Kapitel 1 - Welcome back

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Ein ganzes Jahr. Ein komplettes Jahr war ich weg von zu Hause. Weg von Cole. Weg vom Gestaltwandler Dasein und weg von meiner Grandma. Ich wollte einfach mal weg von unserem kleinen Örtchen. Ich hatte bei einer Gastfamilie gelebt und das in einer Großstadt Hatte jeden Abend bis zum Umfallen in einem Restaurant gearbeitet und hatte mir so diese Möglichkeit finanziert. Man hatte viel weniger Zeit. Für alles. Man hatte nicht mal Zeit zum Denken. Für mich war es das Beste, dass in den letzten zwei Jahren passiert ist, seit Blake weg ist. Ich hatte diesen Abstand gebraucht. Für mich und für die Anderen und jetzt wo ich wieder zurück bin, kann ich es kaum glauben, dass ich mich ein ganzes Jahr nicht verwandelt hatte. Ich hatte zwar immer das Bedürfnis dazu gehabt aber ich konnte es nicht weil ich es mir so ausgesucht hatte. Es gab in einer Großstadt kein Wald und wenn, dann keinen großen und ich habe explizit danach gesucht. Es war ja nichts schlechtes sich zu verwandeln. Im Gegenteil. Es gab mir das Gefühl, lebendiger zu sein als je zuvor. Einfach rennen, das Gras unter den Füßen spüren und die Gerüche wahrnehmen.
Meine Gastfamilie, die Parkers die aus Mr. und Mrs. Parker und ihrer kleinen Tochter Chleo bestand, war sehr freundlich gewesen. Sie haben mich schon wie einen Teil ihrer Familie behandelt. An Weihnachten hatte ich sogar Geschenke von ihnen bekommen. Für Chleo war ich eine große Schwester und im Allgemeinen waren sie wie eine Familie für mich. Sie wollten mich gar nicht gehen lassen und im Grunde wollte ich sie auch nicht alleine lassen. Ich hab sie schon irgendwie ins Herz geschlossen. Aber ich wollte auch irgendwann einfach nur nach Hause. Ich hatte diese Zeit sehr genossen auch wenn es teils ziemlich anstrengend war und nervenaufreibend aber diese Zeit hat mich erwachsener werden lassen.

Ich wollte anfangs gar nicht weg fahren, da ich meine Grandma nicht alleine lassen wollte aber sie hat mir ihren Segen gegeben und mich gehen lassen. Ich hatte sie jeden Tag angerufen und Cole gebeten nach ihr zu sehen aber es schien ihr gut zu gehen. Sie war fast immer in unserem Haus, da wo jetzt viel mehr Leute waren als vorher. Royce blieb nämlich bei uns. Er übernahm meine Aufgabe die ich eigentlich gegenüber der Gruppe hatte. Einige seiner Leute waren dazu gekommen und jetzt waren wir nicht nur Isaac, Allison, Tyler, Royce und ich. Sondern schon zu 9. Im Grunde zählte Cole auch mit dazu, da auch er seine Zeit mit der Truppe verbrachte.
Cole war der Einzige, der mich nicht gehen lassen wollte. Er wollte es mir ausreden und mich überzeugen hier zu bleiben aber ich bin trotzdem gegangen. Er hat nicht verstanden, wieso ich gehen wollte. Er hatte mir immer haufenweise Briefe geschrieben, doch ich kam fast nie dazu zu antworten. Deshalb hatte ich ihm immer nur einmal im Monat eine Antwort geschrieben und es dabei belassen. Er hat sich total darüber aufgeregt dass ich kaum geantwortet hat aber ich hatte ihm auch erklärt, dass es nicht geht wenn ich am Morgen in die Schule gehe und abends in einem Restaurant arbeite.

