30. Kapitel

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Sicht von Bill

Blinzelt wachte ich morgens auf, als die ersten Sonnenstrahlen mir direkt ins Gesicht schienen. Ich verzog das Gesicht.
Habe ich Lust aufzuwachen?
Nein.
Werde ich es schaffen wieder einzuschlafen?
Verdammt, nein!
Murrend setzte ich mich auf. Oder eher gesagt versuchte ich, denn links von mir klammerte mein persönlicher Klammeraffe, auch unter dem Namen Will bekannt, mich sehr fest. Seufzend löste ich mich von ihm, was nur dazu führte, dass er mich fester umklammerte. Ich versuchte es nochmal. Diesmal schaffte ich das auch. Nur blöd dass Will dabei aufwachte. Stöhned rieb er sich die Augen und setzte sich auch auf. Sofort hatte ich ein schlechtes Gewissen. Was ist wenn er noch müde ist und er eigentlich weiter schlafen möchte, aber durch mich nicht  mehr einschlafen kann. Ich erinnerte mich an gestern, wo Mabel mich fertig gemacht hatte, weil ich nur an mich gedacht habe und kein bisschen an Will.
,,B-bill?"
,,Tut mir leid, dass ich dich aufgeweckt habe. Ich wollte nur kurz aufs Klo. Schlaf einfach weiter.", sagte ich.
Ich gab ihm ein Kuss auf seiner Stirn und wollte aufstehen, aber Will hielt mich am Arm fest.
,,G-geht's d-dir g-gut? S-sind d-die
N-nebenwirkungen n-noch n-nicht
a-aufgetreten? D-denn d-du..."
,,Ja, mir geht's gut. Und nein bisher sind die Nebenwirkungen noch nicht aufgetreten. Aber warscheinlich werden sie es erst später tun." Gestern Abend als ich in unserem Zimmer war und mich mich bettfertig machen wollte, kam Will mit der Lasagne. Da ich noch Hunger hatte, aß ich sie auf und erzählte alles was Sixer und ich im Labor gemacht haben. Was ich jetzt bereute, denn ich wollte ihm nicht unnötig Sorgen bereiten.
Er nickte. Er ließ meinen Arm los.
,,Wie auch immer. Gehen wir jetzt frühstücken?"
Wieder nickte Will. Ich gehe zu unserem Kleiderschrank und öffnete sie. Will erschien neben mir und zog seinen blauen Lieblingssweatshirt und eine schwarze Hose heraus. Ich nahm mir ein dunkelrotes T-Shirt raus und eine verwaschene Jeans. Wir zogen uns um und gingen dann ins Bad. Als erstens ging ich rein und machte, was jeder Mensch im Bad morgens tut. Nachdem ich fertig war, ging Will rein und ich wartete auf ihn. Als er endlich raus kam, gingen wir in die Küche. Auf dem Weg  zur Küche sahen wir, dass Stan nicht mehr im Wohnzimmer schläft, sondern warscheinlich aufgestanden war und im Laden diesen Fragezeichen-Typ und diese Feuerlocke kommandierte. Als wir in der Küche ankamen war da niemand. Schon komisch.
,,Weißt du wie viel Ihr wir haben?", fragte ich Will.
,,U-ungefähr a-acht U-uhr d-dreißig."
War ja klar. Niemand stand vor zehn auf außer Stan. Ich hörte Wills Magen knurren. Da fiel mir eine Idee ein. Normalerweise hatte ich als Wiedergutmachung vor einen Tag lang nett zu sein. Also so richtig nett. Doch ich könnte als Entschädigung das Frühstück machen.
,,Setzt dich Will. Ich mach dir essen."
,,N-nein. D-du b-brauchst m-mir
k-kein e-essen z-zu m-machen."
,,Doch ich mache. Jetzt setzt dich hin. Sonst werde ich traurig."
Will überlegte. Man sah, dass es ihm überhaupt nicht passte, dass ich was für ihn machte, aber er möchte auch gleichzeitig meine Gefühle nicht  verletzen. Lange kaute er auf seinen Lippen.
,,N-na g-gut."
Freudig klatschte ich mit meinen Händen. Er setzte sich am Esstisch und schaute mich neugierig an.
,,Was möchtest du essen? Und sag bloß nicht was ich möchte, denn ich möchte wissen was du möchtest."
Will klappte seinen Mund auf und schloss sie wieder.
,,I-i-ich m-möchte P-pfannekuchen."
Okay... Das wird schwierig. Will bemerkte meine Unsicherheit und fügte noch hinzu: ,,A-aber e-ein
B-butterbrot r-reicht
v-vollkommen a-aus."
,,Was, nein. Ich mache dir jetzt Pfannekuchen."
Ich sah mich in der Küche um. Hier sind total viele Schränke und Regale. Ich stöberte und fand anschließend eine Schüssel, einen Handmixer und die Zutaten dafür - jedenfalls denke ich, dass man die Zutaten dafür bräuchte.
Ich spürte die erwartungsvollen Blicke von Will. Ich atmete tief durch. Das ist meine Chance um Will zu zeigen, dass ich keine Hilfe von irgendjemanden brauche. Ich nahm die Packung Mehl und schüttete nach Gefühl was hinein. Ich weiß, ich weiß. Ich sollte lieber einen Messbecher nehmen oder eine Waage, aber ehrlich gesagt, weiß ich nicht wie viel Gramm Mehl ich rein schütten soll, also macht das keinen Sinn irgendetwas abzumessen. Nun, denke ich, muss ich das Mehl kurz mixen, damit... das Mehl... ach ich weiß nicht, warum das Mehl gemixt werden sollte. Ich nahm das Mixer und steckte sie in der Steckdose ein. Und dann...müsste der Mixer angehen. Was habe ich falsch gemacht? Ich schüttelte es hin und her. Warum geht das blöde Ding nicht an? Ich versuchte es Minutelang.
,,S-soll i-ich h-helfen?", räusperte sich Will.
,,Nein. Ich mach das schon."
Wieder versuchte ich es. Aber es funktionierte einfach nicht.
,,Ach was soll's. Ich nehme mir einfach ein Löffel."
Ich steckte den Mixer aus und warf sie auf den Boden.
Will zuckte zusammen.
,,P-pass a-auf s-sonst m-machst d-du
d-das k-kaputt."
,,Es ist kaputt."
,,S-schmeißt d-das d-doch i-in d-den M-müll."
,,Dazu ist er nicht würdig genug. Und wenn ich es mir Recht überlege habe ich es noch nicht genug bestraft."
Will sah mich an, als wäre ich verrückt geworden. Na gut. Vielleicht bin ich das auch. Ich meine wer bestraft schon einen Mixer? Ich hob das Mixer auf und warf es mit meiner ganzen Kraft gegen die Wand.
Jep, ich bin so ein Jemand. Will zuckte wieder zusammen. Ich ging zu der Schublade mit Besteck und holte mir einen Esslöffel raus. So, lass uns jetzt beginnen. Ich wusste nicht mehr genau, was ich darein tat, aber es waren sehr viele Zutaten. Am Ende war der Teig braun und dickflüssig. Der Teig sah irgendwie komisch aus. Warscheinlich lags am Zimt oder vielleicht doch am Chilipulver. Was soll's. Ich fettete die Pfanne ein und schaltete den Backofen an. Ich gieße das ganze Teig in die Pfanne und schiebe es auch in den Ofen. Obwohl warte. Das ist doch komplett Blödsinn was ich hier mache. Ich kann die Pfanne doch nicht ins Ofen schieben, wenn der Ofen noch nicht vorgeheizt ist. Dumm, Bill. Einfach nur Dumm. Aber Will wartete bestimmt sehnsüchtig auf sein Essen. Ich atmete tief durch. Ich musste es machen. Also schob ich die Pfanne in den nicht vorgeheizten Backofen. Ich drehte mich zu Will um, der mich irgendwie komisch anschaute.
,,B-bill, i-ich d-denke n-nicht, d-dass
d-du d-die P-pfanne i-in d-den
B-backofen s-schieben m-muss.
D-denn b-bei S-stan h-habe i-ich
g-gesehen, d-dass e-er e-ein b-bisschen T-teig i-in d-die P-pfanne r-rein g-gießt u-und a-außerdem l-lag d-die
P-pfanne a-auf d-der
H-herdplatte."
,,Will. Ich bitte dich. Es heißt Pfannekuchen. Und Kuchen wird immer ins Backofen geschoben. Da in Pfannekuchen auch das Wort Pfanne ist, muss der Teig statt in einer Springform in die Pfanne gegossen werden. Verstehst du?"
,,J-ja, s-schon..."
,,Also. Überlass die Sorgen mir."
Ich wusch mit Seife meine Hände. Dabei entdeckte ich einen Rezeptebuch. Ich trockte meine Hände mit einem Küchentuch und nahm mir das Buch.
,,Guck Mal, Will. Ich kann dir jetzt beweisen, dass ich Recht habe."
Ich ging zum Esstisch und setzte mich neben Will. Will schlug das Buch auf der Seite, wo das Pfannekuchen Rezept steht. Aha. Anscheinend ist Pfannekuchen auch unter den Namen Eierkuchen bekannt. Will hielt kurz inne.
,,Was ist?"
,,S-solltest d-du n-nicht a-aufpassen,
d-dass e-es n-nicht a-anbrennt."
,,Keine Sorge, Will. Nach ca. 30 Minuten müsste es erst raus."
Er nickte. Dann suchte er weiter. Als wir es fanden, glaubte ich es nicht. Die Zutaten, die da standen, habe ich gar nicht benutzt außer Mehl, Zucker und Backpulver. Ich las es mir ganz genau durch. Ich habe alles falsch gemacht. Dabei war ich so stolz.
Will sah mich mitleidig an.
,,S-sollen w-wir e-es z-zusammen
p-probieren?"
Nee, ehrlich gesagt hatte ich keine Lust mehr. Ich hasste es zu versagen. Noch mehr hasste ich es zu versagen und jemanden enttäuchen. Aber ich muss das Frühstück hinkriegen, damit ich niemanden mehr etwas schulde und Will endlich was zu essen kriegt.
Ich seufzte und stimmte wiederwillig zu. Wir beide standen auf und machten uns auf die Arbeit. Diesmal wird es ein voller Erfolg. Das wusste ich.

Secrets of the Cipher family - Love me Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt