Kapitel 12

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,,Ich hätte nie gedacht, dass du so zäh bist." meinte Tyler, während er verschiedene Messer und Skalpelle an einem Wetzstein schliff. Ich warf immer wieder interessierte auf die Waffen, denn fast alle stammten aus der Stadt. ,,Und ich hätte nie gedacht, dass du dir dein Gesicht so lange bewahren kannst." Jetzt fängt das schon wieder an. Tyler stand auf und musterte mich eingehend. Ich schaute auf den Boden.

Er hob mit seinem Zeigefinger mein Kinn an und fixierte meine Augen. ,,Wieso kann ich dir 'Liv' nicht abkaufen?" Vielleicht, weil du ein ausgebildeter Elite Soldat bist? ,,Wieso sehe ich immer ein anderes Mädchen, wenn ich dich so ansehe?" Weil ich die 'Liv' Rolle nicht gut genug gespielt habe, um dich voll und ganz zu überzeugen. Aber keine Sorge, das wird noch. ,,Wieso...?" er beugte sich zu mir runter. Wehe. Er kam noch näher. Wenn du das tust, dann gnade dir Gott. Schließlich legte er seine Lippen auf die meinen. Zwei Sekunden vergingen, dann rammte ich mein Knie zwischen seine Beine, das ihn nach Luft schnappen ließ. Er krümmte sich und ich versetzte ihn einen Schlag mit meinem Ellenbogen auf die Wirbelsäule. Er verlor den Halt, doch packte sich meinen Fußknöchel, sodass ich mit zu Boden ging. Er bekam meine Handkante voller Kraft gegen die Brust, doch er hielt meine Hand fest und drückte sie zu Boden. Ich wollte gerade mit meinem Ellenbogen, doch er ließ plötzlich von mir ab und stand auf. ,,Ich wusste es! Du bist ganz garantiert nicht die Liv, die uns hier allen vorspielen willst." Oh Fuck! Nein! ,,Wenn ich wetten dürfte, würde ich darauf setzten, dass du noch nicht mal Liv heißt." Es hatte keinen Zweck mehr. Wieso sollte ich jetzt noch weiter versuchen, ihm etwas vorzugaukeln? Er war gut- Zu gut für mich.

,,Pass auf, ich mach dir einen Vorschlag:" sagte er, und hielt mir die Hand hin. Ich rappelte mich von alleine auf und schaute ihn kühl an. ,,Du sagst mir wer du bist. Erzählst mir alles. Und ich werde keinem etwas von... der 'kleinen Entdeckung' erzählen. ,,Deal?"

Ich nickte resigniert. Und die dritte große Niederlage in meinem Leben. ,,Na dann schieß los."

,,Eigentlich gibt es nicht viel zu mir erzählen. Eltern tot geschlagen von den Euren, mit," ich hielt kurz Inne, um zu überlegen, ,,mit neun Jahren, glaube ich zumindest, in die Militärschule gewechselt, tja und von da an begann meine Laufbahn." ,,Und wie heißt du?" fragte er interessiert.

,,Valerie." ,,Und weiter?" ,,Bennet." ,,Valerie Bennet. Schön dich kennenzulernen." er hielt mir die Hand hin, die ich ihm ausschlug. ,,Und wie es aussieht, steht Valerie nicht auf Körperkontakt." ,,Hör auf über mich in der dritten Form zu reden." ,,Okay, okay." Zeit für den Gegenschlag.

,,Ich weiß, wer du bist. Du bist der, von dem die Jungs in der Einheit über mich reden." Tylers Lächeln verging, als hätte man es ausgeknipst. ,,Und jetzt mache ich einen Vorschlag: Erzählst du jemanden von mir, erzähle ich von dir." ,,Abegmacht." sein Lächeln war wieder da. ,,Schön zu hören, dass immer noch über mich gesprochen wird."

Wir redeten und redeten, so lange hatte ich noch nie so lange einen Dialog geführt. In einem gewissen Sinne war er wie ich, nur das er freiwillig zu den Wastern gegangen war. Wieso wollte er mir nicht sagen.  Und außerdem hatte er ein größeres Herz als ich.

Er war wie Feuer, ich wie Eis. ,,Aber denk nicht, dass ich dich jetzt laufen lasse." meinte Tyler irgendwann, als uns der Gesprächsstoff ausging. Es war bereits stockdunkel draußen. Wer sagt denn was von laufen 'lassen'. Ich brauche nur noch eine Richtung zu erkunden, dann weiß ich schon, wohin ich abhauen muss. ,,Denke ich nicht." ,,Dann ist ja gut."

,,Ich lege mich jetzt hin. Nacht." sagte ich und ging in das abgegrenzte 'Zimmer'. Gerade als ich mir mein Shirt ausgezogen hatte, kam Tyler hineingeplatzt. ,,Sag mal geht's noch!?" ,,Ich wollte nur Sorry sagen. Für eben. Also wegen demm Kuss." ,,Ist gut. Und jetzt hau ab!" fauchte ich ihn an. Eigentlich war es nur Unterwäsche, aber es ging mir gehörig gegem den Strich, wenn Tyler mich so sah.

Mara hat gesagt, dass wir zur Klippe gehen, dort wachsen diese Kräuter, deren Namen ich mir nicht merken konnte.

Was ich nicht wusste: An der Klippe erwartete mich mehr, als nur ein paar kleine Kräuter.

Der Anfang des EndesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt