Kapitel 23 - Auf Nimmerwiedersehen

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Mit seinen Worten versetzte er mir immer mehr Stiche in mein Herz. Es war das Schmerzhafteste, das ich je in meinem Leben gespürt hatte. Ich bin so ein Idiot. Wie konnte ich nur? Wieso habe ich meine Gefühle zugelassen, obwohl er mich jedes Mal von sich gestoßen und mir weh getan hatte? Ich bin so dumm.
Seine Worte waren eigentlich nicht unerwartet aber er hatte sie nie wirklich ausgesprochen und in mir war immer eine innere Hoffnung geblieben, dass es irgendwann besser wird. Irgendwann kann er es und kommt endlich über die Schatten seiner Vergangenheit hinweg. Aber es jetzt bestätigt zu bekamen, tat weh. Sehr sogar.
Ich schnappte nach Luft und versuchte ein Pokerface zu wahren. Er sollte meinen Schmerz nicht sehen, dass würde mich nur noch mehr zerstören.

"Bist du fertig?", fragte ich und versuchte dabei ruhig und gelassen zu klingen. Es gelang mir nicht aber es schien ihm nicht auf zu fallen oder egal zu sein.
Ich holte noch einfach tief Luft, schloss die Augen und sammelte mich.

Ich werde es tun. Ich werde ihn jetzt für immer aus meinem Leben ausradieren. Ich werde es schaffen ohne zu heulen. Bleib stark, Jamie. Er ist deine Tränen nicht wert.

"Wir sollten damit aufhören.", sagte ich ruhig und setzte ein kleines bitteres Lächeln auf. "Ich akzeptiere deine Entscheidung also musst du jetzt auch meine akzeptieren." Ich sah ihm tief in die Augen. Sein Blick sah flehend aus, als würde er sagen. "Glaube meinen Worten nicht."
Aber ich würde es tun. Denn ich wusste, dass er recht hatte. Er hatte sich all die Jahre nicht verändert und wird aus auch nicht mehr tun.

"Ich möchte, dass wir uns trennen. Als Rudelführer, meine ich. Ich möchte nicht mehr mit dir in einem Satz erwähnt werden, deswegen sollten wir verschiedene Wege gehen." Ich hasste mich selbst, dass ich so komplett bescheuert klang mit meiner sachlichen Wortwahl aber anders konnte ich es nicht ausdrücken, wenn ich keine Emotionen zeigen wollte.

"Mir ist es egal ob du gehen willst oder ich gehe aber ich will dir nicht mehr begenen. So ist es besser für alle. Jeder kann seinen eigenen Weg gehen. Wir müssen und sollten uns das nicht weiter an tun. Wir schaffen es nicht nur Freunde zu sein oder einfach nur zwei Rudelführer, die eine Gruppe von Jugendlichen gemeinsam leitet. Wir sind uns immer uneinig und das ist für keinen Beteiligten gut. Wenn du bleiben willst, ist das kein Problem für mich. Ich habe einmal die Stadt verlassen und tue es auch immer wieder gerne. Diesmal wird aber einer von uns gehen ohne jemals zurück zu kommen. Ich möchte, dass wir uns niemals wieder begegenen. Verstehst du mich?"

