Unfaire Bürde

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Am nächsten Morgen saß sie Cal gegenüber am Tisch und sah dem Personal dabei zu, wie sie ihnen das Frühstück servierten. Die Stille war ein extremer Kontrast zu dem Trubel, dem sie gestern begegnet war. Cal wirkte verstimmt. Sein Gesicht war leicht angespannt und er vermied es sie direkt anzusehen, während er seinen Kaffee trank. Irgendwas stimmte nicht, das spürte Rose, aber sie traute sich nicht zu fragen.

Erst, als die Bedienung weg war, stellte er seine Tasse ab und widmete sich ihr.

»Ich hatte gestern gehofft du würdest noch zu mir kommen.«

Rose stellte ihre Tasse Tee behutsam ab. Cal hatte zwar angefangen mit ihr zu sprechen, allerdings machte es das nicht unbedingt besser. Seine Stimme hörte sich fast bedrohlich an und Rose musste aufpassen, was sie ihm erzählte.

»Ich war sehr müde«, sagte sie nur, was nicht unbedingt eine Lüge war.

»Du musst dich zweifellos unter Deck etwas verausgabt haben.«

Schlagartig wurde ihr klar, dass Cal bescheid wusste. Deswegen war er verärgert, was anderes konnte es nicht sein. Ihre anfängliche Sorge war verflogen und machte dem Frust Platz, den sie jetzt verspürte. Nicht einmal in der dritten Klasse konnte sie dem Griff ihres vermeintlichen Standes entkommen. Niemals würde Cal einen Fuß in die dritte Klasse setzen, was nur bedeuten konnte, dass er seinen Spürhund nach ihr ausgeschickt hatte.

»Du hast also deinen Totengräber von Diener beauftragt mich zu verfolgen. Typisch für dich«, kommentierte sie sein Verhalten und gab sich keine Mühe dabei die Verbitterung in ihrer Stimme zu kaschieren.

»Du wirst dich nicht noch einmal so aufführen Rose, hast du verstanden?«

Es war eine Frage, aber es klang viel mehr nach einem Befehl und das wollte sie sich nicht gefallen lassen.

»Ich bin keiner deiner Vorarbeiter, die du herumkommandieren kannst. Ich bin...deine Verlobte Cal.« Diesen Umstand mochte sie nicht, aber gleichzeitig nahm sie sich dadurch das Recht heraus nicht seinen Wünschen ausgeliefert zu sein. Auch, wenn das andere Ehefrauen anders sahen.

»Meine Verlobte? Meine Verlobte! Genauso ist es!«, schrie er plötzlich, stand auf und schmiss mit einer Handbewegung den Tisch klirrend zur Seite, sodass alles zu Boden fiel und dort zerbrach. »Und meine Frau!«, schrie er weiterhin.

Rose hatte mit einem Mal so einen Schreck bekommen, dass es ihr den Atem verschlug. Sie klammerte sich regelrecht an ihren Stuhl und sah mit aufgerissenen Augen an. Der Schock saß tief in ihren Knochen und hinderte sie daran sich zu bewegen.

Cal machte einen Satz nach vorne, stützte sich an den Stuhllehnen ab und starrte ihr direkt ins Gesicht. »Praktisch meine Frau, wenn auch nicht vor dem Gesetz!«

Rose wollte etwas sagen, brachte aber keinen Ton heraus.

»Und deswegen wirst du mich ehren. Du wirst mich so ehren, wie es sich für eine Frau gehört ihren Mann zu ehren. Denn ich werde mich nicht zum Narren machen Rose.«

Er sprach auf einmal so ruhig und betont, dass es ihr kalt den Rücken runter lief. Sie hasste sich selbst davor, dass sie sich nicht rühren konnte.

»Gibt es noch irgendwelche Unklarheiten?«

Rose schüttelte sachte den Kopf und traute sich nicht ihren Blick abzuwenden.

»Nein«, kam es mit einer dünnen Stimme von ihr.

»Gut. Entschuldige mich.«

Cal entfernte sich von ihr und verließ den Raum. Rose blieb zitternd zurück auf ihrem Stuhl sitzen und versuchte wieder zu sich zu finden.

Behind the Veil (wlw)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt