Kapitel 14: Come back

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Die Stunden, welche verstreichen mussten, bis ich den neuen Brief von Jungkook in den Händen hielt, fühlten sich an, wie die Hölle auf Erden. Jede Sekunde hatte ich Angst, dass Jungkook mein Scheiben nicht einmal lesen würde. Ich bezweifelte sogar, dass mein Brief den Weg zu Abfalleimer wert war, aber als Miss Kingsley mir dann doch einen Umschlag in die Hand drückte, konnte ich aufatmen.

Ich spürte in meiner ganzen Euphorie kaum, wie Yoongi mich an der Schulter berührte und mich mit seinem ehrlichsten Lächeln anschaute: "Ich hab's dir doch gesagt. Mach' dir keine Sorgen", flüsterte der braunhaare Junge mir zu und ließ sich daraufhin wieder in seine Stuhllehne fallen, während ich leise den Brief aus Südkorea öffnete. Dieses Mal war nicht viel drin. Lediglich ein einziges Zettelchen. War ich zu verwöhnte von den seitenlangen Entschuldigungsschreiben gewesen?

In der Stille des Unterrichts begann ich den circa A5 großen Zettel zu lesen.

>> Liebe Carlotta...

du weißt gar nicht, wie erleichtert meine Seele auf diesen Brief reagiert hat. Ich bin aus allen wolken gefallen. Auf die positive Weise, natürlich.

Leider hat dieser Brief mir solch einen Schub an Freude verpasst, dass sie diese gleich in eine Art Sehnsucht verwandelt hat. Und deswegen will ich jetzt sofort und auf der Stelle mit der Tür ins Haus fallen...

Du hast bald Ferien, stimmt das? Ich meine, in Deutschland ist das wochenunterschieldich oder auch mal gar nicht, wie ich gelernt habe, aber bald hast du Sommerferien, oder?

Wenn du deine Eltern überzeugen kannst und ich dir den Flug bezahle... würdest du mich... besuchen kommen, in Südkorea?

KEINE SORGE! Ich bin kein Axtmörder, aber ich hab' ständig das Gefühl, es ohne dich nicht aushalten zu können. Dieser eine Gedanke raubt mir den letzten Schlaf und.. du warst noch nei hier, stimmt's?

N-Natürlich musst du das selbst wollen und wenn du es nicht möchtest kann ich das auch vollkommen nachvollziehen. Immerhin überfalle ich dich ja ganz schön damit. Aber eine Antwort würde meine Gedanken bändigen.

Tut mir leid, dass der Brief heute so kurz ist.. Aber mehr kann ich wegen diesem einen Thema nicht auf's Papier bringen.

Ich freue mich auf deine Antwort!

- in Liebe, Jungkook.

P.s Ich habe dich so sehr vermisst. Danke, dass du wieder bei mir bist.

P.p.s Ich bin dir auch überhaupt nicht sauer. Richte dieser blöden Tunte aus, dass ich ihr in den Arsch trete, wenn ich nach Deutschland komme. Irgendwann mal. <<

Die meiste Zeit des Lesens war ich einfach nur still. Die eine Hälfte musste ich lächeln, die andere ließ mein Herz in einer Tour pumpen. Er wollte, dass ich ihn besuchte. Alleine. In einem fremden Land. Ohne Eltern. Einfach so. In meinem Sommerferien.

Mit großen Augen im Gesicht, drehte ich mich zu Yoongi um, und begann zu flüstern: "Können wir uns mal unterhalten??"

Yoongi schaute verdutzt zurück, streckte dann aber seinen Arm in die Luft: "Miss Kingsley? Carlotta geht es nicht so gut, können wir einmal kurz frische Luft schnappen?". Und mit einem fixen Wink, schickte sie uns mit Einverständnis vor die Tür. Zusammen verließen wir das Schulgebäude und machten uns auf in den Hof, wo wir durch den kleinen Schulgarten schlichen.

"Was ist so wichtig, dass ich unsere Lehrerin anlügen muss?", scherzte der etwa 15 cm größere Junge mir zu und ich rollte mit den Augen.

"Das machst du doch bei den meisten Authoritätspersonen, oder etwa nicht?", zischte ich genervt zurück und Yoongi blieb ruckartig auf dem Kiesweg stehen.

"Wow, autsch", grummelte nun auch er und rührte sich keinen Schritt nach vorn oder zurück, woraufhin ich - sauer auf mich selbst - meinen Körper fallen ließ.

"Entschuldige, ich.. bin ein bisschen durcheinander", begann ich, ließ mich auf den lauwarmen Kiesboden nieder und sprach weiter, "Jungkook hat mich gefragt, ob ich ihn in den Sommerferien besuchen kommen will.. ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll.."

Während ich sprach, setzte sich Yoongi neben mich in den Schneidersitz und schaute mich ab und an aus dem Augenwinkel an: "Naja, willst du ihn denn sehen?"

Ich schluckte: "Was?"

"Ob du ihn auch treffen willst, hab' ich gefragt", kam es nun etwas direkter aus Min - Yoongis Mund gekrochen und ich schaute gedankenverloren in den Himmel. Es dauerte ein paar Sekunden, vielleicht auch Minuten, bis ich mich dazu entschied zu antworten.

"Natürlich will ich.. aber das kann ich doch nicht einfach so machen, oder?", stammelte ich als Antwort zurück und schaute von Yoongi weg. Ich hatte ihm in den letzten Tagen genug depressives Verhalten entgegen geworfen, mehr sollte er davon nicht ertragen müssen.

"Und was soll es - angeblich - für Probleme geben?", quetschte Yoongi mich weiter aus und in meinem Kopf hatten sich bereits fünfzig verschiedene Gründe angesammelt.

"Naja, ich bin noch nicht volljährig u-und meine Eltern müssten auch zustimmen.. Ich denke nicht, dass sie mich alleine fliegen lassen", erklärte ich dem Jungen mir gegenüber, welcher keine Mine verzog.

"Und was ist, wenn du mit einem Freund fliegst?", schlug Yoongi plötzlich vor und ich schaute erschrocken auf.

"W-wie? Mit dir etwa?", entgegnete ich ihm komplett verdutzt, woraufhin Yoongi seine Arme verschränkte.

"Nein, nicht mit mir", er rollte leicht mit den Augen, "ich weiß, dass Seokjin auch nach Südkorea fliegen will, um seine Brieffreundin zu besuchen. Wenn du deinen Eltern den Vorschlag unterbreitest, vielleicht zusammen mit ihm fliegen zu dürfen, eventuell gehen sie darauf ein?".

Ich dachte kurz darüber nacht. Ja, vielleicht würden sie das tun. Vermutlich würde es mich eine Menge an Überredungskunst kosten, doch war das bei Eltern nicht immer so? Immerhin sollte ich ihnen doch mitteilen, wohin ich dieses Mal in den Urlaub möchte. Das wäre die perfekte Gelegenheit.

Ohne groß darüber nachzudenken, fiel ich Yoongi fett und breit in die Arme und drückte ihn an mich. Das erste Mal, dass ich mcih traute einen Jungen fest in meine Arme zu schließen: "Danke, Yoongi. Du bist einer meiner besten Freunde hier. Ich bin dir dafür sehr dankbar. Für alles, wirklich..."

Ich merkte, wie Yoongi tief schluckte, mich ebenfalls in den Arm nehmen wollte, aber mir lediglich drei Klapser auf den Rücken verpasste: "Na na, wer wird denn gleich?". Noch einmal drückte ich ihn doller an mich.

"Ooookay, reicht dann auch. Wir dürfen nicht vergessen, dass ich ein Typ bin und mich eventuell bei weiblicher Näher nicht mehr halten kann. Und das wollen wir Klein-Kookie doch nicht antun, oder?"

Ich rollte mit den Augen - spaßeshalber- auch, wenn ich mir sicher war, dass Yoongi mir damit eventuell etwas sagen wollte. Und obwohl ich diesen  Verdacht hatte, ging ich nicht weiter darauf ein, sondern zog ihn lediglich vom Boden hoch, damit wir zwei wieder den Weg in unseren Kurs finden konnten. Dort holte ich mein bekanntes Briefpapier hervor und einen Kulli, ehe ich anfing, Jungkook zu antworten.

>> Hey Jungkook,

ich habe darüber nachgedacht; über deine Zeilen. Und ich habe folgenden Entschluss gefasst:

Ich werde alles mögliche tun, um dich endlich zu treffen.<<

Natürlich waren das nicht meine einzigen Worte gewesen, aber es war der Anfang eines großen neuen Abenteurs.


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