Chapter Nine

645 70 33
                                    

Manus Sicht

Diese komische Tante vom Jugendamt, neben ihr ein ebenso komischer Typ mit Halbglatze und genervtem Gesichtsausdruck, stand vor mir und musterte mich kurz und wenn ich mich nicht irrte, mit einem abwertenden Ausdruck im Gesicht. Dieser war aber ziemlich schnell verschwunden, als die Frau bemerkte, dass ich sie ansah.

,,Na Manuel, ich hoffe du hast schon alles wichtige gepackt. Wir sind hier um dich abzuholen!"

Abholen? Gepackt?

Nein und nochmal nein! Ich hatte ganz bestimmt nicht vor mit denen mitzugehen. Das konnte sie sich schön abschminken, genauso wie ihren hässlichen Eyeliner. Wer hatte den bitte gemacht?

Zuerst hatte ich noch einen winzigen Funken Hoffnung, dass das alles nur ein mieser Scherz war und ich nicht in ein Heim musste. Doch nun standen sie hier vor mir und schienen echt von mir zu erwarten, das Haus, in dem ich meine gesamte Kindheit verbracht hatte, und all die Erinnerungen an meine Mutter zurückzulassen. Das konnten sie doch nicht machen. Ich werde hier nicht weggehen.

Plötzlich wurde ich grob an der Hand gepackt und aus meinen Gedanken gerissen. Der Typ mit der Halbglatze stand nun ganz nah bei mir und drückte mein Handgelenk so stark, dass es schon ziemlich weh tat. Ich fühlte mich unfassbar winzig neben ihm. Zudem versuchte er anscheinend gerade, mich mit seinen Blicken zu durchbohren und baute sich bedrohlich vor mir auf. Er beugte sich zu meinem Ohr, sodass sein stinkender Atem gegen meine Haut prallte.

,,Hast du sie nicht gehört? Wir sind hier um dich abzuholen, also beweg deinen Arsch und hol deinen Koffer! Aber zackig, ich hab besseres zu tun als auf so einen kleinen Freak wie dich zu warten."

Damit ließ er mich los und schubste mich gegen die Wand, sodass mein Hinterkopf gegen den harten Stein prallte. Schmerzerfüllt zischte ich auf und fuhr mit meiner Hand zu der Stelle, die später noch einer großen Beule zieren wird. Was hatte der Typ bitte für ein Problem?

Da ich mich jetzt besser nicht mit dem Mann, der bestimmt zwei Köpfe größer war als ich und bestimmt dreimal so viel auf die Waage brachte, anlegen wollte, drehte ich mich mit Schwung um und stieß direkt auf das nächste Hindernis.

Felix.

Der etwas versteckt hinter einer Pflanze das eben Geschehene mit großen Augen verfolgt hatte.

Was er wohl gerade denkt? Seiner Miene nach zu urteilen war er ziemlich geschockt. Naja, wer erwartete auch, dass Menschen, die beim Jugendamt arbeiten und eigentlich nett zu den Kindern sein sollte, zu so etwas fähig waren.

Wobei ich mir nicht so sicher bin, was der fette Glatzkopf beim Jugendamt verloren hatte. Wer auch immer den eingestellt hatte, besaß ein furchtbares Einschätzungsvermögen.

Wie auch immer. Ich hatte im Moment wirklich größere Probleme.

,,Felix, bitte geh jetzt." Auch wenn mein ganzer Körper danach schrie, in dieser Situation nicht alleine mit diesen Menschen zu sein, wollte ich ihn da nicht unnötigerweise mit reinziehen.

,,Abe-..", wollte er sich mir widersetzten, unterbrach sich jedoch sofort, als er meinen entschlossenen Gesichtsausdruck sah. Ich würde meine Meinung nicht ändern, selbst wenn mein ganzer Körper vor Angst zitterte. Und das wurde ihm gerade bewusst.

,,Bitte pass auf dich auf."

,,Keine Sorge, so schnell wirst du mich nicht los", lachte ich, um die angespannte Stimmung etwas aufzulockern. Felix jedoch schien an meiner Aussage zu zweifeln, denn er warf mir nur ein schwaches Lächeln zu, ehe er sich mit bedrückter Miene umdrehte. Bevor er jedoch zum Gehen ansetzen konnte, zog ich ihn an der Schulter zurück und schloss meine mit Gänsehaut überzogenen Arme um seine Brust. Keine Sekunde später spürte ich seinen starken Griff um meinen Oberkörper, der mir den Halt gab, den ich in diesem Moment dringend nötig hatte.

,,Ich meld mich, wenn die ganze Scheiße hier endlich vorbei ist", nuschelte ich leise in den Stoff seines Shirts, damit nur er es hören konnte. Ein heiseres Lachen entfloh ihm, was seinen Brustkorp vibireren ließ.

Nachdem wir noch kurze Zeit in dieser Position verweilten, lösten wir uns lächelnd und ich verabschiedete mich von Felix, indem ich ihn noch bis zur Haustür begleitete. Wenige Schritte später standen wir neben den zwei Leuten vom Jugendamt und umarmten uns noch kurz zum Abschied. Das wir dabei wütende und genervte Blicke von der komischen Tusse und dem fetten Typ zugeworfen bekamen, interessierte uns herzlich wenig.

Erst als Felix weg war und der Mann mit der Halbglatze mich mit einem lauten ,,Beeilung!" wieder ins Haus schubste, kam all die Angst und Unsicherheit wieder hoch. Ich wollte hier nicht weg und vorallem nicht mit diesen Menschen.

Um weitere Zusammenstöße mit dem fetten Glatzkopf zu vermeiden, schlich ich mit hängendem Kopf in mein Zimmer. Dort holte ich meinen Koffer aus einer Ecke und schmiss wahllos irgendwelche Dinge in ihn. Für den Fall, dass ich doch für längere Zeit ins Heim musste, steckte ich noch einige alte Bilder von meiner Mutter in den Koffer.

Als ich alles wichtige mit hatte und der Koffer bis zum Platzen mit Bildern und Klamotten gefüllt war, schloss ich ihn und zog ihn hinter mir aus meinem Zimmer.

Ich hoffte wirklich, das diese ganze Scheiße, die mein Leben momentan unfassbar prägte, bald vorbei sein wird und dann endlich etwas Normalität einziehen kann.

Das ich darauf noch ziemlich lange warten musste, war mir in diesem Moment noch nicht ganz bewusst.

Was haltet ihr von Felix?

Wie würdet ihr in so einer Situation handeln?

Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen, auch wenn ich nicht ganz zufrieden damit bin.

Feedback gerne in die Kommentare

[909 Wörter]

Stay 2 [Kürbistumor] ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt