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Meine Stimmung sank, als ich die Toten aufgereiht am Strand sah. Unsere Verbindungen zum Militär ermöglichten es uns den Strand zu sperren. Er war zwar abgelegen und es war zu kalt, um schwimmen zu gehen, aber man konnte nie sicher genug sein.

Es war früher Morgen und wir hatten 33 Tote zu beklagen. Wir versammelten uns alle, man brachte die Verletzten nach Hause und hielten noch in den nächsten Stunden die Totenzeremonie ab.

Mein Vater leitete sie. Es wurde nur das Nötigste gesprochen. Vater ließ kein unnötiges Geschwafel zu.

Familien und Freunde verabschiedeten sich von den Toten und mein Vater als unser Anführer musste der Aufgabe nachgehen mit seinem Feuer die Leichen anzuzünden.

Er ließ über jeden von ihnen sein himmlisches Feuer lecken, bis sie zu Staub zerfielen. Nichts zeugte mehr davon, dass hier noch vor wenigen Stunden eine erbitterte Schlacht stattgefunden hatte. Vina lehnte an Janons Brust und weinte. In dieser Schlacht hatte sie ihre Mutter verloren. Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Es war unverzeihlich. Was geschehen war, war unverzeihlich.

Es war undenkbar für mich an diesem Tag noch an Schule zu denken und so lag ich den Rest des Tages nur noch auf der Wiese hinter dem Garten. Vor Augen das Bild von Vinas verweintem Gesicht und vieler weiteren Clanmitglieder, die sich in den Armen lagen. Die ganze Stimmung im Haus war gedrückt. Nun unbewohnte Zimmer wurden frei gemacht, niemand feierte nach der Totenzeremonie. Uns allen war der Ernst der Lage bewusst geworden, meinem Vater und den anderen Clananführern. Es gab schon immer Verluste, aber das hier war ein Massaker gewesen. Mein Vater hatte ein Treffen der Hauptclananführer ganz Westeuropas vorgeschlagen, das überraschend schnell beantwortet wurde. In den anderen Ländern hatten genauso wilde Schlachten mit einem einzigen, sehr mächtigen Dämon stattgefunden. Es war eine Katastrophe. Wie sollten wir nur die Menschen beschützen, wenn wir nicht mal uns selbst beschützen konnten? Vina, es tut mir so Leid für dich. Sie hatte ihre Mutter so sehr geliebt. Und jetzt war sie tot. Wie viele andere. Ich hörte leichte Schritte im Gras.

Es war bereits Nacht und die Sterne schienen mich mit ihrem Licht zu verspotten. Jemand setzte sich neben mich und ohne zu sehen wer es war, wusste ich es war Janon. „Wie geht es ihr?", fragte ich.

Der Wind bewegte sachte die Äste eines Baumes und verdeckte die Sicht auf die Sterne. „Besser. Ihre Schwester ist bei ihr." Ich nickte. Zumindest etwas. War ihre Schwester wirklich die einzige, die sie noch als Familie hatte? Sie war eine richtige Zicke und ich vertrug mich nicht gut mit ihr, aber sie liebte ihre Schwester und ich war froh, dass Vina sie hatte. Noch war Yvonne hier, aber was, wenn sie wieder zurück zu ihrem Außenclan musste? Würde Vina es ertragen?

„Was ist mit dir, Janon?" „Mir geht es gut. Ich mache mir nur Sorgen um Vina." Ich drehte mein Gesicht und sah ihm an wie viel Vina ihm bedeutete. „Sie hat uns. Wir werden sie nicht fallen lassen." Janon sah mich etwas überrascht an, lächelte aber dann leicht. „Ihr habt Recht." Er schüttelte leicht belustigt den Kopf.

„Was ist?" „Es erstaunt mich immer wieder wie wenig Ihr Euch wie ein Prinz aufführt." „Ihr seid meine Freunde", stellte ich für mich selbstverständlich fest. „Da ist es doch völlig normal." „Es freut mich, dass Ihr das so seht", sagte er zögernd, aber ehrlich. „Trotzdem müsst Ihr Euch immer bewusst sein ..." Ich schüttelte nur den Kopf.

„Wenn ich könnte, würde ich tauschen." Ich spürte seinen Blick. Die Sterne funkelten wie kleine, harmlose Lichter über uns. „Das meint Ihr doch nicht ernst." Ich schwieg und betrachtete weiter die Sterne. Standen diese winzigen Lichter für Hoffnung oder Zerstörung?

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Der nächste Tag Unterricht war schwer. Vina und viele weiteren waren kurzzeitig von ihren Aufgaben befreit worden, um trauern zu können.

Heavenly HeritageWo Geschichten leben. Entdecke jetzt