Blake starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an, als würde ich gerade erzählen, dass ich jemanden umgebracht hatte. Womit hatte er gerechnet? Dass ich flehend auf die Knie falle und ihn bitte seine Gefühle auszudrücken? Dann kennt er mich nicht. In der Vergangenheit habe ich, zugegeben, Schwächen gezeigt und mich angreifbar gemacht aber das wird er diesmal nicht zu Gesicht bekommen. Ich war es leid, dass er meine Verletzlichkeit ausnutzt, damit ich ihm wieder hinter her renne. Diesmal wird es anders und mir ist es sowas von egal, dass er gerade betrunken ist und wahrscheinlich sich morgen nicht mehr erinnern kann. Ich werde es ihm von mir aus noch einmal erklären. Jedoch musste er es jetzt hören. Denn ich konnte und wollte seinen Anblick nicht länger ertragen.
In mir staute sich Schmerz auf. Nicht nur mein menschlicher sondern auf der Schmerz meines Wolfes. Ich spürte ihn leiden und versuchte ihn mit sanften Gefühlen zu beruhigen aber es klappte nicht wirklich. Mein Wolf leidete noch mehr als ich. Wer konnte es ihm verübeln? Blake's Wolf konnte meinem Wolf wenigstens Zuneigung zeigen, die Liebe erwidern. Blake nicht. Ich wusste nicht wie stark ihre Verbindung war. Scheinbar so stark, dass ich Blake's Wolf ebenfalls spüren konnte. Es war das Schlimmste, was ich je empfunden hatte. Ich konnte es kaum fassen, was in mir passierte aber äußerlich wahrte ich mein Pokerface. Ich trug eine Maske, die keine Emotionen zeigen konnte.
Mein Wolf muss es irgendwann verstehen. Wir konnten nicht so tun als wäre alles okay, wenn Blake und ich uns hassten und in unserer Wolfgestalt uns liebten. Das würde nie im Leben funktionieren. Es würde alle vier von uns kaputt machen. Ich spürte, dass die Trennung, das Beste für alle Beteiligten war.

Blake blieb lange still bis er zur Antwort ansetzt. "Ja, lass uns morgen darüber weiter reden, wenn ich nüchtern bin." Seine Stimme klang ebenfalls gepresst. "Ich muss mich daran erinnern können. Aber eins kann ich dir jetzt sagen, ich werde gehen. Das Rudel fühlt sich mit dir besser. Du warst ihnen schon von Anfang an eine bessere Hilfe als ich. Du kannst bleiben. Ich werde meinen Platz da draußen schon finden." Er klang fast schon nüchtern als er diese Worte aussprach. Vielleicht war er es nach dieser langen Zeit, die wir hier in dem Auto verbracht hatten auch aber es roch immer noch stark nach Alkohol. Ich nickte nur zur Antwort und sah ihn nicht mehr an.

"Ich hätte nur noch eine Bitte an dich", durchbrach er die Stille nach einer langen Weile.
"Morgen, bevor wir zwei reden, treffen wir uns in unserer Wolfsgestalt und lassen unsere Wölfe das tun, was sie tun möchten. Es ist wichtig. Ich spüre es." Erneut nickte ich nur auf seine Aussage. Ich spürte es auch. Sie sollten auch eine Chance bekommen sich zu verabschieden.

"Ich habe auch noch eine Bitte", sagte ich und sah ihm wieder in die Augen. Er sah mich erwartungsvoll an. "Du wirst nicht fahren." Er schaute mich erst verwirrt an und nickte dann.

Ich seufzte und ließ mich in den Sitz zurück fallen. "Wir bleiben beide hier. Schlafen oder was auch immer. Bis du ausgenüchtert bist und dich verwandeln kannst. Ich möchte das endlich abgeschlossen haben." Er sah mich verwundert an und nickte dann wieder.

Ich wollte nicht gehen. Ich wusste, dass wenn ich nach Hause gehe, verliere ich diese Standhaftigkeit. Ich würde in Tränen ausbrechen und das wollte ich auf keinen Fall. Ich konnte genug weinen, wenn er weg war. Jetzt musste ich stark bleiben, und zeigen, dass ich soetwas gewachsen bin. Ich bin nicht mehr die unsichere emotionale Jamie von damals. Ich musste lernen, wie es ist, stark zu sein und mit solchen Situationen umgehen zu können. Sobald wir es abgeschlossen haben, konnte ich auch endlich alle Hoffnungen aus meinem Kopf und Herzen löschen und endlich weiter kommen ohne mich jedes Mal von Blake zurückhalten zu lassen.

Back in the woods [Band 2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt