Kapitel 6: Zu groß für den Briefschlitz

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Zusammen mit Nala war ich heute an den Strand geritten. Misses LaCroix hatte sich auf ihrem letzten Turnier das Bein gebrochen, was sie nun ein wenig einschränkte. Somit stellte sie ihren Unterricht auf alle zwei Wochen ein, dennoch wollte Natalie und ich uns schöne Tage mit Hades und Meg machen. Also hatten wir uns für einen kleinen Ausritt entschieden und das Geräusch der Pferdehufe auf dem angenässten Sand bereitete mir eine leichte Gänsehaut. 

"Und du bist also in diesem Penpal - Programm da?", lächelte Nala zu mir hinüber und ich nickte ihr zustimmend zu, während ich meine Zügel ein wenig nach zog.

"Ja, ein paar Freundschaften suchen und so. Ich hatte auch Glück dabei, wenn ich das mal so sagen darf", antwortete ich mit einem netten Grinsen in meinem Gesicht und lenkte Hades ein wenig ins Wasser hinein. Sein sofortiges Schnauben verriet mir, dass ihm die Abkühlung gut tat und gefiel.

"Das habe ich gesehen. So, wie du dich letzten gefreut hast, konnte es nur was tolles sein."

Artete das Gespräch gerade ein wenig in Girlytalk aus? Keine Ahnung, denn um ehrlich zu sein hatte ich diese typischen Freundinnengespräche in meinem leben noch nie durchlebt. Zumindest nicht so, wie in diesen ganzen amerikanischen Highschool - Filmen.

"Ist es denn ein Junge?", zwinkerte mir Nala plötzlich von der Seite zu und ich errötete ein wenig. Das bekam sogar Hades mit, denn nicht nur seine Ohren drehten sich in meine Richtung, sondern er schaute auch ein wenig über seine Schulter zu mir nach oben.

"Ja, sein Name ist Jungkook", gab ich mit leisem Ton zurück und wollte mich am liebsten peinlich berührt im Nacken kratzen.

Nala begann zu schmunzeln und schaute mich mit diesem Blick an. Diesen typischen Verkupplungsblick eben: "Jungkook, also. Japaner?"

Verneinend schüttelte ich meinen Kopf, wobei meine Reitkappe ein wenig von A nach B rutschte.

"Koreaner. Er ist 18 und wohnt in Seoul. Ich weiß aber nicht, wie er aussieht", gab ich nachdenklich zurück und stellte mir nun das erste Mal richtig die Frage, wie Jungkook wohl aussehen mag. Denn ehrlich gesagt, konnte ich ihn mir nicht vorstellen. 

Nala seufzte gespielt auf und mein Blick klebte stehts an dem zierlichen Mädchen.

"Dann kann ich dich ja gar nicht fragen, ob du auf ihn stehst. Oder vielleicht doch?", sie biss sich frech auf die Lippen und mit noch mehr roter Farbe im Gesicht drehte ich mich zum weiten Meer. Eine kurze Zeit sagte ich nichts, denn ich wusste schlichtweg nicht, was genau ich dazu sagen sollte. Immerhin kannte ich den Jungen doch kaum.

"Entschuldige, hätte ich das vielleicht nicht fragen sollen?", machte Nala fix einen Rückzieher, doch ich hielt sie auf der Stelle auf.

"Nein, um Himmels Willen. Ich wünschte nur, dass ich dir darauf eine vernünftige Antwort geben könnte. Nur ... ich kenne ihn kaum. Wir haben bisher nur ein paar Briefe ausgetauscht und ich kenne ihn noch nicht genug. Aber ich kann dir sagen, dass ich ihn auf jeden Fall interessant finde und ihn nicht mehr missen will."

Das wollte ich wirklich nicht. Ich freute mich jeden Tag auf einen neuen Brief von dem koreanischen Jungen und genauso, ihm darauf eine Antwort zu schreiben. Bereits jetzt hatte ich keine Ahnung mehr, wie sich das Leben davor angefühlt hat.

"Wir sollte langsam zurück, denn Apropos Jungkook; ich habe gleich noch meinen Briefschreibkurs", lachte ich Nala ins Gesicht und gemeinsam galoppierten wir an. In dieser fixen Gangart kamen wir schnell wieder bei dem kleinen Gestüt an und ich war froh, dass Natalie mir kurzer Hand Hardes abnahm. Wir beide hatte uns ein wenig in der Zeit verschätzt und nun begann mein Kurs in zehn Minuten.

So passierte es, dass ich in Reitklamotten durch die Tür ins Klassenzimmer stürmte und mich auf meinen Stuhl fallen ließ. Miss Kingsley war bereits da und gefühlt hatten alle nur auf meine Person gewartet. Wie peinlich.

The PenpalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt