Kapitel 38

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Der Mann brach zusammen und rollte sich auf der Erde hin und her, hatte das Schreien aber aufgegeben. ,,Irgendeine Falltür?" brüllte ich ihn an, aber er gab mir keine Antwort. Ich packte das Messer in seinem Fuß und bewegte es minimal, offenbar hatte das Betäubungsmittel noch nicht ganz eingesetzt. Er schrie einmal kurz auf und von unterhalb ertönten Rufe.

,,Wo!?" fuhr ich ihn an und umgriff das Messer fester. ,,Hinter den Kisten." hauchte er unter Tränen und warf sich hin und her. ,,Keine Sorge, das Mittel wird gleich wirken." sagte ich und schob die Holzkisten an der gegenüberliegenden Wand zur Seite, darunter befand sich tatsächlich eine Luke, die ich mit einem Ruck aufzog.

Eine Strickleiter führte etwa vier Meter in die Tiefe und ich ergriff sie ohne zu zögern. Ich hielt mein Atem an, aber alle Geräusche, die ich oben wahrgenommen habe, waren verschwunden. Nicht einmal leise Schritte konnte ich ausmachen, stadessen verschluckte mich die Finsternis. Die Wände waren feucht und es roch leicht nach Moder, aber ich tastete mich vorwärts. Der Raum war ungefähr genauso groß wie der, der oberhalb von mir lag, ich entdeckte aber einen Gang, ungefähr zwei Meter breit. Beim Gehen achtete ich darauf nie mit dem ganzen Fuß aufzutreten und lauschte auf weitere Geräusche.

Der Gang machte eine Kurve, ich musste mich jetzt ungefähr schon außerhalb der Stadt befinden. Ein leises Klirren ließ mich innehalten und ich drückte mich an die Tunnelwand.

,,Sie ist auf jeden Fall unten." wisperte eine weibliche Stimme, wenn sie sich im Tunnel befanden, betrug die Entfernung circa zweihundert Meter. Sofort bereute ich es, das Messer doch oben gelassen zu haben und ging leise in die Hocke, um meine Stiefel aufzuschnüren. In jedem hatte ich zwei Dolche und noch nie war ich so froh darüber gewesen, wie jetzt.

,,Nein, lass die Taschenlampe aus! Mina hat uns gewarnt, Bennet ist ein Profi!" flüsterte eine männliche Stimme. Mina? MINA!? Ich kannte nur eine Mina und das war das kleine, unschuldige Mädchen, das ich am Rande der Klippe aufgegabelt hatte. Nein, was machte Mina hier!?

Die Schritte hallten immer lauter wieder und ich zwang mich, meine Gedanken auf den bevorliegenden Kampf zu lenken. Offenbar waren sie zu dritt, ich würde es schaffen, sie zu überwätigen, allerdings konnte ich nicht wissen, was für Waffen sie bei sich trugen.

Ich hielt erneut den Atem an, denn die Schritte hörten sich keine zehn Meter entfernt an. ,,Was jetzt? Sie ist hier nicht. Vielleicht hat Rob es geschafft, sie auszuschalten." meinte das Mädchen und ihre Stimme hörte sich unmittelbar nah an. ,,Nie im Leben. Ich habe sie in Action gesehen, nichteinmal Rob hätte es geschafft." ertönte die dritte Stimme und sie kam mir bekannt vor, auf jeden Fall hatte sie mit jemandem aus der Kaserne zu tun. Mittlerweile wunderte mich aber nichts mehr.

Die Truppe blieb genau vor mir stehen, wenn ich die Hand ausgestreckt hätte, hätte ich jemanden berührt. Ich wägte meine Chancen ab, einfach hinter ihrem Rücken anfangen zu laufen, aber wenn ich stolperte über den unebenmäßigen Boden, war ich verloren.

Ich drehte den Dolch einmal in der Hand, dann stieß ich ihn einfach in die Dunkelheit, wo er auf einen weichen Wiederstand stieß und daraufhin das Mädchen schrill aufbrüllen ließ. ,,Mein Arm! Verdammt, die Taschenlampe!" schrie sie und fuchtelte mit ihren Armen herum, wobei sie meinen Ärmel streifte. ,,Scheiße!" rief der eine Junge und augenblicklich blendete mich ein greller Lichtstrahl. ,,Das ist sie!" stieß der andere hervor. Da staunst du nicht schlecht, was?

Ich schleudere den zweiten Dolch von mir, der allerdings nur in der Seite des Oberschenkels meines Angreifers haften blieb, da mich der Andere zu Boden rammte und ich mit dem Hinterkopf auf den Boden aufschlug. Der Schmerz sickerte nur zäh zu mir durch und ich richtete mich auf und plazierte eine weitere Wunde an der Wade des Mädchens, die sie auf die Knie sinken und ihr Tränen des Schmerzens über das Gesicht rinnen ließ. Der Junge mit dem Messer im Oberschenkel kam auf mich zugehumpelt, wärend der andere, noch völlig unversehrt, sein Knie in meine Magengrube haute, sodass ich mich automatisch krümmte, obwohl der Schmerz eigentlich viel heftiger hätte ausfallen müssen. Von hinten hörte ich Schritte hallen und ich machte eine halbe Drehung, wobei ich geschickt meinen letzten Dolch zwischen den Rippen.

Wie in Zeitlupe starrte er geschockt auf seinen Brustkrob und fasste sich an die Stelle. Zu lange ließ ich wohl meinem Blick auf ihn Ruhen, denn als ich mich umdrehte lief ich geradewegs in zwei Arme, die mich fest umklammerten. Für einen winzigen Moment dachte ich an Tyler, aber dann umfassten die groben Hände meine Handgelenke und warfen mich zu Boden. Ich holte mit der Handkante aus, aber konnte keinen Treffer landen, der Junge drückte mich mit all seinem Gewicht zu Boden.

,,Wo ist Tyler?" schrie ich außer mir und wandte mich, konnte den Griff aber nicht lockern. ,,Da wo er hingehört." sagte eine glockenhelle Stimme, die ich überall wieder erkannt hätte. ,,Was machst du hier, Mina?" fragte ich und drehte den Kopf zu Seite, sodass ich von unten ihr Gesicht sehen konnte. ,,Ich mache das Richtige." ,,Das glaube ich wohl kaum. Wo ist Tyler?" füsterte ich und kniff die Augen zusammen. ,,Gib ihr denn Rest." raunte sie und das kühle Metall einer Spritze durchstach die Haut an meinem Hals.

Es war auf jeden Fall höher dosiert, als die Ladung, mit der der Mann von oben auf mich gewartet hatte, denn augenblicklich wurde mein Sichtfeld verschwommen. Mit aller Kraft versuchte ich mein Bewusstsein zu behalten, aber irgendwann wurde alles schwarz.

Und erneut hatte ich versagt. Versagt in einem Kampf, den ich eigentlich hätte gewinnen müssen. War ich es überhaupt noch würdig?

 

Der Anfang des EndesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt