18th Kiss

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18th KISS

... oder als ich mal wieder Geburtstag hatte

Ist der siebzehnte Geburtstag etwas besonderes?

Diese Frage stelle ich mir, als ich mit einem Gesangschor à la meiner Familie am Freitagmorgen geweckt werde. Stöhnend verstecke ich den Kopf unter meinem Kissen, um meine Ohren vor ihrem schiefen Trällern zu schützen.

»Herzlichen Glückwunsch, mein Engel«, spricht meine Mom noch einmal, nachdem sie das Lied beendet haben und zieht das Kissen von meinem Kopf, nurum es direkt zu meinen Füßen zu schleudern.

Dann kommt mein Vater und streicht mir über den Kopf, als sei ich ein Tier, was Liebe benötigt. »Noch ein Jahr und du kannst endlich ausziehen«, flüstert er erfreut.

Sofort reiße ich die Augen auf und schaue ihn empört an. »Dad!«

Entschuldigend grinst er. »War ein Spaß, ich bin doch wieder da.«

Ich schlage mir die Hände vors Gesicht und frage mich, ob ich diese unlustigen Scherze wirklich verdient habe. Ich glaube, nein. Aber das habe ich ja ganz offensichtlich nicht zu entscheiden.

Als mein Bruder auf das Bett zutritt und mich anlächelt, rechne ich schon damit, dass ich dieses Jahr damit verschont werde. Doch sein Lächeln verwandelt sich in ein hinterlistiges Grinsen und so weiß ich, dass meine Gedanken wirklich eine Utopie waren.

Schwungvoll springt Ben auf mich drauf und vergräbt mich unter seinem großen Körper. »Alles Gute, kleine Schwester«, ruft er neckend aus und strubbelt mir durch die Haare.

»Ben!«, schreie ich erschrocken und strampele mit den Füßen, weil ich sonst nichts anderes bewegen kann. Meine Eltern stehen nur da und lachen. »Geh runter von mir. Du machst mich zur Flunder.«

Widerwillig lässt er von mir ab und lacht sein schlimmstes Lachen, was ich von ihm kenne. Laut und nervig. »Bleib ruhig, sonst weckst du noch die Seesterne auf.«

Ich verdrehe die Augen und setze mich hin. Bereit für den heutigen Tag. Bereit für meinen siebzehnten Geburtstag.

. . .

Ein Grund, warum Olivia und ich beste Freundinnen sind, ist ganz klar, dass wir im selben Alter sind. Unsere Mütter fanden es wohl cool, gleichzeitig schwanger zu werden. Gleichzeitig in den Wehen zu liegen und amgleichen Tag ihr Kind zu bekommen. Das wiederum macht Olivia und mich irgendwie zu Zwillingscousinen.

Wären wir auch genau zur gleichen Zeit geboren, wäre das schon ziemlich erstaunlich. Doch Olivia ist ganze vier Stunden älter als ich. Aber wen interessiert das?

Von Weiten erkenne ich meine Cousine mit einer Sonnenbrille im Gesicht an der Bushaltestelle stehen, während sie auf ihrem Handy herumtippt.

Und weil sie nicht aufschaut und wir so nicht unsere typische Gratulation vollziehen können, schreie ich einmal laut ihren Namen, damit sie aufblickt.

Tatsächlich hört sie mich, woraufhin sie ihr Handy wegsteckt und sich ein riesiges Lächeln in ihrem Gesicht ausbreitet. Mit großen Schritten hüpft sie auf mich zu. Als wir nach wenigen Sekunden voreinander stehen, zücken wir unsere Glitterkanone, ziehen an dem Band und lassen buntes Konfetti über uns regnen, während wir wie zwei Gestörte lachen.

»Happy Birthday«, sagen wir dann gleichzeitig und erdrücken uns mit einer Umarmung, sodass ich keine Luft mehr bekomme und ich sie von mir schiebe.

»Okay reicht«, schnappe ich nach Luft. »Du kriegst einmal im Jahr Liebe von mir, Olivia. Presse nicht alles auf einmal aus mir heraus.«

Olivia zieht eine Schnute und setzt sich die Sonnenbrille ab. »Dann gehe ich mir die Liebe halt woanders suchen.«

Blind KissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt