18.Kapitel

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Ich treffe meinen behandelnden Arzt, Mr Redman nach dem Frühstück und er übergibt mir meinen Rehaplan, der für mich erstellt wurde. Interessiert lese ich das Blatt durch, das beinahe, wie ein Stundenplan aussieht.

Die Tage sind richtig vollgepackt. Das sieht fast schon stressig aus, wenn man es sich genau anschaut. Physiotherapie, Krankengymnastik, Gesprächstherapie mit einem Psychologen, sowie Behandlung der Phantomschmerzen und Traumabewältigung durch Sport.

Bereits heute Morgen steht der erste Termin an und der ist in 15 Minuten. Beim Psychologen.

Ich war noch nie bei einem Psychologen und finde die Vorstellung einer Sitzung dort, ein wenig gruselig. Mich auf eine Couch zu legen und mich jemandem anzuvertrauen, den ich überhaupt nicht kenne...also ich weiß nicht.

Dementsprechend unsicher setze ich mich wenig später im Erdgeschoss auf einen Stuhl, der an einer Fensterfront steht. Von hier aus kann man hinaus in den großen Park sehen, der zur Klinik gehört und ich lenke mich ab, indem ich die Bäume zähle, die hier gepflanzt sind. Es sind fast zwanzig und sie verteilen sich über das ganze weitläufige Gelände. Unglaublich, wie groß dieses Grundstück ist. Was das wohl gekostet hat? Noch während ich darüber nachdenke, ob Louis Onkel sich dieses Grundstück wohl leisten könnte, wenn er denn nur wollte, tauchen einige Personen auf, die den Garten durch eine Tür auf der rechten Seite betreten.

Es sind sechs Erwachsene und alle haben Cricketschläger dabei. Ich sehe ihnen beim Aufbauen zu und gerade, als sie die Gruppe aufteilen, öffnet sich hinter mir eine Tür.

„Mr Styles?" Ein junger Mann mit dunklen, kurzen Haaren, wilder Frisur und einer runden Brille, wie Harry Potter, kommt auf mich zu und reicht mir die Hand. Er sieht aus, wie ein Praktikant oder Student, der gerade ein Anerkennungsjahr absolvieren muss. Das ist sicherlich der Gehilfe meines Psychologen. „Guten Tag, ich bin Dr Tennant und Ihr behandelnder Psychologe", sagt er freundlich und wir schütteln uns die Hand.

Oh, da habe ich den Mann wohl unterschätzt.

Entweder ist er ein Überflieger, oder sieht jünger aus, als er eigentlich ist, ansonsten glaube ich kaum, dass er jemals in eine solche Position gekommen wäre. Er kann kaum älter als Anfang Dreißig sein und wäre er mir nicht hier, sondern auf der Straße begegnet, dann hätte ich vermutet, dass er vielleicht in einem hippen Skaterladen in London Soho arbeitet – aber gewiss nicht in einer Rehabilitationsklinik. „Kommen Sie doch bitte rein", sagt er und hält mir die Tür zu seinem Behandlungszimmer auf.

Genau wie er, ist auch sein Zimmer eine Überraschung. Natürlich sind die Farben dieselben, wie man sie auch sonst überall in der Klinik vorfindet; dunkler Boden, cremefarbene Wände, helle Fensterrahmen und dunkle, schwere Möbel. Aber ich sehe eine Keksdose in Form der Tardis auf dem Schreibtisch stehen und mehrere Plakate von Bands und Kinofilmen, die er in Rahmen an die Wand gehängt hat. „Stones Fan?", frage ich mit einem Blick auf den berühmten roten Mund mit der herausgestreckten Zunge. „Oh ja", sagt Dr Tennant und grinst, scheinbar in tollen Erinnerungen schwelgend: „Ich habe sie vor einigen Jahren bei einem Konzert im Hyde Park gesehen. Das war einfach unglaublich. Setzen Sie sich." Er bietet mir Wasser an und nimmt dann mir gegenüber Platz. Zum Glück muss ich nicht auf ein Sofa liegen, da käme ich mir echt doof vor. Dr Tennant greift nach einem Klemmbrett, liest sich rasch seine Aufschriebe durch und sieht mich dann an: „Sie haben eine ziemlich harte Zeit hinter sich. Wollen Sie mir davon erzählen?"

Ich habe sofort Vertrauen zu ihm. Vielleicht, weil er so locker ist, oder aber noch so jung wirkt und ich das Gefühl habe, mit ihm auf einer Augenhöhe zu sein.

Er ist mir sympathisch und das macht es leicht, mich ihm zu öffnen. Wie es mir in den Sinn kommt, erzähle ich ihm meine ganze Geschichte und es dauert fast eine Stunde, bis ich fertig bin. Er schreibt sich alles auf und füllt mehrere Seiten Papier mit meinen Informationen. Ich habe nichts ausgelassen, meine Jugend ganz knapp umrissen und dann die ganze Geschichte mit dem verbockten Ladendienst bei Forster begonnen.

Heal me • Buch III (Two Hearts Reihe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt