Kapitel 2

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Kapitel 2:
~p.o.v Chanyeol~
Ich lag in Seesternposition in meinem Bett und starrte mit leeren Augen an die Decke, während meine Gedanken kreisten. Allerdings kreisten sie immer nur um ein Thema wie die Planeten um die Sonne- ich dachte nur an den Kleinen von heute morgen. Er war arm, das sah man ihm an, aber nur weil man arm war, waren noch lange nicht alle hässlich. Der Kleine war extrem hübsch gewesen, das erkannte man sogar, obwohl seine Kleidung total heruntergekommen war. Wie sähe er dann erst in teurer Kleidung aus? Bei der Vorstellung von ihm in einem Festgewand musste ich lächeln. Das musste zu knuffig aussehen. Und ich wusste, dass ich für Aussenstehende dümmlich und völlig ohne Grund die Decke anlächelte. Als wäre ich entweder irre oder total verknallt. Dabei war ich nichts von beidem. Mir gefiel einfach nur die Vorstellung von dem Hübschen mit schicker Kleidung. Warum dachte ich überhaupt darüber nach? Ich hatte ihn heute doch nur kurz gesehen. Egal, was einem gefiel, stellte man nicht in Frage. Obwohl, ich musste gerade mein Gehirn in Frage stellen, da ich den Kleinen nicht nach seinem Namen gefragt hatte. Ich ließ meine Stirn Bekanntschaft mit meiner Handfläche machen und seufzte genervt über mich selber auf. Was hatte er eigentlich in dieser Gasse gemacht? Er saß auf dem Boden, die Augen geschlossen und zitterte wie verrückt. Das war doch nicht normal! Der Kleine sah ziemlich verängstigt aus, als ich ihn gefunden hatte. Was bitte war passiert? Wieder seufzte ich, dieses Mal allerdings vor Frustration, da ich ihn auch nicht mehr fragen konnte. Ich würde ihn nie wieder sehen. Aber dennoch ließ mich die Frage nicht los, was hübsche, kleine Jungs in verlassenen Gassen verloren hatten.

"Prinz Chanyeol?", hörte ich eine zaghafte Stimme und öffnete die Augen, die ich zwischenzeitlich geschlossen hatte. "Mhm", brummte ich und hob den Kopf an, um zur Tür sehen zu können. Es war mein Diener Jongdae. "Die Königin befahl mir, euch Bescheid zu geben. Sie wünscht, dass ihr mit eurer Familie speist.", antwortete Jongdae und ich nickte dankbar, erhob mich und sah zu einem Spiegel. Ein paar Mal fuhr ich mir durch die schwarzen Haare um sie in Ordnung zu bringen. Mit mäßig Erfolg, aber das war mir dann auch egal. Ich stapfte an Jongdae vorbei und in Richtung Speisesaal, während er mir hinterher dackelte.

Dort wartete meine Familie schon. Mein Vater blickte mir in der üblichen Kälte entgegen, genauso wie meine Mutter. Die einzige Person, die mich freundlich anlächelte, war mein Bruder Jongin. Ich lächelte zurück und warf meinen Eltern den gleichen Blick zurück, den sie auch drauf hatten. Was soll ich sagen? Wie es in den Wald hineinhallt, so hallt es auch wieder raus. Leise seufzend setzte ich mich neben Jongin an die lange Tafel. Mein armer Bruder musste gegenüber von dem Eiszapfen, oder unserer Mutter sitzen. Sie war einfach gefühlskalt. Na gut, unser Vater war nicht besser. Aber ich musste ja weder Mutter, noch Vater gegenüber sitzen, da Vater am Ende der Tafel saß und uns grimmig anstarrte. Ungeduldig wartete ich auf unser Essen und zeigte dies auch, indem ich mit dem Fuß auf- und ab wippte. Meine Mutter warf mir einen missbilligenden Blick zu. Natürlich, von einem Thronfolger erwartete man ja mehr, als Ungeduld. Ich rollte unauffällig mit den Augen und sah genervt drein. Durfte ich demnächst auch nicht mehr schneller atmen? Jeder Schritt, jede kleine Handbewegung, jede Gesichtsregung musste wohl erzwungen und genau durchdacht werden. Zumindest war das noch untertrieben, nach dem Aufstand, den meine Eltern drum machten. Es war die totale Kontrolle. Und das ganze nur, weil ich in weniger als einem Monat meinen Achtzehnten feierte. Mal im Ernst, was sollte das ganze Drama? Ich kassierte wieder nur abfällige Blicke und Kopfschütteln auf meinen Gesichtsausdruck hin. Ich seufzte gequält auf und erntete einen mitleidigen Blick von Jongin. Er hatte es gut, er war frische Sechzehn, wurde in etwas mehr als drei Monaten Siebzehn. Es war doch unfair, dass ich nun so kontrolliert wurde in der kurzen Zeit, in der ich mehr kontrolliert werden würde, als mein Bruder in seinem ganzen Leben. Ich war der Ältere, Größere und Thronfolger. Er konnte sich aussuchen, was er aus seinem Leben machte. Ich nicht. Irgendwann einmal müsste ich das Reich regieren. Allein bei dem Gedanken wurde mir schlecht und ich hätte mich am liebsten übergeben. Doch das gehörte sich ja nicht für den Prinzen. Es wurde immer an die Ehre der Familie gedacht, nie an unsere Gefühle. Jongin und ich waren, als wir noch sehr klein waren, oft bei unseren Eltern gewesen, wenn es uns schlecht ging, wurden aber immer kalten Blickes weggeschickt. Irgendwann hatten wir dann gecheckt, dass wir bei unseren Eltern mit Gefühlen nicht weiterkamen, geschweige denn bei Krankheiten. Also waren wir immer gegenseitig zu uns gekommen und hatten uns ausgeheult, beziehungsweise uns gekümmert. Wir hatten viel geweint, ob der Kälte unserer Eltern oder ihre Strenge, oder ihrer Kontrolle, egal, was es war, es war oft irgendeiner dieser Gründe. Jongin war einmal in ein Mädchen verliebt gewesen, das allerdings nicht von Adel war. Als er es unseren Eltern gebeichtet hatte, war unser Vater das erste mal handgreiflich geworden. Er hatte ihm die flache Hand einmal durchs Gesicht gezogen, so heftig, dass man den Abdruck nach zwei Wochen immernoch sehen konnte. Die Nacht hatte Jongin sich bei mir ausgeheult. Wirklich, die ganze Nacht hatte ich sein Jammern ertragen müssen. Gut, so schlimm war es jetzt auch nicht, aber er hatte mir so Leid getan, dass es für mich unerträglich war, ihn so zu sehen. Das war der Tag, an dem ich begann, unseren Vater zu hassen. Nur weil Jongins Liebschaft nicht adlig war, hatte er ihn geschlagen und ihm verboten, dieses Mädchen je wieder zu sehen. Da war er fünfzehn gewesen. Er war darüber hinweg, hatte er mir erzählt und mir verschmitzt grinsend mitgeteilt, dass sie noch befreundet waren. Was sollte ich sagen? Ich war stolz auf meinen Bruder, dass er sich nicht unterdrücken ließ und nach seiner Nase handelte.

Lucky One- Chanbaek- EXOWo Geschichten leben. Entdecke jetzt