Gefährliche Freundschaft
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Kapitel 31
Die Sonne tauchte den riesigen Körper des Drachen in ein feuriges Rot, als sie unterging. Mit dem hellen Stern verschwand auch das letzte Leben aus dem schwarzen Drachen, der sich wie ein riesiger Hügel oder ein kleiner Berg vor ihr auftürmte. Vins Lippen teilten sich, um ein erstes und letztes Mal seinen Namen zu sagen, bevor sie ihm jegliche Magie, die sie von ihm erhalten hatte, zurückgab. Jahrhunderte wurden zu wenigen Sekunden, als auf des Drachen Schuppen Grasbüschel zu wachsen begannen, die ihn innerhalb kürzester Zeit komplett überdeckten.Vor ihr befand sich ein riesiger Hügel, das Grab des Drachen und ihr kam es vor, als erkenne sie unter all dem Gras noch die Augenhöhlen des Drachen.
Langsam versiegten ihre Tränen und sie konnte nur stumm auf den Hügel blicken. Als sie die Blicke von Zara und Atlas auf sich spürte, wandte sie sich ab. Als sie zu dem Drachen hochblickte, erkannte sie dort Trauer und Mitleid, nicht andere Gefühle als die, die sie selbst auch verspürte. Bis zuletzt war der Drache nicht frei gewesen und erst im letzten Augenblick hatten seine Augen denselben Goldton angenommen, den Atlas auch hatte und sie früher auch, und das Rot war gewichen.
Vin hätte die Seele des Drachen auch aufgenommen, um ihn somit weiterleben lassen. Dann wäre sie eine Drachenseele gewesen, doch sie war sicher, dass sie es beide nicht genug gewollt hatten.
Sie wollte etwas sagen, doch noch immer war ihre Stimme wie erstickt, weshalb Zara die Worte aussprach, die sie hatte sagen wollen. Die Freundin wusste diese, weil Atlas es ihr mitteilte, welcher wiederum so gut über Vin Bescheid wusste, dass er ihr die Worte aus den Augen ablesen konnte. Eigentlich war es auch überflüssig, sie auszusprechen, weil alle drei sie kannten, doch vielleicht würde Klarheit kommen, wenn jemand sie sagte.
»Und was machen wir nun?«
Keiner wusste eine Antwort, und doch ergriff Zara erneut das Wort. »Ich hätte gut Lust, für eine Weile wieder nach Hause zu gehen. Ich vermisse meine Mutter, und sie fragt sich sicherlich auch, wie es mir geht. Außerdem will ich mich vergewissern, dass es ihr den Umständen entsprechend gut geht«, erklärte sie nach langem Zögern und Vin verstand sie nur zu gut. Auch Kaleen musste Veränderung durchlebt haben und im Dorf war sicher viel Streit ausgebrochen, da sie alle zu jenen wurden, die sie am meisten hassten.
»Ich kann noch nicht zurück. Momentan kann ich nirgendwo hin«, sagte Vin. Dann richtete sie ihre Augen nach oben und sah Atlas direkt an. »Ich werde nach den Eiern sehen, komme aber alleine nicht dorthin.« Der Drache kniff die Augen zusammen. Er hatte ihr offensichtlich noch nicht verziehen, was sie in der Arena getan hatte. Vin erwartete das auch nicht von ihm. Sie war selber noch wütend, dass er sie zum Trinken des Wassers gezwungen hatte. In manchen Momenten tat es weniger weh, doch eben, als Zara und Atlas Gedanken ausgetauscht hatte, war ihr, als würde ihr das Herz aus der Brust gerissen werden. Vielleicht war die Zeit zu zweit auch gerade das, was sie brauchten, auch wenn Vin davor graute. Was, wenn sie sich bloß anschwiegen auf dem Weg zu den Eiern, jeder Groll auf den anderen hegend?
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Der Fall des Drachen [1] - Gefährliche Freundschaft
Fantasía*** WATTYS 2018 - GEWINNER in der Kategorie DIE VERBORGENEN PERLEN *** Als ein Jahrtausende alter Drache auf dem Acker vor ihrem Haus eine Bruchlandung hinlegt, ist Vinley verständlicherweise überrascht. Wie kommt es, dass das mächtige Geschlecht, d...