10.Kapitel

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Einige Tage später ist die Augenschale fertig und wird in einer zweistündigen Operation eingesetzt. Nervös bin ich deswegen nicht, denn was soll schon schiefgehen? Blind bin ich auf dem Auge sowieso schon und schlimmer können sie es sowieso nicht mehr machen.

Louis hingegen ist nervös, als er mir dabei hilft, mich früh am Morgen für die OP umzuziehen und seine Hände zittern, als er das OP-Hemd hinten zubindet. „Louis, es wird alles gut, mach dir keine Sorgen, das Auge ist schon hinüber."

„Darum geht es mir nicht. Ich habe Angst, dass du nach der OP vielleicht auch hinüber sein könntest", gibt er zu quält sich zu einem Lächeln. „Ich schaff das. Ich habe eine Undercoveraktion des MI5 überlebt und mehrere Schüsse von Cornel, da kriege ich auch diese Operation hin. Mach dir keine Sorgen."

Louis nickt und beißt sich auf die Lippe. Ich weiß, dass er mir glauben will, aber ich sehe ihm deutlich an, dass er sich schwer dabei tut. „Darf ich mir nicht trotzdem Sorgen machen?", fragt er und klingt dabei fast schon, wie sein früheres Ich, der Junge, über den ich mich in Venedig so oft geärgert habe. „Ja, das darfst du, aber das wird nicht nötig sein, das wird alles gut gehen." Bevor ich noch weiter auf ihn einreden kann, kommen zwei Krankenpfleger ins Zimmer, um mich abzuholen. „Wir sehen uns in drei Stunden." Schnell drücke ich nochmal seine Hand und Louis nickt. Tapfer schluckt er die aufkommenden Tränen hinunter, lächelt und sagt dann: „Träum was Schönes, ja?"

„Mach ich. Geh solange spazieren oder so..." Louis nickt und tritt vom Bett zurück, damit man mich hinaus in den Flur schieben kann.

Seinen Blick spüre ich noch lange im Nacken, dann gleiten die Lifttüren hinter mir zu und der Fahrstuhl setzt sich in Bewegung und bringt mich hinunter in die hellen und sterilen Gänge des OP.

Als ich später wieder zu mir komme, ist es um mich her ziemlich grell. Ich will mich umsehen, aber alles blendet mich und ich mache die Augen schnell wieder zu.

Das Bett, in dem ich liege, ist zwar ein ganz normalen Krankenhausbett, mit einer dünnen, schmalen Matratze und steifen Laken, doch mir kommt es in diesem Moment wie der Himmel vor.

Meine Güte, so bequem hab ich ja noch nie gelegen. Schmerzen habe ich keine und habe eher das Gefühl, mich in einer Wellnessbehandlung befunden zu haben. So gut geschlafen habe ich schon lange nicht mehr. Kein Wunder, dass Michael Jackson süchtig nach Narkosemitteln war. Das Zeug ist der absolute Knaller und ich hätte kein schlechtes Gewissen, wenn ich jetzt noch Stunden hier liegen würde.

Genüsslich seufzend drehe ich mich auf die andere Seite und beschließe, noch ein wenig weiter zu schlafen.

Die nächste Wachphase ist weitaus weniger angenehm, denn mein Hals ist trocken und ich habe hämmernde Kopfschmerzen.

Man, ich dachte die haben mein Auge operiert und nicht meinen Kopf.

Obwohl ich noch vollkommen unter Drogen stehe, setze ich mich auf und bekomme nach einigen Versuchen die Krücke zu fassen, die an mein Bett angelehnt ist. Wie praktisch, dass sie jemand hier abgestellt hat. Wankend und stolpernd taumele ich durch den Aufwachraum und mache dabei einen solchen Lärm, dass eine Krankenschwester auf mich aufmerksam wird und ins Zimmer geeilt kommt. „Mr Styles, was machen Sie denn? Legen Sie sich wieder hin, Sie können jetzt noch nicht aufstehen", sagt sie langsam und deutlich, greift meinen Arm und führt mich zurück zum Bett. „Kann ich wohl", protestiere ich, doch kaum liege ich im Bett, fallen mir die Augen wieder zu.

„Harry? Bist du wach?"

Das ist Louis, da bin ich ganz sicher und meine Augen öffnen sich sofort.

Ich wurde in mein Zimmer zurückgebracht und Louis sitzt auf einem Stuhl an meinem Bett und lächelt mich an: „Na du Ausreißer?", fragt er amüsiert und scheint sich ein Lächeln verkneifen zu müssen.

Heal me • Buch III (Two Hearts Reihe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt