Manus Sicht
Schnaufend stieß ich eine halbe Stunde später die angelehnte Haustür mit der Schulter auf und ließ die schweren Einkaufssäcke einfach auf den Boden fallen. Bevor ich mithilfe von Micha die Lebensmittel in der Küche verstaute, schloss ich noch schnell die Tür.
,,Woher hast du jetzt das ganze Geld?", fragte ich meinen besten Freund beiläufig, während ich ihm die Tiefkühlpizzen reichte, die er im Tiefkühlfach verstaute. Kurz hielt Micha in der Bewegung inne. Langsam drehte er sich zu mir um und seufzte.
,,Geerbt." Seine Tonart ließ darauf schließen, dass er nicht weiter auf das Thema eingehen möchte. Verständnisvoll verdrängte ich die Neugierde in mir und hielt vorerst den Mund. Ich konnte ihn verstehen, schließlich sprach ich mit ihm auch kaum über meine Vergangenheit, abgesehen von Patrick. Wir lebten beide im Hier und Jetzt und ließen das damals Geschehene ruhen.
,,Manu?", murmelte mein Mitbewohner, wobei sein Kopf halb im Kühlschrank verschwunden war. Als Zeichen, dass ich ihm zuhöre, gab ich ein bestätigendes Brummen von mir, während ich nebenbei die verschiedenen Schokoladentafeln in ein Regal räumte.
,,Dir ist doch klar, dass du ab morgen wieder in die Schule musst, oder? Ich kann dich nicht ewig entschuldigen."
Schule. Die gab es ja auch noch.
Seit dem Verschwinden von meinem Engel hatte ich die Schule erfolgreich gemieden und als dann Micha hier einzog, hatte er mich für mehrere Tage von dieser freigestellt. Irgendwie hatte ich gehofft, nie wieder dort hingehen zu müssen. Aber mal wieder wurde auf meiner Hoffnung herumgetrampelt.
Mit einem lauten Seufzen ließ ich mich auf den Holzstuhl, der am Esstisch in der kleinen Küche stand, fallen und schmollte.
,,Fang ja nicht an zu schmollen", jammerte Zombey, der immer noch mit dem Rücken zu mir stand und eigentlich nicht wissen konnte, dass ich das bereits tat. Mit hervorgeschobener Unterlippe verschränkte ich mal wieder meine Hände vor der Brust und setzte meinen besten Hundeblick auf.
Als sich Micha nach kurzer Zeit zu mir umdrehte, blickte er mir geradewegs ins Gesicht. Fast sofort konnte ich sehen, wie seine Gesichtszüge weicher wurden und seinen blauen Augen kurz aufschimmerten. Bevor ich jedoch mein Ziel erreichen konnte, schüttelte er seinen Kopf und drehte sich wieder um.
,,Diesmal fall ich bestimmt nicht darauf rein. Du wirst morgen zur Schule gehen, Punkt."
Enttäuscht warf ich meinen Kopf in den Nacken und seufzte. Das hieß dann wohl, morgen wird mein Leben mal wieder zur Hölle. Wieso verstand Micha mich auch nicht. Obwohl ich ihm nie von meinen Problemen in der Schule erzählt hatte, musste er doch irgendwie einsehen, dass es einen Grund gab, wieso ich da nicht hin wollte.
Andererseits gab es dort auch noch Felix. In den letzten Wochen hatten wir uns zwar nicht mehr gesehen, geschrieben hatten wir uns jedoch beinahe jeden Tag. Er hatte mir gefühlt tausend mal versichert, dass er das mit der Entschuldigung ernst meinte, da ich anfangs kaum auf seine Fragen eingegangen war. Irgendwie fühlte es sich anfangs falsch an, etwas von mir preiszugeben. Mit der Zeit stellte sich jedoch heraus, dass Felix eigentlich richtig nett war und angeblich auch keinen Kontakt mehr zu Sebastian hatte.
Zu große Hoffnungen wollte ich mir vorerst aber nicht machen.
,,Wie wärs, wenn du schon mal alles für morgen packst und ich uns währenddessen etwas leckeres zu essen zaubere?", riss mich Micha mit seiner fröhlichen Stimme aus meinen Gedanken.
,,Da musst du aber wirklich zaubern können, ansonsten wird das mit dem lecker nichts", entgegnete ich frech, bevor ich die Küche verließ und in mein Zimmer ging.
In Gedanken versunken sammelte ich meine Schulsachen zusammen und stopfte sie in einen Rucksack, den ich wenig später neben meinem Schreibtisch abstellte. Danach wollte ich mich noch kurz in mein Bett legen und etwas vor mich hindösen, bis mein bester Freund und Mitbewohner meine Pläne mit einem lauten ,,Essen ist fertig" durchkreuzte und mich somit zurück in die Küche lockte.
Dort schlug mir der köstliche Geruch einer frischen Lasagne entgegen und den Duft einsaugend setzte ich mich auf einen der vier Holzstühle. Gierig fand ein großes Stück seinen Platz auf meinen Teller und ohne auf Micha zu warten, begann ich zu essen.
,,Seit wann kannst du bitte kochen", kicherte ich, nachdem ich mir den Bauch vollgeschlagen hatte. Zombey jedoch aß noch und warf mir nur einen belustigten Blick zu.
Den restlichen Tag verbrachten wir damit, zusammen auf der Couch zu liegen und einen Harry Potter Filmmarathon durchzustehen.
Müde und mit geröteten Augen schaltete ich den Fernseher aus und blickte traurig zu Micha, der neben mir saß und sich die letzten Schokostücke in den Mund schob.
,,Warum musste Dobby sterben? Oder Fred? Das ist doch alles unfair!", wisperte ich mit Tränen in den Augen, da meine Lieblingscharaktere gestorben sind.
Micha beobachtete mich mit einem belustigten Schmunzeln auf den Lippen, bevor er aufstand und sich vor mich stellte.
,,Wir gehen jetzt schlafen und du lässt die beiden in deinem Traum weiterleben, Deal?", kicherte der Blauäugige und streckte eine Hand nach mir aus. Schon halb im Traumland nickte ich und ließ mich von ihm hochziehen.
Kurze Zeit später plumpste ich in die weiche Matratze und versteckte mich unter der Decke. Gähnend kuschelte ich mich in diese und schlief ungewöhnlich schnell ein. Da meine Gedanken sich hauptsächlich um die Harry Potter Reihe drehten, blieb kein Platz mehr für Patrick oder die Schule.
Wie bereits angekündigt, ein etwas kürzeres Kapitel. Hoffe es gefällt euch trotzdem.
Und ja, im nächsten Kapitel wird Manu wohl wieder in die Schule müssen. Was denkt ihr, wird dort alles auf ihn zukommen?
Feedback gerne in die Kommentare
[915 Wörter]
DU LIEST GERADE
Stay 2 [Kürbistumor] ✅
FanfictieFortsetzung von Stay [Kürbistumor] Als Patrick seinen Auftrag erfüllt und die Erde verlassen hatte, ließ er Manu ganz alleine zurück. Dieser fühlte sich zu dieser Zeit einsamer als je zuvor. Zudem kommen viele Hindernisse auf ihn zu und Manu weiß ni...