,,Wie heißt du noch mal?" fragte, nein, lallte eher der große, brünnete Junge. ,,Liv. Liv Peters." gab ich leiser zurück, obwohl ich lieber geschrien hätte, dass alle mich in Ruhe lassen sollten. Aber das ging natürlich nicht in der Rolle der kleinen, schüchternen und sozialen Liv. Wir saßen in einem Kreis und alle schauten mich interessiert an.
,,Stimmt nicht!" rief Tyler auf einmal und schloss schon mal die Augen. Jetzt wird er seine Vermutung teilen und natürlich werden ihm alle glauben. ,,Sie heißt Livie!" berichtigte er mich und ich seuftzte innerlich einmal auf. ,,Und wie sieht's so mit Jungs aus, Livie?" fragte mich ein anderes, dunkelblondes Mädchen, mit einer etwas kräftigeren Statur. ,,Immerhin warst du ja das einzige Mädchen mit einer ganzen Einheit Jungs." fügte sie hinzu und kicherte. ,,Ich habe einen Freund, in der Stadt. Sobald ich achtzehn bin, werden wir heiraten." erzählte ich mit gespieltem Stolz. Von festen Bindungen hielt ich im allgemeinen nicht viel, also erst recht nichts vom Heiraten. Wenn man jemanden wirklich liebt, dann braucht man keine Ringe und ein Stück Papier, um es zu beweisen.
Alle blickten mich mit großen Augen an. ,,Dein Freund würde sicherlich platzen, wenn er wüsste, dass du nur zwei Meter entfernt von Tyler schläfst." meinte das blonde Mädchen und lachte schrill auf, sodass es in meinen Ohren klingelte. ,,Sie ist eh viel zu prüde, um etwas mit einem von uns anzufangen." Tyler deutete mit dem Krug Bier auf mich. ,,Zu verklemmt, schüchtern und viel zu sehr auf der rechten Spur." Also hast du Liv doch schon fast koplett geschluckt, Trottel.
,,Aber wisst ihr was? Wir lassen sie jetzt mal Messer werfen, denn das hat sie echt drauf." Oder auch nicht. ,,John, hol doch mal deine Messer und Kreide." befahl Tyler dem etwas kleineren Jungen, der sofort aufsprang und in sein Zel lief. ,,Tyler, ich kann keine Messer werfen." wandte ich mich an ihn. ,,Noch mal: Ich kann mit Waffen nicht umgehen. Mit keiner!" ,,Genau deswegen hast du es auch geschafft, mich am Baum festzunageln oder was?"
,,Das war ich nicht!" ,,Hier sind die Messer." sagte der Juge etwas außer Atem und wir stellten uns vor einen Baum, auf den Tyler mit roter Kreide ein Kreuz kennzeichnete. Dann drückte er mir ein Messer in die Hand. Ich könnte sie jetzt alle abstechen und laufenwir sind weit genug von den anderen entfernt Aber wohin? Ich hatte keine Ahnung, wo wir und befanden, jedenfalls war es nicht das Gebiet, auf dem Tyler mich K.O geschlagen hat.
,,Werf mal." brummte Tyler und leerte sein Bier. Ich nahm das Messer in meine 'zittrige' Hand. Das Messer war aus der Stadt, ich fühlte deutlich das eingravierte Wappen.
Ich warf das Messer und es prallte mit einem 'Kling' vom Baum ab. ,,Nochmal." John gab mir ein weiteres Messer aus der Tasche, ich warf es wieder absichtlich daneben. Dann noch eins, dann das nächste und so weiter. Ein Messer ließ ich etwa dreißig Zentimeter unter dem Kreuz einschlagen. ,,Verdammt nochmal!" fuhr Tyler mich an, sodass ich zusammenzuckte, während ich mir eigentlich ein selbstgefälliges Grinsen unterdrücken musste. ,,Mach es so wie damals, als ich dich im Wald angegriffen hatte." Tyler nahm sich ein Messer, stellte sich hinter mich, und drückte mir das Messer in die Hand, dann führte er sie mit einem Ruck nach vorne und das Messer schlug genau da ein, wo sich die beiden Linien des Kreuzes trafen. ,,Genau so. Ich weiß genau, dass du es kannst." ,,Ty, es hat keine Zweck. Sie hat eh schon Angst, also lass gut sein." mischte sich ein anderer Junge ein und legte vorsichtig einen Arm um mich, den ich ihm am Liebsten gebrochen hätte. Aber immerhin nahm er mich in Schutz und genau das war, was Liv brauchte.
,,Du hast mir nichts zu sagen, Evan. Ich weiß ganz genau, was ich gesehen habe." rief Tyler aufgebracht und stapfte davon. Die anderen verabschiedeten sich voneinander und verstreuten sich dann. Tyler war definitiv der Boss hier. Und wann hatte dieser Evan mal vor, mich loszulassen?
Ich räusperte mich und Evan nahm seinen Arm von mir. ,,Sorry." murmelte er. ,,Weißt du, du errinerst mich nur an jemanden." Oh nein, jetzt werde bitte nicht melancholisch. ,,Evan, tut mir leid, aber ich bin schrecklich müde." ,,Kann ich verstehen. Soll ich... Kann ich dich zu deinem Zelt begleiten?" Nein! Ich bin nicht dumm und hilflos, ich verhalte mich nur so. ,,Klar." ich lächelte ihn an und hoffte, dass es nicht zu aufgesetzt rüber kam.
,,Morgen beginnt die Rutine." knurrte Tyler von seiner Liege aus, als ich das Zelt betrat und mich zu meinem 'Bett' tastete. ,,Morgen bringe ich dich zu Mara, sie wird dich mitnehmen zum Kräuter- und Beeren pflücken. Dann wirst du ihr helfen zu kochen und einige Kinder zu versorgen. Mal gucken wie du dich morgen machst, je nachdem werden dir vielleicht auch andere Aufgaben zugeteilt." Tyler, Tyler, der Alkohol hat dir wirklich dein Gehirn vernebelt. Das Schlimmste was man machen kann, ist doch wohl, seine Gefangene die Gegend erkunden zu lassen. ,,Okay." sagte ich leise und ließ mich auf die Trage sinken.
,,Noch was, Livie." klang seine raue Stimme zu mir hinüber. ,,Ja?"
,,Halte dich bitte von Evan fern." Eifersüchtig? ,,Okay."
Als ich die Augen schloss, übermahnte mich der Schlaf sofort, ehe ich über nur eine Sache nachdenken konnte: Meine Flucht.
,,Livie. Steh auf!" brüllte jemand und sofort sprang ich auf. Ein Blick nach draußen genügte um zu wissen, dass mein innerlicher Wecker versagt hatte. Valerie! Reiß dich am Riemen. Du Schwächling knickst schon am zweiten Tag ein!
,,Dann wollen wir mal sehen, ob du auch das Leben hier draußen drauf hast." begrüßte mich ein verschlafener Tyler und umarmte mich. Auf einmal. Ohne Vorwahnung. Diesmal war ich diejenige, die ihm den Rücken tätschelte. Doch dann umarmte ich ihn gänzlich, sodass ich seine Wärme spürte. Es war schließlich Liv, die ich hier spielte und Liv tätschelte nicht, sondern umarmte.
Mara war eine kleine, aber grantige Frau, die mich in den nächsten anderthalb Wochen unterrichtete. Ich mochte sie eigentlich, als Liv, sowie als Valerie, auch wenn Mara immer das sagte, was sie dachte, womit sie schon zwei Mädchen zum Weinen gebracht hatte. Womit ich gar nicht klar kam, war, dass die Männer hier meinten, dass sie über alles und jeden bestimmen könnten. Es gab richtige Alpha Tiere und Tyler war definitiv eines, genauso wie sein Vater, der mich bis aufs Blut hasste, wobei ich sagen muss, dass ich ihn auch nicht ausstehen könnte.
Nach außenhin kuschte ich und tat so, als würde ich mich schnell einschüchtern lassen, wobei ich in meinem Kopf eine Liste erstellte, wen ich als erstes kaltmachen würde, wenn ich fliehen und mit einer Einheit zurück kehren würde.
Wie lange würde es dauern, bis die Regierung mich fand? Würden sie mich überhaupt suchen, oder vertrauten sie auf meine Fähigkeiten und hofften, dass ich den Weg zurück in die Stadt alleine fand? Ich setzte mal auf die zweite Möglichkeit, womit ich eigentlich ganz zufrieden war. So blieb mir genug Zeit, die Schwachstellen der Wasters zu finden und mir natürlich einen Plan zurecht zu legen.
Abends, machte ich Sit Ups und Muskelaufbau Training und führte einige Übungen durch, um nicht komplett aus der Fassung zu kommen. Wie gut ich es noch drauf hatte, zeigte sich an dem Abend, als ich mit Tyler alleine im Zelt war...

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Der Anfang des Endes
RomanceValerie ist Soldatin und als einziges Mädchen bei der Bundeswehr, so beschützt sie die Einwohner ihrer Stadt, die trotz der hohen Mauer immer wieder Angriffe der Außenlebenden erfahren müssen. Ihre Familie ist bei einem Angriff brutal ermordet worde...