Kapitel 29 Tory

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In vielen Büchern stand geschrieben, dass sie vergaßen wie viel Zeit verging. Ich hatte das immer für eine kitschige Übertreibung gehalten, aber jetzt, da ich selbst in einer solchen Situation war, verstand ich es. Es ging nicht darum, wie schnell die Zeit verging, es ging darum, dass man sich wünschte, die Zeit könne nicht vergehen. Das sie einfach anhalten würde und einen in einer Welt voller Liebe und Geborgenheit zurück lassen würde. In einer Welt, in der man sich keine Gedanken darüber machen musste, wie schnell die Zeit doch letztendlich verstrich. Aber das war nur ein reines Wunschdenken, ein Traum und wir mussten alle irgendwann einmal aufwachen. Doch für den Moment genoss ich es noch. Ich genoss die Umarmung und die Wärme die mir Max spendete. Ich linste ein wenig nach oben und bemerkte, wie er mich ansah und leicht lächelte. Als er meinen kleinen Stalker- Blick sah, grinste er wieder so unverschämt, sodass sich kleine Grübchen an den Mundwinkeln bildeten. Ich konnte dem Drang sie zu berühren einfach nicht wiederstehen, weshalb ich mit meinem Zeigefinger einfach gegen seine Wange stubste. Das schien ihn nun endgültig zum lachen zu bringen, was letztendlich auch mich mitriss. So standen wir beide mitten in der Nacht auf einer verlassenen Straße vor einem Club und lachten und dabei ließ er mich kein einziges Mal los. Als wir uns beide einigermaßen beruhigt hatten, sahen wir uns nur wieder still lächelnd an und dann geschah es. Der Moment auf den ich so lange gewartet hatte. Von ihm wieder geküsst zu werden und es schien , als wäre dieser Kuss noch berauschender und explodierender. Er raubte mir regelrecht den Atem und alles was ich noch tun konnte, war mich mit meinen Händen an seiner Brust abzustützen. Seine rechte Hand wanderte zu meiner Wange und umfing mein Gesicht mit einer solchen Sorgfalt und Leichtigkeit, als habe er Angst, ich könnte unter seinen Händen zu Scherben zerbrechen. Ich konnte mir einreden was ich wollte, ich hatte mich eindeutig und zu hundert Prozent in Max verliebt.

Ein lautes Klopfen riss uns beide auseinander und überrascht blickten wir zu seinem Auto, inwelchem Tess gerade energisch gegen das Fenster klopfte. Sie sah gar nicht gut aus. Und von jetzt auf plötzlich war ich nicht mehr in meiner kleinen Max- Welt, sondern landete abrupt und knallhart in der Realität und die sagte mir gerade, dass Tess jede Sekunde in seinem Auto erbechen würde. Max schien das genauso zu bemerken, denn er riss blitzschnell die Autotür auf und das keine Sekunde zu spät, denn genau in diesem Augenblick ergoss sich Tess' Mageninhalt auf dem harten Asphalt.
Ich machte einen Satz nach hinten, um nicht getroffen zu werden, schien aber vergessen zu haben, dass Max noch immer dort stand, weshalb ich heute zum zweiten Mal an diesem Abend in ihn hineinstürzte. Glücklicherweise fing er mich wieder genauso geschickt und elegant auf, sodass ich fast schon wieder vergaß, wie es um Tess stand.
„Warte eben kurz." Vorsichtig schob Max mich zur Seite und ging auf Tess zu. Diese hatte bereits wieder aufgehört und putzte sich gerade den Mund mit einem Taschentuch ab, dass Max ihr gegeben hatte. Er flüsterte leise auf sie ein  und ich sah nur wie sie mit dem Kopf schüttelte. Ich fand es unglaublich rührend, wie fürsorglich er sich um sie kümmerte, dabei kannte er sie kaum. Ich war einfach nur froh, dass er gekommen war - was natürlich auch nicht einfach selbstverständlich war-  und uns jetzt half.
Vorsichtig schloss Max die Autotür, machte einen großen Schritt um die Sauerei am  Boden und kam auf mich zu. „Du kannst schon mal ins Auto rein. Ich gehe kurz rein und sag Bescheid, dass ihr schlecht geworden ist." Er deutet auf das Auto und ich ging davon aus, dass mit ihr, Tess gemeint war. „Sie meinte, ihr wäre nicht mehr schlecht, aber falls doch, soll sie einfach die Tür aufmachen. Ich frag drinnen einmal nach, vielleicht haben sie ja eine Tüte oder etwas ähnliches..." Er sah mich an und lächelte, ehe er sich umwandte und auf den Club zuging. Auf halbem Weg fiel mir auf, dass ich mich noch keinesfalls bedankt hatte. Also rief ich ihn kurzerhand seinen Namen hinterher. Überrascht blieb er nun mitten auf der Straße stehen und sah mich fragend an. Doch von so weit weg, konnte ich sein Gesicht nicht mehr genau erkennen, weshalb ich kurzerhand auf ihn zu rannte und ihm um den Hals fiel. Überrascht von der plötzlichen Umarmung taumelte er zurück, hielt mich dann aber auch in einer Umarmung fest. „Danke." flüsterte ich ihm leise ins Ohr. Ich hörte ihn nur leise lachen und spürte dabei, wie seine Brust vibrierte und seine Schultern sich hoben.  Seine Haare kitzelten in meinem Gesicht und ich kam nicht drumherum tief einzuatmen und seinen Duft wahrzunehmen. Max war eindeutig mein neuer Lieblingsduft.
Ich ließ meine Arme wieder sinken und auch er ließ mich los. „Ich geh dann mal rein." er deutete umständlich auf das Moonlight und ich lachte nur. Doch Max regte sich nicht von der Stelle, er stand noch immer dort und sag mich lächelnd an.
„Ich mag es wenn du lachst. Das solltest du öfters machen. Es sieht unheimlich süß aus." Dann drehte er sich um und ging in den Club.
Ich blieb für einen Augenblick noch ziemlich verdattert stehen, konnte gar nicht richtig realisieren, was er da eben gesagt hatte und ging dann mit dem wohl breitesten Grinsen der Welt auf das Auto zu, um vorne einzusteigen.

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