Du kannst dich nur selbst retten

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Es gab selten Tage, an denen sich Jack so hin und hergerissen fühlte, wie es jetzt der Fall war. Sie freute sich sehr darauf, Rose wiederzusehen, wusste aber gleichzeitig, dass sie ihr die Wahrheit sagen musste. Sie hätte nie gedacht, dass es ihr einmal so schwer fallen würde.

Zwischen Rose und ihr war etwas, oder es war gerade dabei zu entstehen, da wollte sie nicht, dass Rose sie für jemanden hielt, der sie nicht wahr.

Was sie damit riskierte, machte ihr Angst, aber sie wusste, dass kein Weg dran vorbei führte.

Sie machte sich also auf dem Weg zu Speisesaal, wo sie gestern Abend mit alle den anderen gegessen hatte, ehe sie sich mit Rose davon stahl. Ein breites Lächeln erschien bei der Erinnerung auf ihren Lippen. Es war, als wäre Rose eine völlig andere, eine viel lebendigere Person, wenn sie sich unbeobachtet fühlte. Aber wie sie auf diese Enthüllung reagieren würde, konnte Jack kaum einschätzen.

Bereits auf den Treppen konnte sie Musik und Gesang hören, fast wie von einem Chor. Es erinnerte sie an eine Kirche und es würde sie auch nicht wundern, wenn die geschlossene Gesellschaft einen Gottesdienst abhielt.

Der Gang war leer, bis auf die zwei Männer, die vor der Doppeltür zum Speisesaal standen. Selbstbewusst ging Jack auf die beiden zu, immerhin hatten sie sie am Vorabend auch hinein gelassen.

»Sir«, sprach einer von ihnen und stellte sich ihr in den Weg.

»Ich muss nur mal ganz kurz mit jemandem reden«, sagte sie und wollte an ihm vorbei. Er drückte sie behutsam weg und verwehrte ihr erneut den Zutritt.

»Sir, Sie dürfen sich hier nicht aufhalten. Es tut mir leid.«

»Ich muss mit jemandem reden«, wiederholte sich Jack mit mehr Nachdruck. »Erinnern Sie sich nicht, ich war gestern Abend auch hier.«

»Bedaure. Ich erinnere mich nicht mehr und jetzt muss ich Sie-«

»Er kann es bestätigen«, unterbrach ihn Jack, als sich die Tür von Innen öffnete und Lovejoy heraus kam. Dieser schritt direkt auf sie zu, bis er kurz vor ihr stehen blieb. Jack wusste nicht, ob er ihr wirklich eine Hilfe war, aber sie musste es versuchen.

»Ich möchte nur kurz mit ihr reden.«

»Mr. Hockley und Mrs. DeWitt Bukater sind Ihnen weiterhin für Ihre Dienste sehr verbunden. Sie haben mich gebeten Ihnen das als Zeichen ihrer Anerkennung zu geben«, sagte Mr. Lovejoy und hielt Jack ein paar Geldscheine hin. Natürlich nahm Cal an sie mit Geld dazu bringen zu können sich von Rose fernzuhalten. Zu seinem Leidwesen allerdings war Jack noch nie käuflich gewesen, sonst hätte sie es nicht nötig gehabt sich ihr Ticket beim Poker zu erspielen.

»Ich will das Geld nicht, bitte ich will doch nur-«

»Und es soll Sie auch nochmal daran erinnern, dass Sie eine Fahrkarte der dritten Klasse haben und Ihre Anwesenheit hier nicht länger erwünscht ist«, fiel er ihr nun ins Wort.

»Bitte, ich möchte doch nur ganz kurz mit Rose reden.«

Ihrer Stimme war deutlich zu entnehmen, dass sie nicht verstand wieso das so ein großes Problem war. Sie musste mit ihr reden, egal wie.

»Gentleman, würden Sie bitte dafür sorgen, dass Mr. Dawson wieder dorthin gelangt, wo er hingehört und auch dort bleibt«, trug er den beiden Männern auf und gab ihnen das Geld, welches er zuvor Jack angeboten hatte. Diese zögerten keinen Augenblick es einzustecken, ihn an der Schulter zu fassen und forcierter wegzuschieben.

Jack blieb nichts anderes übrig als mitzugehen, doch würde sie sich schon etwas anderes einfallen lassen, wie sie mit Rose würde sprechen können.

Behind the Veil (wlw)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt