twenty-three

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lieber sascha,
sowas zu schreiben ist echt kitschig. aber ich muss das einfach mal machen, weisst du? es ist alles so

"Ah fuck", murmelte Ich resigniert und zerknüllte das Papier vor mir. Es landete prompt in den Mülleimer und ich schlug die Hände über meinen Kopf zusammen.

In den letzten Wochen war alles ein wenig leichter geworden. Sky ist nun offiziell meine beste Freundin, Sascha unternahm nurnoch Sachen mit Kim und meldete sich nicht mehr (weder bei mir, Barid, Shpendi, Nico oder seinen anderen Freunden. Und ja, wir hatten nachgefragt), ich hatte einen kleinen Kurzfilm abgedreht und das Café lief gut.

Das was nicht gut lief, war ich. Mein Kopf kreiste die ganze Zeit um ihn, ich träumte von uns im Wasser, seine Hände an meiner Hüfte und seinen Lippen auf meinen. Jedesmal wenn mein Handy ertönte, hoffte ich, er wäre es. Jedes Türklopfen ließ mich hoffen er würde dort stehen und sagen "Ich weiß es jetzt.".
Er musste mich nicht unbedingt lieben, mein Gott, dann wäre es eben so. Aber diese Ungewissheit, dieses ich weiß es nicht. Es brachte mich um.

Es ging mir schlechter und er wusste das. Er hatte meine Wunden gesehen, meine Narben, war dabei als die Therapie anfing und als ich sie eigentlich Erfolgreich beendete. Natürlich war er nicht der Grund wieso ich einen rückfall erlitt, das würde ich ihm nie auferlegen. Aber es wurde einfach zuviel und in solchen Momenten machte man dumme Sachen.
Seufzend schob ich mich vom Schreibtisch weg und schaute mich in meinem Schlafzimmer um.
Es sah aus wie Scheiße.
"Mal wieder aufräumen, hm?", sagte ich zu mir selber und stand im selben Moment auf. Das wäre eine andere Baustelle, zuerst wollte ich diesen Brief fertig bekommen. Aber davor eine Rauchen.
Ich schnappte mir Zigaretten, Feuer und mein Handy und setzte mich auf meine Fensterbank. Kurz danach brannte meine Kippe und ich blies den Rauch aus meinem Mund. Es faszinierte mich jedesmal in welche Richtungen er aufstieg und wie er es tat. Irgendwie entspannte mich das. Mein Blick glitt auf mein Handy und traurig musste ich feststellen dass keine Nachricht darauf angezeigt wurde. Von wem auch? Es interessierte sich doch eh niemand für mich.

Stop.

Bevor mich solche Gedanken einholten schüttelte ich sie ab und verbrachte meine Zeit auf Instagram. Sascha hatte ein neues Bild hochgeladen. Es war aus seiner Dusche und mit einer Taucherbrille und ich musste herzhaft loslachen als ich es sah. Sofort wurde es gescreenshottet und ich kommentierte.

@junebrahms: freshes bild oida #duschenistnureinmalimjahrbeidir

Nach der veröffentlichung sprengte mein Instagram förmlich. Es gab hunderte Herzen und Replys - war irgendwie logisch. Man kannte mich als Saschas Beste Freundin (wobei ich mir mal wieder nicht sicher war ob ich das noch bin) und von seinen Videos sowieso. Grinsend sperrte ich mein Handy und als ich aufgeraucht hatte, ging ich wieder in mein Schlafzimmer. Der Brief wartete immer noch und ich wollte ihn unbedingt noch hinkriegen. Anders wusste ich mir selber nicht mehr zu helfen, denn mit ihm zu reden schaffte ich nicht. Zumindestens dachte ich das und bevor ich vor Sascha in Tränen ausbrach, schrieb ich es lieber. Ich ließ im Hintergrund Musik laufen und widmete mich ganz und gar dem Blatt Papier vor mir. Nach kurzen Überlegungen wusste ich dann ein wenig was ich schreiben würde und begann.

hey, saschli.
ich weiß noch wie du es gehasst hast als ich dich in der oberstufe immer so genannt habe. oder in der grundschule. oder mittelstufe. du fandest es immer scheisse und ich unendlich lustig. aber errinerst du dich, kurz bevor du mit kimberly zusammen gekommen bist, wie ich dich so nannte und du mir sagtest, "halt mal kurz dein maul, june". du hast es schroff gesagt. nicht aus spass oder weil es eben so war, sondern du hast es ernst gemeint. und damit hast du mir mein herz gebrochen. ein mal von vielen. ich war die nacht weg, habe geweint und mich irgendwie fast in den tod gesoffen und weißt du wer nicht da war? mein bester freund seit immer. du.
herzbruch nummer 2 in dieser zeit.
als ich meinen autounfall hatte, war jeder da. du auch, das stimmt, aber wie lange? 2 stunden? und das erste mal versetztest du mich. wegen ihr.
herzbruch nummer 3.
und das beste ist auch, ich verzieh dir. sooft. so viel. weil ich in dich verliebt bin und meine gefühle stärker sind als alles andere. ich hab damit leben können, du liebtest mich nicht. okay. aber dann kam der strand.
ich fühlte mich so wohl in deinen armen und alles war einfach okay, als du mich geküsst hast. ich hatte die eier in der hose um dir zu sagen "hey, ich liebe dich". und was machst du, my love?
"ich weiß es nicht"
herzbruch nummer 4.
es gab so viel mehr und ich habe dich jedesmal laufen lassen, im übertragenen sinne. ich erwarte nicht, dass du mich liebst. das tu ich wirklich nicht. von mir aus können du und kim auch heiraten, solange du glücklich bist, bin ich das auch. ich bin schließlich deine beste freundin, nicht war?
ach nee, warte. da ist kim ja jetzt auch wichtiger, stimmts? ich meine, wer braucht seine besten freunde. du tust uns allen, mir, barid, shpendi und vorallem nico so weh mit dem, was du tust.
keine nachrichten, kein nichts.
aber das ist eine andere sache. ich will wissen was das ist. kein "vielleicht", kein "keine ahnung", kein "tut mir leid". ich bin es satt.
liebst du mich?
es ist okay, wenn es nicht so ist. aber ich will es wissen- nein, ich MUSS. so dringend. ich schaffe es nicht mehr, saschli. deine juju ist einfach am arsch. kaputt. es geht mir dreckig. und ich will dass es aufhört.
du warst der einzige der mir aus sowas helfen konnte & jetzt bist du einfach nicht mehr da, irgendwie.
ach fuck, whatever.

man sieht sich, sascha. irgendwann, irgendwo.

in liebe,
deine juju

Briefumschlag drum.
Seinen Namen raufgeschrieben.
Ins Auto.
Zu Sascha gefahren.
In den Briefkasten.
Weg, weg, weg.

rainy days - unsympathischtvWo Geschichten leben. Entdecke jetzt