Kapitel 19

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Der Tag im Büro kam mir endlos lang vor. Immer wieder sah ich auf die Uhr, aber ich hatte das Gefühl, die Zeiger bewegten sich nicht. Was war da heute früh nur passiert zwischen Helene und mir? Diese Anziehungskraft war unglaublich stark und gleichzeitig etwas unheimlich. Ich hatte mich wirklich in sie verliebt. Immer wieder sagte ich es mir in Gedanken und musste automatisch grinsen. Und sie hatte sich auch in mich verliebt. Das war nicht zu fassen. Frau Lutz riss mich aus meinen Gedanken. Irritiert sah ich sie an. »Das Telefon klingelt«, antwortete sie und starrte mich an. »Oh, natürlich«, sagte ich etwas peinlich berührt und nahm das Telefonat an. Jemand fragte, ob seine Bewerbung angekommen war. Er hatte noch keine Rückmeldung erhalten. »Moment, ich schaue gern mal nach. Sagen Sie mir Ihren Namen und wann sie die geschickt haben?« Er antwortete: »Gerd Hamann ist mein Name. Ich habe sie vor drei Tagen mit der Post geschickt.« Das durfte doch nicht wahr sein. Vor drei Tagen mit der Post losgeschickt und jetzt rief er schon an? Ich schüttelte den Kopf und Frau Lutz musste grinsen. »Sie kam heute früh an.« Ich wusste es ganz genau, denn ich hatte die Bewerbungen bereits kurz durchgeschaut, als ich sie aus meinem Fach geholt hatte. Sie lag sogar ganz oben auf dem Stapel. »Und? Haben Sie sich schon entschieden?« Seine Stimme war ziemlich aufdringlich und er war mir direkt unsympathisch. Gespielt freundlich erwiderte ich: »Nein, haben wir noch nicht. Wir werden Ihre Bewerbungsunterlagen sorgfältig prüfen und uns dann mit Ihnen in Verbindung setzen. Einen schönen Tag noch.« Dann legte ich einfach auf.

Frau Lutz schaute zu mir rüber und fragte: »Da war wohl jemand sehr geduldig, was?« Ich musste nun grinsen. »Ja, aber das hat er nun davon.« Sie folgte mit ihren Augen meinen Bewegungen. Ich nahm die Bewerbung vom Stapel, nahm die Sachen aus der Mappe, die ich zurückschicken würde, und steckte den Rest in den Schredder, der neben meinem Schreibtisch stand. »Sorgfältig geprüft.« In der Luft setzte ich mit meinem Finger einen Haken und wir mussten beide laut auflachen.

Dann war endlich Feierabend. Ich verließ das Büro und strahlte über das ganze Gesicht, als ich auf dem Weg zum Auto eine Nachricht bekam von Helene. »Ich musste den ganzen Tag an dich denken. Und besonders an heute Morgen.« Ich setzte mich in das kalte Auto und antwortete mit Herzklopfen: »Geht mir auch so. Ich würde dich am liebsten sehen.« Ich seufzte. Was würde ich jetzt für einen Kuss von ihr geben, dachte ich. Dann leuchtete mein Handy auf. Ich las ihre Antwort und war irritiert. »Schau mal nach links.« Ich drehte den Kopf und vor mir stand Helene. Ich sprang regelrecht aus dem Auto und die Kälte konnte mir nichts mehr anhaben. »Was machst du denn hier?«, rief ich ihr erfreut zu, nahm sie in die Arme und küsste sie. Erst dann fiel mir auf, dass wir in der Öffentlichkeit waren. »Oh«, sagte ich nun etwas schüchterner und wollte mich ein kleines Stück von ihr entfernen, aber sie hielt mich fest. Und es war mir plötzlich egal. Wieder küssten wir uns.

»Woher wusstest du, dass ich hier bin?« Etwas belustigt sah sie mich an. »Ich wusste, wie lange du ungefähr im Büro bist und dann habe ich einfach auf dich gewartet.« Erstaunt sah ich sie an. »Aber wie lange stehst du hier schon? Es ist doch kalt.« Sie winkte ab. »Ich musste nicht einmal 15 Minuten warten, dann kamst du schon.« Ich musste sie einfach anlächeln. »Hast du Lust auf einen Kaffee? Wir könnten noch einen trinken fahren.« Ich nickte heftig. »Auf jeden Fall.« Wir stiegen beide in mein Auto und fuhren los. Wir entschieden uns für ein kleines Café ganz in der Nähe. Es war sehr gemütlich und warm. Wir bestellten unsere Getränke und sagten beide kein Wort. Wir tauschten nur Blicke miteinander aus und genau das machte diesen Moment so perfekt. Irgendwann brach ich aber doch die angenehme Stille.

»Soll ich denn nun morgen eigentlich zu dir kommen? Jette ist zu Hause, aber sie ist alt genug, um ohne mich auszukommen. Vielleicht lädt sie sich eine Freundin ein.« In ihrem Blick lag so viel Wärme und Zuneigung, dass mein Herz fast platzte. »Ja, gern. Das wäre echt toll.« Wir tranken aus, redeten noch eine Weile miteinander, bezahlten und verließen das Café. Dann setzten wir uns ins Auto und fuhren zurück zum Büro. Da hatte Helene ihr Auto geparkt. Unterwegs legte sie ihre Hand auf meine Hand und ich genoss es sehr. Dann parkte ich das Auto. Ich drehte mich in ihre Richtung und sie küsste mich. »Danke, dass du gekommen bist. Das bedeutet mir viel.« Stumm nickte sie und wieder fanden unseren Lippen zueinander. Am liebsten hätte ich sie auf die Rückbank gelegt und sie ausgezogen. Aber das musste warten. Hier im Auto war völlig der falsche Ort für unser erstes Mal.

»Bis morgen«, flüsterte sie mir zu und verschwand. Ich sah ihr noch nach, dann fuhr ich auch nach Hause. Jette machte gerade ihre Hausaufgaben. »Hey, mein Schatz«, begrüßte ich sie. »Hey«, erwiderte sie und war völlig vertieft. »Willst du dir morgen Abend eine Freundin einladen? Ich würde gern ausgehen.« Nun sah sie auf und richtete ihre volle Aufmerksamkeit auf mich. »Du willst ausgehen? Mit wem?«, wollte sie neugierig wissen. »Mit einer Freundin.« Sie machte ein enttäuschtes Gesicht. »Ich dachte, du triffst mal wieder einen Mann.« Sie seufzte. Ich musste lachend den Kopf schütteln. »Nein, ich treffe morgen keinen Mann.« Sie zuckte mit den Schultern. »Aber um auf deine Frage zurückzukommen. Ja, ich frage mal, wer Lust hat, morgen zu mir zu kommen.« Ich erwiderte: »Meinetwegen könnt ihr euch auch einen Mädelsabend machen, wenn du mehrere Mädels einladen willst. Aber es gibt keinen Alkohol.« Sie strahlte über das ganze Gesicht. »Wirklich jetzt?« Ich nickte und sie stand auf, um mich zu umarmen. »Danke, Mama. Das wird super.«

Auch an diesem Abend konnte ich nur an Helene denken. Und als am Freitag endlich Feierabend war, fuhr ich schnell nach Hause, um mich fertig zu machen. Wir hatten uns zu 19 Uhr verabredet. Was würde heute Abend passieren? Dachte sie überhaupt auch daran? Ich musste mich wohl überraschen lassen. Ich ließ Jette Geld für Pizza da und stand pünktlich um 19 Uhr vor ihrer Haustür und klingelte. Mit jedem Schritt nach oben raste mein Herz immer schneller. Wieder einmal stockte mir der Atem, weil sie unglaublich schön war. Sie trug einen Rock mit schwarzer Strumpfhose, einen roten Pullover und roten Lippenstift. Ihre Haare waren offen und als ich sie küsste, nahm ich ihr Parfüm wahr, was sehr gut roch. Dann bat sie mich in die Wohnung.

Als wir das Wohnzimmer betraten, traute ich meinen Augen nicht. Sie hatte den Tisch schön eingedeckt mit Tischdecke und Weingläsern. Auf dem Boden standen Teelichte, die zu einer Tür führten. Es war das Schlafzimmer. »Was..?", wollte ich fragen, aber sie legte mir ihren Finger auf den Mund und flüsterte: »Nicht sprechen.« Sie gab mir einen innigen Kuss und sofort breitete sich in mir wieder die Lust nach mehr aus. »Hast du Hunger mitgebracht?«, fragte sie verführerisch und mir war bewusst, dass sie nicht das Essen meinte, welches schon vorbereitet im Ofen stand. »Sehr. Aber mir wäre jetzt eher erst nach Nachtisch«, antwortete ich sanft zurück und sie lächelte selig.

Ich dachte, es konnte nicht romantischer werden. Aber da hatte ich mich getäuscht. Wir zogen uns langsam die Oberteile aus und ich spürte, wie meine Haut prickelte. Sie führte mich ins Schlafzimmer und als sie die Tür öffnete, entfuhr mir ein: »Oh!« Sie hielt noch immer meine Hand. »Gefällt es dir?«, fragte sie leise, aber mit einem wachsamen Blick. »Und wie es mir gefällt.« Auch hier im Schlafzimmer standen überall Teelichte verteilt. Es waren Rosenblätter auf dem Bett verteilt und eine Lichterkette war ebenfalls am Bett befestigt. Es sah unheimlich gemütlich aus. Sie schloss die Tür hinter sich. Dann zogen wir uns weiter aus. Bis wir nur noch unsere Unterwäsche trugen. Es verschlug mir den Atem, als ich Helene ansah. Sie trug schwarze Spitzen-Dessous und sah unglaublich... ja, sie sah einfach nur verführerisch aus. »Jetzt habe ich noch mehr Hunger«, raunte ich ihr ins Ohr. Dann schubste sie mich sanft auf das Bett.

Herzgeflüster || gxgWo Geschichten leben. Entdecke jetzt