmelsschlange verletzt war und somit sicherlich nicht rechtzeitig am Marktplatz sein konnte, selbst wenn sie sich dazu entschieden hätte, ihm zu vertrauen und zu helfen, einen anderen Drachen zu retten. Sie wusste auch gar nicht, ob die beiden Drachen überhaupt miteinander auskamen.

Skeptisch betrachteten die beiden, wie die Menschen den Drachen an dicken Seilen hinter sich herzogen und ihnen offenbar egal war, dass sie ihm damit den Hals aufscheuerten, trotz der Schuppen. Vin schauderte. Ob sie den grünen Drachen auch so behandeln würden, sollten sie ihn je fangen? Schließlich war dieser ja deutlich größer als der Blaue und konnte dich ob seiner starken Pranken besser wehren, dessen war Vin sich sicher.

»Wir könnten«, meinte Zara langsam, »die Turmuhr nutzen, um für Ablenkung zu sorgen. Mir persönlich würde es nämlich auffallen, wenn sie klingelt und es nicht volle oder halbe Stunde ist.«

»Das wird nicht reichen«, meinte Vin, als die beiden in sicherer Entfernung hinter der Masse hinterherliefen und ihr sowohl zum Marktplatz als auch zu dem Scheiterhaufen des Drachens zurück folgten. Kritisch betrachtete Vin die verschiedensten Menschen, unter denen sich nicht nur normale Bauern ihres Dorfes, sondern auch reichere Bürger des Nachbarortes befanden. Viele von ihnen schienen vor sich hin zu träumen und sich eher zu langweilen oder anderweitig zu beschäftigen, bis die Verbrennung des Drachens beginnen würde.

Der Fall des Drachen [1] - Gefährliche FreundschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt