38 Der gerechte Mann

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James sah im Licht der Öllampe den Schweiß in den Haaren auf seiner Brust glitzern, als er versuchte wieder zu Atem zu kommen:

„Meine Güte! Was war das denn?" fragte er keuchend.

„Ich dachte, es wäre für uns beide schön, wenn unsere letzte gemeinsame Nacht etwas Besonderes wäre, an das wir uns später erinnern können." erwiderte Melody schlicht.

James richtete sich im Bett ein wenig auf und blickte sie ratlos an:

„Unsere letzte Nacht? Gehst du denn irgendwo hin?"

Melody schüttelte den Kopf:

„Ich nicht, aber du!" verkündete sie: „Du gehst zurück zu Kathryn!"

„Wer sagt das?" empörte sich James: „Wo war ICH, als diese Entscheidung getroffen wurde?"

„Beruhige Dich, mein Liebling!" forderte Melody: „Und tu nicht so, als wäre das nicht in deinem Sinne! Ich weiß, dass du sie noch immer liebst, ich sehe deine Blicke! Und nur damit das ganz klar ist: Für mich ist das in Ordnung! Ich habe unsere Zeit sehr genossen, aber nächste Woche ist Carpenter fort und der Weg für dich ist bei Kathryn wieder frei. Denkst du, ich will dich dann noch in meinem Bett, wenn deine Gedanken sich immer nur darum drehen werden, wie du in ihres zurückkehren kannst?"

James wollte zu weiterem Protest ansetzen doch Melody fuhr fort:

„Die Sache mit uns beiden lief viel länger, als ich erwartet hatte und es war wirklich eine schöne Zeit, aber du und ich sind kein Liebespaar. Wir sind Freunde, die sich auch im Schlafzimmer gut verstehen. Ich habe kein Interesse daran, dass du aus Pflichtgefühl bei mir bleibst. Lass' uns lieber gemeinsam darüber nachdenken, wie du diesen störrischen Rotschopf zurückgewinnst!"

James wusste nicht, was er erwidern sollte. Ihre nüchterne, pragmatische Sichtweise verblüffte ihn:

„Das hier wird mir fehlen!" flüsterte er kleinlaut:

„Mir auch!" gab sie zu. Dann fügte sie hinzu: „Aber glaub' mir, es ist besser so!"

James zuckte unglücklich mit den Schultern. Dann drehte er sich zu ihr um, stützte den Kopf auf seine Hand und flüsterte mit einem kleinen, traurigen Lächeln:

„Die Nacht ist noch nicht vorüber, oder? Und es ist nicht fair, dass es unser letztes Mal gewesen sein soll, ohne, dass mir das bewusst gewesen ist."

Melody grinste:

„In diesem Punkt muss ich dir recht geben!" erklärte sie, drehte ihn wieder auf den Rücken und hockte sich auf ihn.

Der Körper der Frau, der über Snyders Schulter lag war winzig, aber auf die Dauer wurde er dennoch schwer. Der Sheriff hatte keine Ahnung, was er mit ihr anstellen sollte. Ja, er wusste nicht einmal, warum er sie mitgenommen hatte. Es erschien ihm in dem Moment, als er ihr den Griff seiner Waffe über den Schädel geschlagen hatte einfach das Richtige zu sein. Und nun stolperte er mit ihrem bewusstlosen Körper durch die Nacht und er hatte keine Ahnung, wohin mit ihr. Im Augenblick schützte ihn die Dunkelheit, aber was sollte er tun, sobald die Sonne aufging. Weil ihm nichts Besseres einfiel, schleppte er die kleine Indianerin hinüber ins Sheriffsdepartment.

Snyder legte den Körper auf der Pritsche in der vordersten Zelle ab, doch leider hatte er Carmichael vergessen. Trotz der späten Stunde war der Mistkerl noch immer hellwach, glotzte durch die Gitterstäbe und fragte mit schnarrender Stimme:

„Was bringen sie denn da mit Sheriff? Ist das vielleicht ein Geschenk für mich?"

„Halt dein Maul, Bob!" herrschte er seinen Gefangenen an und blickte auf den reglosen Körper der Frau hinab. Kurz erfasste ihn die Angst, er könnte sie mit dem Schlag getötet haben, doch dann sah er, wie ihr Brustkorb sich senkte und hob.

Die Leute von Millers LandingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt