Ich

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Es war dunkel, die Luft kühl, der Nachthimmel klar. Ich war schon längst wieder auf dem Schulgelände, schon längst wieder im Bett.
Ich hörte Romilda schwer atmen. Vermutlich hatte sie einen Albtraum, denn sie drehte sich ständig hin und her.
Schlaflos und noch voller Adrenalin lag ich in meinem Bett.
Ich war ein Vampir und tagsüber müsste ich eigentlich schlafen. Allerdings passte ich mich so perfekt an die Menschen an, dass ich ihren Tagesablauf annahm.
Auch wenn mich das Adrenalin förmlich auffraß, überkam mich schlagartig eine gewaltige Müdigkeit, welcher ich schließlich nachgab.

Am nächsten Morgen wurde ich von einem wirklich schlimmen Geräusch geweckt.
Logisch, dass es der doofe Wecker war.
Müde und gereizt schlug ich auf ihn ein. Allerdings hatte ich meine Vampir- Kraft unterschätzt.
Das dämliche Ding flog in alle Ecken und zersprang in viele Einzelteile.
Ernsthaft? - So etwas passierte ja auch nur mir.
Müde schleppte ich mich in das Gemeinschaftsbad der Schule.
Ich berührte die Tür etwas kraftvoller und man glaubt es kaum, sie sprang auf und schlug hart gegen die Wand.
Ich konnte meine Kraft am Morgen überhaupt nicht einschätzen.
Eine der Scharnieren war kaputt. Jetzt hing die Tür schief.
Ich hatte das alles schon öfters erlebt und war deshalb nicht erschrocken im Gegensatz zu meinen weiblichen Mitschülern.
Sie standen alle mit weit aufgerissenen Augen am Waschbecken und hatten ihre Schminke im ganzen Gesicht verteilt.
„Suri hat die Tür zerstört."
„Sie ist ein halber Kerl" hörte ich es aus verschiedenen Ecken tuscheln.
„MORGEN!" eine schrille und nicht erwünschte Stimme drang in meine Ohren.
Ich drehte mich um und da stand sie: Ein schlankes Mädchen im pinken Bademantel und passenden Pantoffeln.
Romilda.
Sie war mit Abstand die Nervigste aus dem kompletten Jahrgang.
Die anderen Mädchen antworteten auf ihre Begrüßung und machten Platz, damit sie ihnen Schminktipps geben konnte, welche wirklich schrecklich waren.
Irgendwie mochten alle Romilda. Nur ich irgendwie nicht und das war ja wohl klar.
Sie nervte und war laut.
Ich rieb meine Augen und begann meine Zähne zu putzen.
Allerdings konnte ich den Mund nicht zu weit aufreißen, da sonst meine Reißzähne hervorstechen würden.
Das war alles ganz schön schwierig. Ich meinte diese Sachen zu verstecken. Dieses Vampir Dasein.
Ich musste immer beim Zähne putzen aufpassen.
Niemals durfte ich zu breit Grinsen, geschweige denn Lachen.
Falls ich jemals einen Freund haben würde, müsste ich aufpassen beim Küssen.
Her je, das waren eine Menge Sachen.


Ich schlief fast den ganzen Tag im Unterricht und wurde deshalb ein paar Mal angeschrien, aber das störte mich nicht weiter. Ich war eine absolute Schlafmütze.
Mir war so einiges egal, obwohl ich gerne ein Mensch sein wollte, fand ich die Themen in der Schule irgendwie überflüssig.
Das einzige was ich heute aufschnappte war, dass wir morgen einen Ausflug in die Stadt machten, um uns dort irgendwelche Sachen anzusehen. Die weiß ich leider nicht mehr, da ich zu müde und desinteressiert war.
Mittlerweile brach der Nachmittag an und ich spazierte auf dem Schulgelände herum.
Dabei betrachte ich mein Tattoo von Aidan und mein Medaillon.
Zu gern wüsste ich, wieso ich dieses Medaillon benutzen konnte, geschweige denn seit meiner Geburt bei mir trug.
Ich ließ mich auf eine Bank fallen und blickte in den märchenhaft aussehenden Wald. Meine Gedanken kreisten um so viele Dinge, doch ich schaltete einfach ab und schloss die Augen. Der frische Duft der Natur ließ mich entspannen.
Doch plötzlich ließ mich eine kleine Erschütterung zusammenschrecken.
Ich riss meine Augen auf und wollte mich kampfbereit machen. Aber als ich sah, dass nur ein junger Mann neben mir Platz genommen hatte, beherrschte ich mich.
„Ich wollte dich nicht erschrecken" sagte er, obwohl er mich nicht einmal ansah.
„Ist schon gut" nuschelte ich und blickte ebenfalls geradeaus.
Er räusperte sich.
„Ich suche eigentlich den Direktor dieser Einrichtung."
Jetzt blickte ich ihn an, war er etwas einer der Night Class?
Nein, er hatte keine Uniform an und er strahlte auch keine Arroganz oder Adel aus, was die meisten Blutsauger so an sich hatten.
„Ich sah dich gerade hier sitzen und entspannen, da dachte ich eigentlich kann ich es dir gleich tun, ich meine ich hab ja Zeit."
Er schloss die Augen und ich schenkte dem Wald wieder Aufmerksamkeit.
Er kam mir so bekannt vor. Ich musste ihn irgendwo schon einmal gesehen haben.
Aber wo?
„Du siehst sehr traurig aus" sagte ich ohne es zu wollen.
Verflucht, was war nur in mich gefahren?
„Ich habe gestern beinahe einen Freund verloren"
Ach herje. Das musste wirklich schlimm sein. Ich nickte dennoch nur kühl.
„Es passierte gestern in der Stadt" fing er an zu reden.
Moment mal, ich war doch gestern auch in der Stadt.
Jetzt wusste ich wieder woher ich ihn kannte.
Er war ein Hunter.
Mein Kopf schreckte herum und sein Aussehen bestätigte meinen Gedankenlauf.
Diese schwarzen strubbeligen Haare hätten mir eigentlich sagen müssen, dass er der Anführer der kleinen Hunter Gruppe war.
Jetzt blickte er zu mir. Er verzog kein Gesicht. Warum auch, ich war ja eine andere Person.
Seine himmelblauen Augen ließen mich dahinschmelzen.
Innerlich zerfetzte mich der Gedanke, dass ich gestern beinahe jemanden getötet hatte. Obwohl ich doch damit aufhören wollte.
„Kann ich dir irgendwie helfen?" fragte ich, als ob ich ihm etwas schuldig wäre.
Er lächelte mich an und winkte ab.
Komischerweise machte ich gerade einer Tomate Konkurrenz.
Mein Gesicht war rot, extrem rot.
„Ich werde jetzt mal den Direktor suchen gehen" sagte er und stand auf, doch bevor er endgültig ging drehte er sich zu mir um.
„Ich bin übrigens Lennox" dann grinste er und lief davon.
Verblüfft sah ich ihm nach. Was für ein charmanter Typ.
Halt, was dachte ich denn da?! - Er war ein Feind von mir, er wollte mich töten.
Kein Wunder bei einem bösartigen Monster wie mir. Sie hatte keine Sekunde gezögert mich auch umzubringen.
Schnell schüttelte ich den Kopf und machte mich auf den Weg die Night Class zu empfangen.

„Suri, da bist du ja endlich" hörte ich eine mir bekannte Stimme rufen.
Ich sah jemanden winken und wusste sofort, dass es nur Romilda sein konnte.
Sie zerrte mich zu sich und begann von Aido zu schwärmen.
Bah!
Das widerte mich so an.
Wie konnte man nur einen von den mögen?
Die großen Tore öffneten sich und die Eliteklasse zeigte ihre Schönheit in allen Zügen.
Der Reinblüter war natürlich auch dabei.
Allerdings beachtete er niemandem.
Ich meine, klar war er schön, aber er ist nun mal ein Vampir und diese Wesen wurden von mir verabscheut.
Während ich ihn beobachtete, schien es als würde er jemanden in der Masse suchen.
Plötzlich trafen sich unsere Blicke und ich zuckte innerlich zusammen.
Es kam mir vor wie Jahrzehnte in denen sich unsere Blicke trafen, allerdings waren es vermutlich nur Sekunden.
Er musterte mich und als sein Blick auf mein Medaillon wanderte runzelte er kurz die Stirn.
Das war mein Zeichen zum Wegdrehen.
Ich atmete schwer.
Was tat ich da nur?
Kaname war ein sehr schlaues Wesen, er wusste sicherlich über das Amulett Bescheid.
Ich blickte in den mittlerweile gespenstischen Wald, welcher von der letzten Abendsonne angestrahlt wurde und sah 5 Männer auf uns zu kommen.
Ich war anscheinend nicht die Einzige, der das nicht gefiel, die Night Class blickte sich verwundert an.
Die Männer trugen alle schwarze Anzüge. Sie sahen alle aus als würden sie vom... oh nein... sie sahen alle so aus als würden sie vom Senat kommen.
Mein Herz pumpte und mein Puls raste.
Schnell, ich musste mich verstecken.
Unauffällig quetschte ich mich zwischen die jubelnden Schülerinnen.
Ich konnte das Schauspiel von hier sehr gut erkennen, aber die Rufe der Mädchen waren so laut, dass ich nichts verstehen konnte.
Da Yuki noch nicht fit war, musste Zero das Ding alleine schmeißen, deswegen stand er auch alleine bei den Männern. Doch alsbald musste er die Day Class Schülerinnen wieder von den Blutsaugern wegzerren.
Jetzt sah ich ihn. Kaname begab sich zu den Gesandten des Senats.
Was hatten sie hier verloren?
Sie durften mich auf keinen Fall bemerken. Der Senat hatte überall seine Augen. Ganz bestimmt wussten sie, dass ich ein flüchtiger Vampir war.
Aus einem Augenwinkel erkannte ich ein Winken aus dem Wald.
Ich schenkte ihm meine ganze Aufmerksamkeit und als ich das Gesicht sah war ich heil froh.
Aidan.
Er wollte, dass ich zu ihm komme.
Schnell kämpfte ich mich durch die Horde Mädchen und versuchte unauffällig in den Wald zu gelangen.
Als ich Aidan erreichte, lächelte ich.
„Suri, ich muss dir unbedingt etwas zeigen."
Ich nickte ahnungslos.
„Ich habe Nachforschungen angestellt, um dir bei deiner Vergangenheit zu helfen. Du glaubst nicht was ich gefunden habe!"
„Was hast du gefunden?" fragte ich neugierig.
Er fasste meine Hand an und sofort überkam mich ein Schwindelanfall.  

Vampire Knight - SuriWo Geschichten leben. Entdecke jetzt