Jetzt wo ich zurück bin, wird sich alles verändern. Ich werde anfangen einen Job zu suchen und ich werde wieder zu meinem Rudel gehören. Ob sie das noch wollen?
Als Blake gegangen war, war ich durcheinander und verletzt. Ich wusste nicht wie ich mit all dem umgehen sollte. Es wurde mir irgendwann zu viel und Royce fing an mir unter die Arme zu greifen. Zwar blieb all die Jahre alles still. Keine Jäger, keine Seelentreiber, nichts aber trotzdem mussten wir dafür Sorgen, dass alle was zu Essen bekamen, dass es keinen Streit gab und das alles unter Kontrolle blieb. Wir waren zwar schon lange keine Kinder mehr aber es war schwer wenn alle in einem Haus lebten. Es wäre einfacher wenn alle ihr eigenes zu Hause hätte aber niemand wollte da weg. Es war auch schön in so einer Gemeinschaft zu leben. Man wusste immer wen man fragen konnte und jeder war für einen da. Es war trotzdem ein wenig kompliziert.

Ich hatte mich mit dem Gedanken abgefunden, dass Blake weg ist. Ich meine, ich konnte ihm ja nicht ewig nach trauern oder? Außerdem habe ich mich daran erinnert, wie er mich immer behandelt hat und damit endgültig abgeschlossen. Es war leichter als ich gedacht hatte. Im Grunde waren meine Gefühle für ihn nicht wirklich da. Er hat mich einfach nur mit seiner Art benebelt und mir den Kopf verdreht. Ich war einfach so naiv.

Nun stand ich vor meiner Haustür. Vor dem Haus meiner Grandma und mir. Mit einem Lächeln sperrte ich auf und ging hinein. Der bekannte Geruch nach zu Hause stieg mir in die Nase.
Meine Koffer stellte ich achtlos in die Ecke und ging ins Wohnzimmer.
"Grandma?", rief ich durch das Haus und das Einzige was mir antwortete war mein Echo. Sie wusste doch, dass ich heute wieder komme oder?
Ich ging die Treppe zu meinem Zimmer nach oben. Es sah immer noch genauso aus, wie ich es verlassen hatte. Ja es lagen auch noch einige dreckige Klamotten rum. Ich war froh, dass meine Grandma nicht aufgeräumt hat. Ich hatte sie extra darum gebeten. Ich war alt genug, hatte aber nicht genug Zeit alles weg zu räumen.

Nach einer schnellen Dusche ging ich dann wieder nach unten und zog mich an. Sie war wahrscheinlich bei den Anderen und hatte nur den Tag vergessen. Mit zittrigen Beinen ging ich nach Draußen. Mein ganzes Körper brannte darauf sich zu verwandeln. Jede Faser meines Körper drängte mich dazu die Treppen schneller runter zu gehen und schnell wie möglich in den Wald zu gehen. Doch ich versuchte mich noch zurück zu halten und es langsam angehen zu lassen.

Als ich dann in der Mitte des Waldes stand, atmete ich tief durch und schloss die Augen. Ich rief zuerst die Gefühle in mir aus, die ich hatte wenn ich mich verwandelt hatte und dachte ich an meinen Wolf. An sein weißes Fell. An die Augen. An seine Statur. Und dann war ich schon er. Ich atmete den Geruch des Waldes tief ein und rannte drauf los. Meine Muskeln wurden sofort wieder weicher und ich flog förmlich durch den Wald und zu meinem Bedauern war ich dann früher dort, als ich es wollte.
Es war schön, dass das Haus mitten im Wald war, weswegen ich mit der Rückverwandlung solange wartete bis ich vor der Tür stand. Ich kramte nach dem Schlüssel und schloss auf. Wieder diese Stille. Verwundert ging ich nach Drinnen. Ich hatte sie alle gerochen aber ich hörte niemanden. Ich lief den Gang entlang und kam dann zum Wohnzimmer. Es war vollkommen dunkel obwohl draußen die Sonne schien. Ich tastete nach dem Lichtschalter und machte ihn an. Ich blinzelte einmal um wieder klar sehen zu können.

Back in the woods [Band 2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt