28th Kiss

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28th KISS

... oder als ich einen gewaltigen Fortschritt machte

Der gestrige Abend hat sich nicht weiter als besonders erwiesen. Es kann aber auch sein,dass ich das nicht mitbekommen habe, da ich zu beschäftigt damit war, Kian und Levin aus dem Weg zu gehen. Nach der Sache in der Eisdiele war mir die Nähe zu ihnen etwas zu heikel. Klar, ist es möglich, dass keiner von den beiden mit mir in der Kammer war und ich mache mir umsonst so viele Gedanken. Aber genau so ist es auch möglich, dass einer von ihnen der Junge ist, den ich geküsst habe. Und ich will verdammt sein, wenn es Levin gewesen ist.

Olivia hat mehrmals das Gespräch mit mir gesucht. Ihr ist es offensichtlich aufgefallen, dass ich mich zurückgezogen und die Schnauze gehalten habe. Aber ich habe mich definitiv nicht in der Lage gefühlt, mich normal an Konversationen zu beteiligen, wenn ich vor ein paar Stunden noch unter Schock dachte, ich habe den Kammertypen gefunden. Und dass ich ihn kenne. Und mit ihm rede.

Aber mittlerweile verschwinden die aufbrausenden Gedanken zurück in ihre Hinterkammern, sodass ich mich langsam wieder unter Kontrolle befinde. So weit es eben geht.

Ich packe ein großes Handtuch in meine Tasche, binde mir eine Strickjacke um und schaue ein letztes Mal in den Spiegel. Irgendwie weil es Angewohnheit ist.

Heute Morgen haben wir als Gruppe entschieden, den Abend am See zu verbringen. Wir werden Grillen, ein kleines Feuer machen und hoffentlich Marshmallow garen. Nicht umsonst habe ich zwei große Packungen mitgebracht. Ausnahmsweise habe ich es auch nicht auf Hailey abgesehen. Denn die hat mich seit gestern Morgen nicht mehr ansehen. Aber mir ist das recht – ein Problem weniger, um das ich mich kümmern muss.

Olivia ist schon lange fertig, weshalb sie auch schon mit den Jungs zum See spaziert ist. Da das kein Weg von Kilometern ist, ist das völlig okay, wenn ich alleine nachkomme.

Ich stampfe die Treppenstufen herunter, summe vor mich hin und höre abrupt auf, als ich leise Schritte vernehme. Verwirrt ziehe ich die Augenbrauen zusammen. Eigentlich sollte sich im Haus kein Mensch mehr aufhalten. »Hallo?«, rufe ich dann in den großen Raum hinein und lausche aufeine Antwort.

Doch natürlich kommt keine. Na super. So beginnt jede gruselige Szene in Horrorfilmen. Aber da ich aus eigener Erfahrung weiß, dass das Leben kein alberner Film ist, verdrehe ich seufzend die Augen und marschiere quer durch das Wohnzimmer, um durch den hinteren Flur zulatschen und wieder zu lauschen.

Ich höre erneut dumpfe Schritte auf dem alten Holz und ein kleines Schnaufen, gefolgt von einem Rascheln. Irritiert schreite ich weiter vor, luge um die erste Ecke ins Gästezimmer herein und stelle fest, dass dieser Raum leer ist. Mein Blick schweift den weiteren Flur entlang. Alle Türen sind geschlossen, bis auf die Letzte am Ende.

Eigentlich habe ich damit gerechnet, dass sich schon alle am See aufhalten. Dass hier doch noch jemand rumläuft, überrascht mich. Das ist vermutlich auch der Grund, warum ich weiter laufe. Bis ich am Ende des Flurs ankomme und nur noch um die Ecke schauen muss, um zu wissen, mit wem ich es hier zu tun habe.

Ich räuspere mich, während ich noch einen Schritt vortrete und ins Zimmer sehe. Mein Mund öffnet sich, weil ich so was sagen will wie »Was machst du noch hier?« oder »Selbst Hailey ist schneller als du«. Aber alles, was dann meinen Mund verlässt, ist zischende Luft. Als hätte ich mich verbrannt.

Kian steht mit dem Rücken zu mir. Ohne Shirt. Die nackte Haut seines Oberkörpers ist leicht gebräunt und die Muskeln, die sich von seinen Oberarmen über seine Schulterblätter und weiter herunter ziehen, zucken attraktiv bei jeder seiner Bewegungen. Die nassen Haarspitzen, die sich in seinem Nacken treffen, rufen in mir das Bedürfnis hervor, sie mitmeinen Fingern voneinander zu trennen.

Blind KissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt