Kapitel 7

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POV Liam

Nachdem wir Corey nach Hause gebracht hatten, waren wir beide sofort ins Bett gegangen. "Du hast mir heute zwei mal das Leben gerettet", stellte ich fest. Ich blickte zu Theo, welcher nur an die Decke starrte. "Nein, ich habe dir lediglich geholfen, mehr nicht. Ich habe dir schonmal gesagt, dass ich nicht für dich sterben werde oder dich rette, wenn du willst kann ich dir es auch gerne nochmal sagen. Ich werde nicht für dich sterben oder dir das Leben retten." Bei den letzten Worten wendete er seinen Blick kurz zu mir. Kurz musste ich daran denken, als er sich im Krankenhaus beim Kampf gegen die Geisterreiter geopfert hatte, allerdings verdrängte ich diesen Gedanken wieder schnell. "Gut, dass das auf Gegenseitigkeit beruht", antwortete ich deshalb nur. Es fühlte sich wie eine Lüge an, obwohl ich mir sicher war, dass es die Wahrheit war. Oder versuchte ich mir nur einzureden, dass ich ihn nicht retten würde?

Nach einiger Zeit war ich endlich eingeschlafen, doch lange hielt dies nicht an. Mitten in der Nacht wachte ich plötzlich durch Theo, welcher sich hin und her wälzte, auf. Sein Herz schlug wie wild und sein Atmung war verschnellert. "Theo?" Ich setzte mich auf, rüttelte vorsichtig an seiner Schulter und wartete darauf, dass er aufwachen würde. "Theo, wach auf!", versuch ich es erneut. Plötzlich schlug er seine Augen auf und setzte sich mit einem Ruck auf. Sein Blick huschte schnell durch mein Zimmer, als würde er vergeblich nach etwas suchen. Sein Blick war ängstlich und seine glasigen Augen, welche im schwachen Licht glänzten, nicht zu übersehen. Nun blieb sein Blick an mir hängend, es wirkte fast als würde er aus seinem inneren heraus nach Hilfe schreien. "Egal was es war, es war nur ein Albtraum", sagte ich vorsichtig. Ein paar Sekunden starrte er mich noch immer an, bis er langsam zum Fenster blickte und den Mond betrachtete. Es sah fast so aus als würde er vergeblich versuchen die Tränen, die nur darauf warteten seine Wangen herunter zu laufen, zurück zu halten. Einen kurzen Moment war ich einfach nur überrascht und verwirrt zu gleich. Theo Raeken, kurz vorm weinen, sah man schließlich nicht alle Tage und eine Zeit lang, um genau zu sein bis zu diesem Moment, dachte ich sogar, dass er diese Gefühle gar nicht besaß. Klar, mir war schon seit den Geisterreitern bewusst, dass er sich geändert hatte, aber nicht in diesem Ausmaß.

"Theo, alles okay?", fragte ich. Einen Augenblick dachte ich er würde meine Frage ignorieren, doch als ich einen genaueren Blick auf ihn warf, konnte ich sehen, dass er leicht den Kopf schüttelte. "Was hast du geträumt?" Noch immer blickte Theo einfach aus dem Fenster. "Erinnerst du dich noch daran als wir uns im Krankenhaus vor den Geisterreitern verstecken wollten und ich kurz dachte ich wäre wo anders?" Er klang unsicher, außerdem konnte man deutlich heraushören, dass er die Tränen wahrscheinlich nicht mehr lange zurück halten konnte. "Ja klar, warum?", antwortete ich ihm. "Seit du mich zurück geholt hast, habe ich diese Albträume. Ich wache im Krankenhaus, in der Leichenhalle, auf. Nachdem ich aus dem Fach heraus geklettert bin, höre ich etwas und will aus dem Krankenhaus heraus, aber kurz vor der Tür steht sie vor mir mit aufgerissenem Brustkorb." Er schloss kurz seine Augen und musste sich zusammen reißen die Tränen noch zurück zu halten. Nachdem er einmal tief durchgeatmet hatte fuhr mit zittriger Stimme fort: "Sie steht vor mir und-... und reißt mir das Herz aus der Brust. Immer und immer wieder." Dass er von seiner Schwester sprach war klar, weshalb ich auch nicht nachfragte. Seinen Blick hatte er vom Mond abgewandt und starrte nun auf die Bettdecke. Sein Kiefer war angespannt und er zitterte. Noch nie hatte ich Theo so zerbrechlich und unsicher gesehen. Vorsichtig legte ich ihm eine Hand auf die Schulter und versuchte ihn etwas zu trösten. Nun schaffte er es nicht mehr die Tränen zurück zu halten. Immer mehr rollten seine Wange herunter. Seine Schultern bebten unter den unterdrückten Schluchzern, währende sich die Haare rauft. Ohne groß weiter darüber nachzudenken, rückte ich eine Stück näher zu ihm und legte meinen Arm um seine Schultern und zog ihn somit ein wenig mehr zu mir. Er zögerte, ehe er es richtig zu ließ und seinen Kopf an mein Schlüsselbein legte. Beruhigend strich ich ihm über die Schulter und flüsterte, dass alles gut sei. Einige Minuten saßen wir so da, bis Theo sich beruhigt hatte und sich langsam von mir löste. Etwas widerwillig ließ ich ihn los. "Danke", flüsterte er unsicher und schenkte mir ein kurzes, trauriges Lächeln. Ich erwiderte dies. "Leg dich hin und versuch noch was zu schlafen", schlug ich vor. Zögerlich nickte er und legte sich wieder hin.

Zu viele Gedanken schwirrten durch meinen Kopf, so dass ich nur an schlaf denken konnte. "Liam?", ertönte nach einer Weile dann Theo's Stimme. "Ja?" "Wenn du das irgendjemandem sagst bist du tot", sagte er. Hätte ich nicht seine Stimme gehört, hätte ich glatt gesagt, dass er wieder der alte war, aber dieser kleine Funken Unsicherheit und der noch immer nicht über hörbare Schmerz, überzeugten mich vom Gegenteil. "Dann müsste ich auch erzählen, dass ich mit dir Mitleid hatte und das werde ich nicht", erwiderte ich. Mittlerweile hatte sich Theo auf den Rücken gedreht und starrte an die Decke. "Kannst du nicht schlafen?", fragte ich nach einer Weile als ich bemerkte das Theo noch immer die Decke anstarrte. "Oder willst du nicht?", fügte ich noch hinzu. "Eine Mischung aus beidem", sagte er. "Du musst schlafen, gerade jetzt, wo die Jäger wieder kurz vorm Angriff sind brauchst du Energie", meinte ich und schaute ihn an. Noch nie seitdem ich Theo kennen gelernt hatte, tat er mir so leid oder bereitete mir Sorgen. Es hatte sich etwas verändert. Unbewusst hatte ich angefangen Theo zu mögen. "Ich weiß..." Nach seinen Worten war es kurz ruhig, ehe er seinen Kopf langsam zu mir drehte und mich anschaute. Sein Herz fing wieder an etwas schneller zu schlagen, er war nervös. "Kann... kann ich was ausprobieren?" Verwirrt blickte ich ihn an. "Was denn?" Kurz zögerte er noch, ehe er zu mir herüber rutschte. Nun schlug auch mein Herz schneller. So schnell konnte ich gar nicht gucken, da hatte er sich schon zu mir gelegt. Seinen Kopf auf meiner Brust. So gut wie möglich versuchte ich mich zu beruhigen damit mein Herzschlag langsamer wurde, doch so recht wollte mir das nicht gelingen. Ich wusste nicht was ich davon halten sollte. Ich war verwirrt und überrascht von dieser ungewohnten Situation, aber trotzdem schien ein Gedanke in meinem Hinterkopf lautstark zu rufen, dass ich mich einfach nicht bewegen und den Moment genießen sollte. Gerade als ich etwas sagen wollte meinte Theo sofort: "Halt die Klappe und sag einfach nichts." Und ich tat es. Ich brachte kein Wort heraus, allerdings nicht, weil Theo es gesagt hatte, nein. Ich sagte nichts, weil mein inneres es mir Verbot, aus der Angst, dass er sich dann von mir entfernen würde.

THIAM - Love and fight.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt