'Don't hurt yourself'...

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(Pov. Rye)

Viel zu früh wachte ich am nächsten Morgen aus diesem herrlichen Traum auf, obwohl es schon hell war.

Als ich mich vorsichtig aufsetzte, staunte ich nicht schlecht, als ich den Zustand des Zimmers sah. Es lagen keine Klamotten mehr über den Boden verstreut. Die Bücher und DVDs waren zu Stapeln übereinander gehäuft worden und alle Wassergläser waren verschwunden. Das Bett neben mir war ordentlich gemacht und das Fenster offen, sodass die frische, klare Morgenluft in mein Zimmer rauschte. Draußen zwitscherten Vögel und das Rauschen von Baumkronen machte alles noch angenehmer. Entspannt schloss ich gerade wieder die Augen und sog tief Luft durch die Nase ein, als die Zimmertür aufging und ein strahlender Harvey das Zimmer betrat. „Guten Morgen!", flötete er, zog sich einen Stuhl neben mein Bett und setzte sich. ‚Hast du das alles aufgeräumt?', schrieb ich und als Harvey mit einem Nicken bejahte, schrieb ich ein ‚Danke' dahinter. „Ich dachte so würdest du dich noch etwas wohler fühlen", grinste er und hielt mir dann einen silbernen Teelöffel hin. „Ich hab dir Frühstück gemacht". Er hielt mir eine Schüssel mit einer ähnlich aussehenden Flüssigkeit hin, wie die, mit der er mich gestern gefüttert hatte. „Heute versuchst du alleine zu essen. Wir wollen ja schließlich Fortschritte machen. Also wünsche ich guten Appetit". Doch als er mir die Schüssel reichte, konnte ich sie selbst nicht halten, so schwer war sie. „Na gut. Ich halte die Schüssel. Aber du löffelst alleine!" Gab sich Harvey lachend geschlagen, als hätte ich nur so getan, dass ich die Schüssel nicht hochhalten konnte.

Dieses Mal schaffte ich fast die ganze Schüssel und Harvey war sichtlich stolz auf mich. Auch gegen Mittag und Abend brachte er mir eine Schüssel. Mir ging es so viel besser durch das Essen. Selbst wenn es erst einen Tag her war, dass ich zum ersten Mal nach Ewigkeiten wieder mehr als einen Schluck Wasser oder Saft zu mir genommen hatte, fühlte ich mich gesünder. Mein Magen tat nicht mehr permanent weh, die Übelkeit durch den Hunger war verschwunden. Mein Schlaf wurde ruhiger, die Panikattacken weniger.

(Pov. Andy)

Ich hatte mich natürlich bei den anderen angesteckt und wurde nun von einer nicht endenden Grippe geplagt. Mein Kopf hämmerte und glühte, wie eine Glühlampe kurz vor dem Durchbrennen. Meine Glieder schmerzten wie nach einem Marathonlauf, obwohl ich mich seit Tagen kaum aus dem Bett bewegt hatte. Meine Nase lief permanent und durch den dazukommenden Husten bekam ich kaum noch Luft. Bereits mehrfach hatte Mikey mich mit meinem Asthmaspray beatmen müssen und meine Stimme klang schrecklich. Zudem war mir fürchterlich schlecht, wodurch ich kaum etwas essen konnte. Schon seit einigen Tagen durfte ich schon nicht bei Rye im Zimmer schlafen oder nach ihm sehen, was mich wahnsinnig machte, denn ich wusste, dass er mich brauchte. Harvey war öfters kurz in die offene Küche gekommen, um etwas zu essen zu machen und dann schnell wieder verschwunden, um keine Krankheitserreger zu Rye zu bringen. Mikey stand gerade mit Jack in der Küche und fachsimpelte darüber, wie man eine Gemüsesuppe zubereitete, ohne den Boden anbrennen zu lassen und Brook veranstaltete einen Livestream in seinem Zimmer. Momentan pausierten unsere Youtubevideos, denn Rye konnten und wollten wir in seinem Zustand nicht zeigen und ich konnte nicht einmal aufrecht sitzen, ohne dass mir alles weh tat.

Eine Woche später ging es mir deutlich besser.

Mikey, Brook und Jack hatten sich wie Eltern um mich gekümmert und mich gesund gepflegt, während ich weder von Harvey, noch von Rye etwas mitbekam. Immer dann, wenn ich Harvey kurz zu sehen bekam fragte ich ihn nach meinem Mann. Mehrfach bot er mir an ihn sehen zu dürfen, da ich ja anscheinend wieder gesund war, aber so weh die Entscheidung auch tat, ich verneinte jedes Mal. Ich wollte nicht, dass er vielleicht doch noch angesteckt wurde.

Eine Woche.

Eine Woche lang wollte ich noch warten, bis ich Rye wieder sehen würde. Bis dahin brauchte ich einen sehr guten Zeitvertreib, denn jemanden davon abzuhalten seinen Geliebten zu sehen, schien die schwerste Beschäftigung der Welt zu sein. Da meine Stimme wieder in Ordnung war und ich zudem auch endlich wieder sitzen konnte, zog ich gerade meine Gitarre auf den Schoß. Es sollte etwas für ihn sein, also ging ich so tief in mich wie ich konnte und kramte in meinen derzeitigen Gefühlen nach etwas brauchbarem. Ich fand so viel, dass ich tausend Lieder hätte schreiben können, doch ich wollte nur ein einziges. Ein so emotionales, dass es unseren gemeinsamen Zustand derzeit widerspiegelte.

Ich will...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt