,,Und das kann man hier machen?''

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Er verstand natürlich die Gründe. Gisli muss schließlich auch Erfahrungen sammeln, genauso wie Flamme. Und er selbst war noch lange nicht der Alte. Der Arzt hatte zwar auch gesagt, er müsste sich noch schonen und andere hätten auch sowieso Vorrang gehabt, aber trotzdem war er genickt!

Grübelnd starrt er aufs Meer. Die Hände in den Jeans vergraben. Es war bitter kalt. Jedoch schien ausnahmsweise die Sonne. Sehr untypisch für diese Stadt.
Es waren viele Menschen unterwegs. Vor allem Familien. Nikos Gedanken wanderten zu dem Mädchen, welches nun wahrscheinlich nur noch eine halbe Familie hatte.
Annika.
Sie tat ihm unglaublich leid. Seine Mutter so früh zu verlieren musste furchtbar sein und er war froh, dass seine Mutter und sein Vater noch lebten.

,,Annika jetzt komm!''
Verwirrt schaute Niko zu der Quelle, von der die niedliche Stimme kam, die nur einer gehören konnte. Ella! Und wenn Ella hier war...
Niko blickte nach rechts und tatsächlich, da stand sie. Sie schien tief in Gedanken versunken zu sein. Erst als Ella ein zweites Mal nach ihr rief, wachte sie wieder auf in die reale Welt.
Ohne zu überlegen ging er auf sie zu..

▪️▫️▪️▫️

Annika wurde durch die ungeduldigen Schreie ihrer Schwester wieder zurück geholt.
Sie fuhr sich kurz durch die Haare, ehe sie sich nach links dreht, um zu ihrer Schwester aufzuholen.
Doch jemand blockierte ihr den Weg. Ein großer Schatten war direkt vor ihr.
Sie schaute auf, die Augen von der Sonne zusammen gekniffen und traute ihren Augen nicht.
,,Verfolgst du mich?'', fragte sie und war selbst über ihre zickigkeit überrascht.
,,Nein, eigentlich nicht.'', ihm schien ihre Art nichts auszumachen, jedenfalls grinste er.
,,Annika, jetzt komm!''
Annika fuhr herum und entdeckte ihre Schwester, die zu ihnen gerollt kam. Erst jetzt nahm die 8 jährige den Mann war.
,,Nikola!'', schrie sie freudig.
,,Hey.'', lächelte er und hob die Hand um ihr kurz durch die Haare zu wuscheln.
,,Man sieht sich.'', richtete Annika das Wort an Niko und wollte los skaten, doch Niko wollte sich nicht so einfach geschlagen geben.
,,Sehen wir uns?'', fragte er.
Annika nickte leicht und fuhr schließlich davon.
Obwohl sie sich nicht umdrehte, spürte sie seinen nachdenklichen Blick auf ihr.

Noch am Abend beschloss Annika ihn zu schreiben. Er schien wirklich Interesse zu haben sie kennen zu lernen, Was sprach also dagegen? Trotzdem war sie noch immer etwas skeptisch und verwundert.

Hier ist Annika

Annika war mehr als gespannt auf seine Antwort. Nun hatte er ihre Nummer und konnte schreiben, was er wollte. Zwar war es etwas kühl formuliert, aber sie wollte ihn nicht gleich so anspirngen, als wäre er ihr letzter Anker.

Hi Anni, Lust auf ein Treffen?

Annika konnte nicht verhindern, dass ihre Mundwinkel sich ganz leicht heben. Mehrmals hatte sie ihm gesagt, dass sie Annika genannt werden wollte, doch es schien ihm egal zu sein.

Wo? Wann?

Weiß nicht? Ich hole dich ab und wir entscheiden.

Einverstanden.

Adresse?

Annika schickte ihm noch die Adresse und sie besprachen die Zeit, ehe sie sich schlafen legte. Das skaten hatte geschlaucht und die Meeresluft machte ohnehin müde. Wieder vergaß sie zu essen.

▪️▫️▪️▫️

,,Wo willst du denn hin?'', fragte ihr Vater sie. Es war Samstag, eine Woche war vergangen und heute würde sie sich mit Nikola treffen.
Skeptisch schaute er auf seine Tochter hinab. Ihre Augenringe waren retouchiert, sie trug eine Jeans, die ihr mal nicht zu groß war, nachdem sie so dünn geworden ist und unter dem Hoodie konnte man ihre abgemagerte Statur nur erahnen.
,,Ich treffe mich mit Freunden.'', log sie.
Er wusste, dass es nicht der Wahrheit entsprach und machte sich daher große Sorgen. Warum log sie?
,,Pass auf dich auf!'', sagte er und strich ihr über die Wange.
Sie nickte, verwundert darüber, dass er nicht weiter nachhakte.
Annika schloss die Haustür hinter sich und ging die Hauptstraße hinunter, damit Nikola nicht noch mal wenden musste und ihr Vater nicht blöde Fragen stellte.

Wieder einmal fragte sie sich, was er als Beruf hatte, als er mit seiner Protzerkarre ankam.
,,Hey.'', sagte sie, während sie Einstieg.
,,Servus.''
Annika wunderte sich kurz über die Begrüßung, ihr blieb jedoch nicht länger Zeit dafür, denn Niko fragte sie sogleich, was sie denn nun tun sollten.
Die beiden beschlossen nach Laboe zu fahre, denn laut Niko konnte man da hervorragend essen gehen und er wollte auch das Meer sehen.
,,Da wo ich herkomme, gibt es nur Berge.'', war seine Begründung.
Der 15 jährigen war aus undefinierbaren Gründen unangenehm, dass sie nichts von ihm wusste, dabei kannten sie sich doch gar nicht.

,,Darf ich dich was fragen?''
Inzwischen waren sie am Meer. Niko und Annika waren stehe geblieben, hatten sich auf eine Bank gesetzt und schauten nun aufs Meer.
Es war stürmisch und man sah wie stark die Brandung war. Der Himmel war grau und Annika hoffte, dass es nicht gleich anfangen würde zu regnen. Sie waren weit und breit die einzigen, kein Wunder bei diesem Wetter. Doch Annika machte das nichts aus.
,,Klar.'', sagte sie leise, sodass ihre Wörter bei dem Wind fast untergingen.
,,Lebt deine Mutter wirklich nicht mehr?''
Annika nickte kaum merklich, schaute dabei immer noch aufs Meer.
,,Das tut mir leid.''
Wieder einmal nickte sie, dabei hasste sie diesen Satz so sehr. Er war schlimmer als alles andere. Er kam nicht aus dem Herzen und meistens tat es einem doch eh nicht leid. Man sollte lieber sagen, dass man immer für einen da wäre oder sowas. Denn dann, fand Annika, kam es aus dem Herzen.
Doch dieses Mal war etwas anders. Niko sprach die Wahrheit, das hörte sie aus seiner Stimme. Es klang ehrlich, rein. Nicht gestellt.
Annikas Blick wendete sich zu ihm, sie wollte sein Gesicht dabei sehen. Er schaute ebenfalls aufs Meer, bis er ihren Blick auf sich spürt.
,,Wann?''
,,23. Juli.''
,,Erzähl mir was über dich. Ich weiß so gut wie gar nichts über dich.'', wechselte er aprupt das Thema.
,,Ein bisschen solltest du ja wohl was wissen.'', sagte Annika mit etwas Schalk in der Stimme. Sie fand es etwas lustig ihn als dumm darzustellen.
Niko lachte kurz.
,,Na schön. Du heißt Anni, dein alter weiß ich nicht, ich schätze aber einfach mal 16 oder 15. Du gehst regelmäßig Joggen, zumindest würde ich das anhand deines athletischen Körper behaupten..'', Niko betrachtete sie kurz von Kopf bis Fuß, ehe er weiter redete.  ,,..und anscheinend auch Inline Skaten. Es scheint, als hättest du ein sehr enges Verhältnis zu deiner kleinen Schwester Ella und ich vermute, du kannst Schule nicht so leiden.''
Annika war überrascht.
,,So viel zum Thema: ich weiß so gut wie gar nichts über dich. Aber das letzte stimmt so halb. Eigentlich gehe ich gerne zur Schule, es lenkt ab.''
,,Hätte ich doch bloß so eine Einstellung gehabt.''
Annika grinste leicht.
,,Und jetzt erzählst du mir was von dir.'', forderte Niko.
,,Na schön. Wofür?''
,,Dann ich dich kennen lernen.''
,,Das beruht dann ja wohl auf Gegenseitigkeit.''
Annika zog die Augenbrauen hoch.
,,Na schön.'', stimmte er zu.
,,Also, ich bin 15, mag noch gerne schlafen und fahre auch gerne Ski. Achso und meine Familie liebe ich über alles, auch wenn mein Vater und meine Schwester mich manchmal echt nerven.''
,,Ach, das tun sie doch alle, wenn man gerade 15 oder 14 ist, richtig Anni?''
Dieses Mal hörte sie den Schalk aus seiner Stimme.
,,Ich kann auch gehen, wenn du dich über mein Alter lustig machst.'', sprach sie nun zickig.
Niko schüttelte grinsend den Kopf .
Annika hing förmlich an seinen Lippen, so gespannt war sie auf seine Vorstellung.
,,Ich heiße Nikola, möchte aber bitte Niko genannt werden, komme aus Österreich und fahre ebenfalls gerne Ski.'', zwinkerte er, ehe Niko weiter sprach.
,,..ich bin 21 Jahre alt, spiele gerne Handball und ja.'', zuckte er mit den Schultern.
,,Sehr ausführlich, Nikola.''
Niko schaute, das grinsen bemühend zu verkneifen, zu ihr runter. Sie war schließlich mindestens einen Kopf kleiner.
,,Ja sehr ausführlich.''
,,Beruf?''
Niko schnalze mit der Zunge und lehnte sich zurück. Annika spürte sogleich, dass er diese Frage nicht beantworten wollte, wurde dadurch jedoch nur noch neugieriger.
,,Komm! Du weiß auch einiges von mir, was ich eigentlich nicht vor hatte, einem Fremden unter die Nase zu reiben.''
,,Ich bin also ein Fremder für dich?''
Niko grinste und sie wusste er wollte nur ablenken, weswegen sie ihn mit hochgezogenen und schief liegenden Kopf anschaute.
,,Ich bin Handballer.'', Niko schaute sie so an, als hätte ihr nun alles klar werden müssen, doch das Gegenteil geschah.
,,Wir reden nicht von einem Hobby, sondern Beruf, bei dem man Geld verdient.'', redete sie zu ihm, als wäre er ein kleines Kind.
Niko verdrehte die Augen, schien jedoch plötzlich wie befreit.
,,Nene, ich mache das als Beruf.''
,,Und das kann man hier machen?'', fragte Annika mit gerunzelter Stirn.
Niko fing schallend an zu lachen und wieder einmal spürte sie, dass eine große Last von ihm gefallen sein musste. Doch noch immer wusste sie nicht wieso.

1467 Wörter :D Anni kennt sich eindeutig nicht so gut aus, was das Thema Handball angeht :D Über Reviews würde ich mich sehr freuen :)

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