Kapitel 28

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Er malte Strichmännchen auf die Tischplatte. Während des Historik Unterrichts. Und er hörte kein bisschen zu.

,,Mr. Hunter. Was sagen sie denn zu dem Pakt, den Russland mit Polen geschlossen hat?" fragte der Houston und selbst ich zuckte zusammen. Einer der strengsten Lehrer, den man im Theorie Unterricht haben konnte richtete das Wort an Tyler, der langsam aufblickte und dann selbstgefällig grinste.

,,Nun ja, Sir. Der Pakt ist in meinen Augen eine gute Sache gewesen, denn somit waren die Russen und Polen Verbündete, im Falle eines Krieges. Was ich denen aber nicht abhändeln kann, ist, dass Polen alle Machtpositionen an Russland abgeben musste, wie zum Beispiel, dass der russische Zar unbedingt doch König werden musste." Tyler lehnte sich zurück und genoss sichtlich meinen ungläubigen Blick von der Seite. Was mich am meisten überraschte war, dass er so hochgestochen sprechen konnte, natürlich mal davon abgesehen, dass er fünf Jahre lang unzevilisiert gelebt hat.

,,Ich muss sagen, dass ich ihre Ansichtspunkte teile, Mr. Hunter. Da sie so gut erläutern können und noch ziemlich neu sind, bitte ich sie, für die nächste Stunde einen Vortrag über den Friedenspakt zwischen Deutschland und Österreich vorzubereiten, ich bin schon gespannt über ihre Meinung."

Diesesmal konnte ich mit ein selbstgefälliges Grinsen nicht unterdrücken, während alle ihre Sachen zusammenpackten und sich in Richtung Kantine aufmachten.

,,Mach dir nichts draus." meinte ich schadenfroh und brachte die Bücher zu meinem Spint. Wie jeden Tag bis auf sonntags hatten wir sechs Stunden Theorie Unterricht, eine halbe Stunde Pause und dann bis halb sieben abends Traing.

Diese Woche lag der Schwerpunkt auf dem Schießen, was gleich nach Nahkampf und Messerwerfen mein Lieblingsthema war.

Tyler knallte seine Spinttür neben meiner zu und fuhr sich durch die Haare.

,,So eine Scheiße. Ein Referat. Das letzte, das ich gehalten habe, war über das Ökosystem. Mit dreizehn oder so." brummt er und schwang sich den Beutel mit den einheitlichen Trainingsklamotten auf die Schulter. ,,Ist nur, weil du gemalt hast. Wenn du schon meinst, im Unterricht zeichnen zu müssen, dann wenigstens richtig. Und keine Strichmännchen." tadelte ich ihn und wandte mich meinem Spint zu, nur um dann gleich einen Ellenbogen in die Rippen zu kriegen. ,,Kannst du nicht aufpassen!?" keifte ich und schaute in das spöttische Gesicht von Liam.
,,Habe ich dir etwa wehgetan?" er beugte sich zu mir runter und kniff mir in die Wange, doch ich umpackte sein Handgelenk und seine Freunde, die steht's um ihn herum standen, gaben ein Raunen von sich.
,,Noch einen Schritt und ich breche dir jeden Finger einzelnd." flüsterte ich und sah ihm in die Augen. ,,Das traust du dich eh nicht. Außerdem kannst du es nicht, da ich dich davor fertig gemacht habe." grinste er und seine Freude lachten auf.
So langsam scherte sich eine Menge um uns, die das Geschehen interessiert verfolgte. Tyler stand an den Spint gelehnt und musterte Liam von unten bis oben.
,,Du glaubst gar nicht, was ich alles kann. Und jetzt verpiss dich, du Lappen." zischte ich und das Raunen schwoll an.

Liam wollte gerade etwas sagen, da zeriss Tyler seine Worte. ,,Du hast gehört, was sie gesagt hat." sprach er so ruhig und leise, dass es mir den Rücken runterlief. Die Reihen wurden ganz still und Liam wandte sich ihm zu, doch Tyler stand weiterhin gelassen am Spint und schaute ihn gelangweilt an. ,,Und was willst du jetzt?" wollte Liam wissen und machte einen Schritt auf Tyler zu. ,,Das du deine Finger von ihr lässt. Ich meine, sie kann sich ganz gut selbst wehren, aber du bist echt ätzend. Hat dir das eigentlich schon mal jemand gesagt?" schnaubte Tyler verächtlich.

,,Was hast du gerade gesagt, du Pisser?" reif Liam und seine gespielt relaxte Mimik verrutschte. ,,Wie hast du mich gerade genannt?" äffte Tyler ihm nach und fügte hinzu: ,,Geh, ich habe keine Lust, mich mit dir zu unterhalten. Reine Zeitverschwendung." er machte eine Wischbewegung und Liams Faust traf Tylers Kinn. Zumindest hätte sie das, wenn er sie nicht abgefangen hätte. Ich warf Tyler einen warnenden Blick zu. ,,Spar dir das für das Training gleich. Dann kannst du es ja versuchen." meinte und ließ Liam stehen. Die Menge gröhlte. Unter ihnen waren auch ein paar Mädchen, die in den Komplexen neben der Kaserne studierte. Doch an der Militärschule hier war ich die Einzige.

Dank meines Images habe ich keine Probleme, bis auf Liam halt, der es auf mich abgesehen hatte. ,,Na los mach schon. Lauf deinem Lover hinterher." grinste er mich dreckig an. Ich zuckte die Schultern und hob meinen Beutel auf, ehe ich hinter Tyler her joggte, den ich erst am Eingang der Cafeteria eingeholt hatte. ,,Du brauchst dich nicht für mich einsetzen!" meinte ich und wir nahmen und ein Tablett und Besteck von dem Wagen, neben der Essensausgabe. ,,Ich weiß." gab er nur zurück und ließ sich sein Teller bis oben hin mit Haferschleim auffüllen. ,,Gut." ich hielt nach einem Platz ausschau und setzte mich schließlich neben Eric, Tyler nahm gegenüber Platz. ,,Alles gut bei dir?" fragte Eric mich nach einer Weile, die ihn wahrscheinlich eine Menge Überwindung gekostet haben muss.

,,Wie du siehst, bin ich noch am Leben. Das ist Derek." ich nickte zu Tyler hinüber, der einmal kurz lächelte und sich dann wieder den Brei hineinschaufelte, als gäbe es kein Morgen mehr. ,,Und was wird jetzt aus der Mission?" flüsterte er und Tyler zog die Augenbrauen nach oben. ,,Abgebrochen. Zumindest für mich. Ich strebe den Posten als Unteroffizierin an." ,,Wow. Nicht schlecht." meinte Eric, er war verblüfft, dass ich mehr als drei Wörter mit ihm wechselte.

Die Klingel schrillte und alle räumten schnell ihr Besteck ab, um nicht Extrarunden laufen zu müssen. Danach ging jede Einheit zu ihrem Sportkomplex. Insgesamt waren es drei Gebäude, im üblichen grau gehalten. Eine Halle für die dreizehn- bis vierzehn Jährigen, eine für die fünfzehn- bis sechszehn Jährigen und die größte für die siebzehn bis zwanzig Jährigen. Die meisten gingen mit achtzehn von dieser Schule hier ab, um mit der grundlegenden Ausbildung auf einem Stützpunkt zu arbeiten. Die, die zwei weitere Jahre hier zu Schule gingen, konnten zum Commander, Ober- oder Unteroffiezier ausgebildet werden, jenachdem, wie man sich während der Zeit machte.

Meine Chancen standen sehr gut, schon nach diesem Jahr Unteroffizierin zu werden, wie mir der Commander mitgeteilt hatte, deswegen waren für mich Schlägereien, Scherereinen und weiteres auf dem Schulgelände verboten, wenn ich weiterhin eine gute Aussicht auf den Titel haben wollte. Nebenbei bemerkt hätte ich dann die nötigen Schlüssel, um mir Zutritt zu allen Räumen zu beschaffen. Auch zu dem Regierungsgebäude in der Stadt.

Ich zog mich schnell um und band mir meinen Zopf neu, dann begann ich, mich mit dem üblichen Hindernisspakour aufzuwärmen. Dann dreißig Liegestütze, Rumpfbeugen, fünf Runden anfersen und weitere fünf im Wechselschritt, dann war ich fit. Das Aufwärmen war immer ein Muss, auch wenn wir sowas wie Bogenschießen oder Messerwerfen machten.

Es gab fünf Schießbahnen, in einem abgetrennten Raum von der Trainingshalle, in den jeweils immer fünf Leute gerufen wurden. Derweil übten die Leute, die warten mussten, verschiedene Griffe und Tritte, die man bei einem Duell anwenden konnte. Ich schloss mich mit Luke zusammen, der Unterricht eine Stufe über mir nahm. Er war gut, sehr gut sogar, nur leider nicht gut genug und so lag er ruckzuck unter mir auf der Matte lag. So ging das ein paar Mal und Luke kam schon gar nicht mehr zu Atem, deswegen nahm er auch dankbar Tylers Frage an, ob sie tauschen wollen.

Zuerst führten wir zaghaft Schläge aus, die der Andere locker voraussehen konnte. ,,Du schlägst wie ein Mädchen, Bennet." rief Tyler und seine Schläge wurden fordender. Das konnte ich auch. Und du kämpfst wie eines, Hunter." gab ich zurück und landete meinen ersten Treffer, den er schon fast zufrieden quittierte. ,,Hau rein!" ,,Na gut..." Wir steigerten uns immer mehr ins Duell und dann kam der Punkt, in dem man alles ausschaltete, in dem die Reflexe und das Gehirn auf Hochtouren liefen. Mir wurde dennoch bewusst, dass dieser Kampf ins Unentliche führen würde. Er hatte die Kraft, ich die Geschicklichkeit.

Erst der laute Piff, ließ mich erkennen, das alle uns zuschauten. Selbst der Coach. Und ich hatte ihn noch nie so überrascht gesehen. ,,Hunter. Bennet. Mitkommen zum Schießen. Außerdem Miller, Audrey und Meyer." Tyler und ich sahen uns an und ich konnte seinen Ausdruck zum ersten Mal nicht richtig deuten.

Der Anfang des EndesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt