19 Schwarz und Weiß

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In seinem Büro saß der Sheriff, ein zufriedenes Grinsen auf dem Gesicht, die Hände über dem kugelförmigen Bauch verschränkt und die bestiefelten Füße bequem auf der Schreibtischkante abgelegt.

Jimmy hatte sich heute frei genommen. Diese Sache im Gericht schien ihm irgenwie zugesetzt zu haben. Der Bengel war einfach zu weich, zu gutgläubig und hatte offenbar jedes Wort der schwarzen Hure für bare Münze genommen.

Als die Jury Carmichael schuldig gesprochen hatte, glaubte Snyder zunächst, seinen Ohren nicht trauen zu können. Doch sein alter Freund Keppler hatte sich nicht weichkochen lassen.

Als die verdammten Huren gehört hatten, dass Carmichael lediglich eine Geldstrafe erhalten würde, war ihnen Allen die Kinnlade heruntergefallen.

Also wirklich! Was bildeten die sich eigentlich ein? Wer ein solches Leben führte, konnte doch auf der anderen Seite nicht allen Ernstes ach-so-unschuldig tun und erwarten, dass man auch noch Mitgefühl mit ihm hatte!

Snyder hatte gehört, dass das Bordell nun bereits seit zwei Wochen geschlossen sei. Hätte er geahnt, dass es lediglich so etwas, wie diese Sache mit der Negerin erforderte, damit das verdammte Pack endlich aufgab, dann hätte man etwas Ähnliches sicherlich auch schon früher arrangieren können.

Also, was es Snyder betraf, war heute wirklich ein großartiger Tag!

Es klopfte an der Tür des roten Hauses. Davor stand ein Doktor Miller, welcher bleich war vor Zorn. Bei ihm waren zwei der Geschworenen und drei Männer, die bei dem Prozess im Zuschauerraum gewesen waren. Sie fanden die Hausbewohner dicht in der Küche beieinander sitzend vor einander Trost spendend, an diesem trostlosen Tag:

„Entschuldigen sie bitte die Störung." sagte der Doktor: „Sie alle müssen ja außer sich sein, wie ich vermute. Die Entscheidung, die Richter Keppler heute getroffen hat ist einfach unfassbar, empörend und verletzend!"

Doktor Miller blickte prüfend in die Runde der Anwesenden, doch anstatt Ärger und Entrüstung, las er in den Gesichtern der Anwesenden lediglich Trauer, Erschöpfung, Verzweiflung und Fassungslosigkeit. Diese Stimmung war so überwältigend, dass es sogar auch ihn selbst zunächst verstummen ließ. Er brauchte einen Moment der Besinnung, ehe er fortfuhr:

„Sie alle müssen das nicht einfach so hinnehmen. Sie können sich an eine höhere Instanz wenden und das Urteil anfechten. Die Herren und ich sind gekommen, um sie unserer Unterstützung zu versichern."

Die anderen Männer nickten zustimmend bei seinen Worten, doch nun meldete sich Margarete zu Wort:

„Lieber Doktor, ich weiß es wirklich zu schätzen, was sie für mich getan haben. Sie haben mir mein Leben gerettet, auch wenn ich im Augenblick nicht mehr sicher bin, ob ich es noch haben möchte. Und vor Gericht haben sie sich bei weitem mehr für mich eingesetzt, als ich jemals erwartet hätte. Sie haben ja sogar riskiert, dass der Richter ihnen eine Ordnungsstrafe auferlegt. Ich bin ihnen wirklich dankbar, dass sie mir helfen wollen, ein gerechtes Urteil zu erwirken, doch ich denke, wir wissen beide, dass eine schwarze Frau in meinem Beruf kaum etwas Besseres erwarten kann, als das, was heute geschehen ist. Bitte entschuldigen sie mich nunm aber ich bin erschöpft und muss mich hinlegen."

An Tiny gewandt bat Margarete elend:

„Würdest du mich hinauf bringen?"

Tiny nickte und hob Margarete sanft aus ihrem Rollstuhl.

Der Doktor blickte den beiden hilflos hinterher und sagte mehr zu sich selbst:

„Aber das ist doch nicht richtig?"

Kathryn erhob sich und erklärte mit einem matten Lächeln:

„Doktor Miller, meine Herren, wir danken ihnen wirklich für ihre Anteilnahme und die angebotene Hilfe, doch ich denke, wir müssen diese Angelegenheit auf unsere eigene Weise und unter uns als Familie klären. Aber bitte bleiben sie noch, trinken sie einen Kaffee mit uns."

Die Leute von Millers LandingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt