42.Kapitel

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Der Pulli hat genau ins Schwarze getroffen und Louis wollte noch am Abend direkt einen Spaziergang machen, um einen Grund zu haben, den Pulli anzuziehen.

Es erfüllt mich mit unglaublichem Stolz, zu sehen, wie es ihm immer besser geht. Die Augenringe, von denen ich eigentlich sicher war, dass sie nie wieder weggehen, sind fast nicht mehr zu sehen, er schläft gut und strahlt mittlerweile auch eine gewisse innere Ruhe aus, die sich auf mich überträgt.

Seitdem wir dem Cornel-Taxifahrer begegnet sind, habe ich nicht mehr an Forster oder das MI5 gedacht, sondern mich ganz auf mich und die Reha konzentriert und auch, wenn es jetzt vielleicht noch ein bisschen früh dafür ist, würde ich fast behaupten, dass wir überm Berg sind.

Eine weitere gute Nachricht kommt, als wir laut Kalender bereits den 37.Tag hier sind.

Ich habe eine Antwort auf meine Bewerbung erhalten und wurde tatsächlich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Zwar hat mir nur eine Firma eine Rückmeldung gegeben, aber immerhin besser, als nichts. Eigentlich habe ich nicht mehr damit gerechnet, umso mehr überrascht es mich und ich muss mich sehr zusammenreißen, nicht in Freudentränen auszubrechen. Man gibt mir eine Chance.

Eine Chance, mich zu beweisen und ein neues Leben anzufangen.

Am liebsten würde ich sofort Louis erzählen, was jetzt ansteht, aber ich will nicht, dass er sich zu früh freut und es dann womöglich nichts wird. Laut meiner Sozialarbeiterin, kann ich gerne alleine zum Vorstellungsgespräch gehen, sie bietet mir allerdings auch an, mich zu begleiten, wenn ich das möchte und ich nehme das Angebot gerne an.

Noch nie war ich bei einem Vorstellungsgespräch und bin dementsprechend nervös, als ich am Morgen des 6.September beim Frühstück sitze. Louis soll nichts merken, weshalb ich mich ganz locker gebe. Sobald alle mit ihren Therapieplänen angefangen haben, werde ich mich auf den Weg zur Firmenzentrale des Unternehmens, das für die Verpackung von Süßwaren zuständig ist, machen. Mein Termin steht um 11 Uhr an.

„Bleiben Sie ganz Sie selbst und gehen Sie offen damit um, was in Ihrer Vergangenheit passiert ist", rät mir Mrs Yung, als wir am Gebäude ankommen. Es ist ein sehr schlichter Bürokomplex direkt neben der Werkshalle, alles ist funktional aber nicht schick. „Okay und wenn man mich nach meinen bisherigen Jobs fragt?"

„Dann erklären Sie die Sache mit dem Antiquitätenhändler und bleiben sachlich und ehrlich. Das mit dem MI5 würde ich eher nicht ansprechen, vielleicht können Sie es ja umschiffen."

Okay, wenn sie meint. „Kommen Sie noch mit rein?", frage ich unsicher und bleibe vor der Treppe stehen, die zum Eingang hinaufführt. „Wenn Sie möchten."

„Ja, bitte. Zumindest bis in den Eingangsbereich." Wenn sie dabei ist, kreisen meine Gedanken vielleicht nicht allzu schlimm und ich bin ruhiger. Zumindest hoffe ich das.

Hinter der Rezeption sitzt ein junger Mann mit Brille und wuscheligen Haaren, der aussieht, wie Harry Potter und sieht mich freundlich an. „Guten Tag, mein Name ist Harry Styles, ich wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Der Termin ist um 11", sage ich freundlich zu ihm und er nickt: „Gut, ich sehe mal eben nach, ob Mrs Nelson schon da ist, dann kann ich Sie gleich zu ihr bringen lassen." Er hackt auf die Tastatur ein, zieht dann eine Augenbraue hoch und nickt mir zu: „Warten Sie hier, ich lasse Sie gleich abholen." Mit einem knappen Nicken bedeutet er mir, mich auf einen der Stühle zu setzen, die in der Nähe stehen und nervös komme ich der Aufforderung nach. „Denken Sie nicht so viel nach", sagt Mrs Yung leise, aber die hat gut reden, sie hat ja einen Job. Aber ich kann ja nicht wissen, ob ich jemals wieder so weit kommen werde. Meine Bewerbung kann nicht viel nachweisen und ich muss auf einen guten Willen der Firma hoffen, damit ich eingestellt werde.

Heal me • Buch III (Two Hearts Reihe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt