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„Freckles", rief Venom laut aus dem kleinen Nebenraum. Schon ihrer Stimme konnte ich entnehmen, dass sie mal wieder zickig war, giftig, wie wir es gerne nannten. Nach ein paar energischen Schritten stand sie auch schon im Türrahmen und sah mich biestig an:"Wie oft soll ich dir noch sagen, dass man das Geschirr IN die Spülmaschine macht und nicht NEBENDRAN?!", ich duckte mich sofort, als sie einen Löffel nach mir warf und sah fassungslos hinter mich, zu der Stelle, an der der Löffel abgeprallt ist.

Ginger, der auf der Couch saß und einen Comic anschaute lachte sofort laut los. Ich sah Venom schuldbewusst an:"Tut mir leid, V". Sie stampfte nur wieder zurück in die Küche und räumte fluchend das Geschirr ein.

Fast zwei Monate war ich nun schon hier, bei Venom, Ginger, Sushi und Cappu. Sie waren meine besten Freunde geworden. Ich erzählte ihnen meine Geschichte und sie mir ihre, wie sie hierher gekommen sind, warum sie hier bleiben. Ich habe mich seit 2 Monaten nicht aus diesem Gebäude bewegt, zu sehr Angst hatte ich mich zu weit von dem Ort wegzubewegen, an dem Chase mich finden könnte. „Hey, Freckles", ertönte Cappu's raue Stimme hinter mir und kurz darauf legte sich seine Hand in meine Locken und durchwuschelte sie.

Ich drehte mich zu ihm und lächelte ihn an:"Hallo", ich sah zu ihm hoch:"War die Jagd erfolgreich?". Mit „die Jagd" meinte ich seine nächtlichen Ausflüge. Er hielt Cops von unserem Lagerhaus fern, suchte in der Ruine, in der er auch mich gefunden hatte nach weiteren Überlebenden. Cappuccino nickte:"Hab zwei Wanderern den Weg zu so ner Hütte gezeigt", sagte er stolz und grinste dann. Ich schmunzelte, zeigte ihm einen Daumen nach oben. Cappu war ein einziger Ruhepol. Ich hatte noch nie einen ruhigeren, bedachteren Menschen getroffen. Außerdem war er der einzige, der Venom freundlich stimmen konnte, er war ihr perfektes Gegenstück.

V stand in Türrahmen der Küche, hatte ein Küchentuch in der Hand, an dem sie sich gerade die Hände abtrocknete:"Da ist er ja wieder", sagte sie schnippisch und sah zu Cappuccino. Er sah sofort zu ihr, lächelte:"Uh, was ist denn schon wieder mit ihr passiert?", er lief zu ihr, drängte sie gegen den Türrahmen, indem er seine Hände neben ihrem Kopf gegen das Holz stützte und beugte sich zu ihr runter um ihr einen sanften Kuss auf die Lippen zu hauchen:"Hey, Babe", lächelte er. Venom legte ihre Hand auf seine Wange und strich mit dem Daumen sanft über seinen leichten Bart:"Die ärgern alle meine Bedürfnisse". „Du meinst deinen Putzfimmel", kam es von Ginger.

Sofort stand Venom hinter der Couch:"Ich habe keinen Putzfimmel", brüllte sie und schlug mit dem Tuch auf den Rothaarigen ein. Nun war ich es, der lachte und lief kopfschüttelnd zu dem Bücherregal, um das Buch wegzulegen, das ich gelesen hatte.

Ich hatte mich in letzter Zeit gefragt, ob ich ernsthafte Schäden von diesem grauenhaften Lebensabschnitt tragen würde, den ich hinter mir hatte. Psychische natürlich. Doch schon im nächsten Moment erhielt ich eine Antwort darauf.

Sushi kam zur Tür rein, in seiner Hand baumelte ein Gürtel. Innerhalb einer Sekunde wurde mir eiskalt, mein Herzschlag begann zu rasen. Er kam mit dem Gürtel auf mich zu, streckte seine Hand nach mir aus. „Nein", schrie ich sofort, fiel zu Boden und hielt schützend meine Hände über meinen Kopf:"Bitte nicht".

„Charlie", Sushi beugte sich sofort zu mir runter:"Du hattest mich doch nach einem Gürtel gefragt, was ist denn in dich gefahren?", er legte seinen Arm um mich, zog mich zu sich:"Was hast du denn?", er strich über meinen zitternden Arm. Ich hatte meine Augen zusammengekniffen, meine Hände presste ich nur noch stärker auf meinen Kopf. „Cappu", rief der schwarzhaarige sofort:"Cappu komm schnell her".

Ich hörte Schritte, dann spürte ich Hände, die unter meine Arme griffen und mich hochhoben. Cappu nahm mich wie ein Kleinkind auf den Arm, ich schlang sofort meine Beine um ihn und presste meinen Kopf an seine Schulter:"Ich glaube er hat eine Panikattacke. Sushi, schaff den Gürtel hier raus, Ginger, weg vom Sofa", er setzte sich auf die Couch, nachdem Ginger aufgesprungen war und platzierte mich auf seinem Schoß:"Charlie, sieh mich an", er strich mir eine Locke aus dem Gesicht. Doch ich wollte nicht. Ich wollte nicht hinsehen. Zu sehr fürchtete ich Chase zu sehen, verschwitzt vom Zuschlagen mit Lust und Gier in den Augen.

„Okay, Buddy. Das bekommen wir hin", er legte sich hin, mich legte er auf seine Brust und ich spürte, wie Venom eine Decke über uns legte:"Schlaf es aus, Charlie. Wir kennen das, glaub uns". Sie hörte sich an, als wäre sie nicht wirklich hier, als wäre ich gefangen in einer anderen Dimension und ihre Worte könnten mich nicht vollständig erreichen. Doch trotzdem, wie aus einem Reflex heraus tat ich was sie sagte: ich schlief ein.

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Lucy. x

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