Justine tauchte mit dem Kopf wieder unter der Bettdecke hervor und blickte zärtlich auf Kathryn hinab, welche mit halb geschlossenen Augen und rosigen Wangen zufrieden lächelnd dalag. Sie schmiegte sich an ihre Seite, küsste sie sanft und genoss noch einen Moment lang die Ruhe nach dem Sturm.
Nach einer Weile entschied sie dann aber schweren Herzens doch noch, dass sie die offenen Fragen, welche sie schon seit geraumer Zeit beschäftigten nicht länger aufschieben wollte. Sie stützte den Kopf auf eine Hand und zeichnete mit dem Zeigefinger der anderen die schönen Züge von Kathryns Gesicht nach:
„Hast du eigentlich mal darüber nachgedacht, was geschieht, wenn meine Aufgabe hier vollendet ist? Werden wir uns dann noch sehen, du und ich?"
Kathryn richtete sich ein wenig auf und blickte Justine überrascht an:
„Natürlich können wir und dann noch treffen! Du kannst mich besuchen, wann immer du willst. Du könntest dir hier auch ein Urlaubsdomizil errichten oder sogar gleich ganz hierherziehen, wenn du das willst!"
Justine schüttelte den Kopf und erwiderte:
„Ich gehöre nicht hier her! Ich habe eine Aufgabe zuhause. Und ich habe nachgedacht: Du könntest dich unserer Sache doch anschließen, Kathryn. Ich habe dich beobachtet Liebste! Du bist eine gute Rednerin, bist intelligent und hast starke Überzeugungen. Du wärst wunderbar geeignet! Warum kommst du nicht mit mir nach Boston?"
Kathryn starrte sie ungläubig an und erwiderte:
„Wie stellst du dir das vor? Wovon sollte ich denn Leben. Ich bin nicht wohlhabend, wie ihr alle!"
„Um Geld musst du dir keine Sorgen machen! Ich bin doch da!"
Kathryn schmunzelte:
„Willst du etwa, dass ich deine Mätresse werde? Und was wird dann aus deinem Ehemann? Denkst du, es würde ihm gefallen, im Gästezimmer untergebracht zu werden?"
Justine schüttelte den Kopf:
„Unsinn Kathryn! Wir können leicht Arbeit für dich finden. Du kannst finanziell vollkommen unabhängig sein. Ich würde dir nur beim Übergang in ein neues Leben helfen, wenn du es mir gestattest. Und bezüglich meines Ehemanns... das Erste, was ich tun werde, wenn ich wieder in Boston bin, ist Nathan rauszuwerfen. Immerhin ist es mein Haus. Du könntest also bei mir wohnen oder dir etwas Eigenes suchen, ganz wie du möchtest."
Kathryn blickte Justine unglücklich an und antwortete:
„Aber ich kann doch nicht einfach von hier fortgehen, Liebling! Ich habe hier meine Freunde und für mich sind sie sogar mehr als das. Sie sind meine Familie! Sie brauchen mich und ich brauche sie!"
Traurig erwiderte Justine ihren Blick:
„Bist du sicher, dass es hierbei nicht um IHN geht? Du liebst ihn doch noch, habe ich nicht recht?"
„Von wem sprichst du bitte?" fragte Kathryn entrüstet.
„Ach komm schon Kathryn! Es beleidigt meine Intelligenz, dass du annimmst, ich hätte es nicht mitbekommen. Du weißt ganz genau, von wem ich spreche! Und es ist in Ordnung! Ehrlich gesagt habe doch von Anfang an gespürt, dass du nicht zu mir gehörst!"
„Das mit James und mir ist vorbei!" behauptete Kathryn: „Er ist jetzt bei Melody und scheinbar passen die zwei doch wunderbar zueinander. Sie verbringen schließlich jede freie Minute im Bett und können nicht genug voneinander bekommen, wie es aussieht."
Sogar Kathryn selbst entging nicht der bittere Unterton in ihrer Stimme, als sie das sagte.
Justine hatte es natürlich auch gehört. Sie lächelte gutmütig, als sie antwortete:
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Die Leute von Millers Landing
ActionWir schreiben das Jahr 1903. Es gibt da ein besonderes Haus am Stadtrand des kleinen Örtchen Millers Landing im Staate Pennsylvania. Die Leute die dort leben sind Außenseiter. Man meidet sie, weil sie Prostituierte sind, Homosexuelle, oder die Nachf...