Ungefähr acht Monate später...
Wir befanden uns mitten in den Sommerferien. Die Sonne schien heiß auf meinen ganzen Körper. »Huch, Vorsicht«, rief Helene lachend und ich stolperte fast über die Umzugskartons, die sie soeben abgestellt hatte. Ich wich rechtzeitig aus und stellte auch den Karton ab, den ich trug. »Warum ist das heute nur so heiß?«, wollte ich wissen und wischte mir über die Stirn. Ich nutzte die kurze Pause, um einmal durchzuatmen. »Hey, hier wird keine Pause gemacht«, neckte Jette uns, die gerade ihren Drucker ins Haus trug. Ich steckte ihr die Zunge aus. »Wir müssen uns beeilen, ich muss noch alles für das Abendessen fertig machen«, stellte Helene mit einem erschrockenen Blick auf die Uhr fest. »Es muss noch alles eingelegt werden und die Salate müssen auch noch gemacht werden.« Jette ging an uns vorbei und lief in ihr Zimmer. Ich gab Helene einen Kuss. »Das bekommen wir schon hin. Ansonsten bestellen wir einfach Pizza für alle.«
Ich sah mich um. Ich stand in unserem neuen Wohnzimmer. Wir hatten uns eine kleine Doppelhaushälfte in einer schönen Gegend gemietet. Hier war es perfekt für uns. Und Jette und Helene erreichten trotzdem noch immer problemlos die Schule. Jette hatte in der Schule eine AG gegründet und setzte sich nun für mehr Toleranz und Akzeptanz ein. Ich fand das unglaublich toll von ihr. Die Möbel waren schon alle da und aufgebaut. Jetzt ging es nur noch um das Einräumen einiger Dinge. Gestern hatten wir so einige fleißige Helfer hier. Auch Philipp hatte uns geholfen. Heute Abend würden wir eine kleine Einweihungsfeier schmeißen und alle Helfer waren eingeladen.
Jette war in ihrem Zimmer beschäftigt und wir räumten die Küche ein. »Wow, wir haben es echt getan. Ab heute wohnen wir zusammen«, stellte ich mit einem Lächeln fest. Das war doch verrückt. Nun hatte ich diese wundervolle Frau jeden Tag bei mir. Sie und Jette verstanden sich fabelhaft. Meine Familie war vollkommen. Also... Fast vollkommen. Wir hatten gestern tatsächlich über ein Baby gesprochen. Über ein Baby! Sie wollte immer Kinder, aber bisher hatte ihr die Frau gefehlt und nun hatte sie die gefunden. Ich wollte ihr diesen Wunsch nicht abschlagen, wie könnte ich auch? Aber darum kümmerten wir uns, wenn wir uns alle eingelebt hatten. Dann durfte ich wieder Windeln wechseln, nachts aufstehen und spazieren gehen. Und Jette bekam einen Bruder oder eine Schwester. Ich musste zugeben, dass mir die Vorstellung gefiel.
Als wir alles eingeräumt hatten, war es bereits 15:45 Uhr. Um 18:30 Uhr würden die Gäste kommen. Die Getränke standen bereits kalt. Ich legte das Fleisch für den Grill ein und Jette und Helene kümmerten sich um Salate. Dann gingen wir duschen. »Das haben wir ja wirklich gerade so geschafft«, meinte Helene und sah auf die Uhr. Gleich würden die Helfer kommen. Und als ich das gerade dachte, klingelte es auch schon und der Garten füllte sich. Wir begrüßten alle, bedankten uns noch einmal und boten Getränke an. Die Männer kümmerten sich um den Grill und wir setzten uns. Es war ein fröhlicher Abend, wir hatten alle viel Spaß und das Essen schmeckte richtig gut. Nach dem Essen sah Philipp in die Runde. Ich bemerkte seinen Blick.
»Wir müssen euch etwas sagen«, meinte er plötzlich und sah Jette und mich an. Gespannt blickten wir ihn an, dann legte er seine Hand auf Maries Bauch. »Wir bekommen ein Baby«, meinte er und seine Augen glitzerten vor Glück. Der ganze Tisch verstummte. Hatte ich gerade richtig gehört? »Was? Ich bekomme einen Bruder? Oder eine Schwester?«, meinte Jette fassungslos. Unsicherheit spiegelte sich in Philipps Gesicht wider. »Ja. Ich dachte, du freust dich.« Dann sprang Jette auf: »Natürlich freue ich mich, das ist fantastisch!« Sie umarmte ihn und Marie und danach gratulierte ich ihnen. Ich flüsterte ihm ins Ohr: »Das ist toll. Ich freue mich für euch. Ich weiß, du wirst ein guter Vater sein. Der beste Vater der Welt. Und wer weiß, vielleicht kommt ja bald noch ein Baby dazu. Von unserer Seite aus, meine ich.« Ich zog mein Gesicht zurück und sah ihn strahlen. »Das wäre toll. Ich bin echt froh, dass wir das mit Jette so gut hinbekommen. Du weißt ja, was nach einer Trennung alles passieren kann, aber bei uns klappt es. Man muss es nur wollen.« Das stimmte.
Vorn an der Tür klingelte es. »Oh, wer ist das denn?«, fragte ich Helene erstaunt. Es waren doch alle Gäste da, oder? »Ich gehe mal gucken«, meinte sie und sprang auf. Kurze Zeit später kam Helene mit unserem Besuch wieder. Es war eine Familie. Unsere Nachbarn. Sie waren etwas älter als wir. Sie stellten sich vor. »Wir wussten nicht, dass hier eine Party steigt. Wir wollten nur mal eben hallo sagen. Ich bin Walter, das ist meine Frau Sabine und das ist unser Sohn Hendrik.« Ich stand auf und stellte mich vor: »Hi, ich bin Hanna. Meine Freundin Helene habt ihr ja bereits kennengelernt und das ist meine Tochter Jette. « Ich zeigte auf sie. »Hey«, sagte Hendrik und er und Jette lächelten sich an. Sie waren etwa im gleichen Alter. »Wollt ihr noch bleiben? Es ist genug für alle da«, schlug ich vor, aber sie winkten ab. »Nein, nein. Danke für das Angebot, aber wir wollen nicht stören.« Ich erwiderte: »Quatsch, setzt euch gern zu uns. Wir bestehen darauf.« Und dann setzten sie sich. Wir verstanden uns wirklich toll. Jette und Hendrik hatten sich in eine Ecke des Gartens verzogen und redeten dort. Sie waren sogar fast die letzten Gäste, die gingen. Als wir uns verabschiedeten, meinten beide begeistert: »Das müssen wir unbedingt wiederholen.« Ich stimmte ihnen zu, es war wirklich sehr angenehm mit ihnen gewesen und nette Nachbarn waren immer gut. So nach und nach verließen dann alle die Party und ich ließ mich zurück auf die Hollywoodschaukel fallen. Wir waren wieder allein.
»Also Hendrik ist ganz schön süß«, gab Jette offen zu und ich musste schmunzeln. Sie hatte endgültig mit Herrn Meyer abgeschlossen und auch Paula ging es wieder gut. Wir hatten alle unsere Aussagen gemacht und er hatte seine gerechte Strafe dafür bekommen und würde eine ganze Zeit lang keine Frauen sehen. Außer vielleicht die im Gefängnis. Ob er nun noch immer sein »Gilderoy Lockhart Lächeln« benutzte? Das war ihm wohl vergangen. »Wir wollen bald mal etwas zusammen unternehmen. Er scheint ganz cool zu sein«, sagte Jette und wurde rot. »Das ist eine gute Idee«, antwortete ich und mein Gefühl verriet mir, dass die beiden sich super verstehen würden. Zum Glück war er in ihrem Alter und schien wirklich ein anständiger Junge zu sein. Ich schmiegte mich an Helenes Schulter, die neben mir auf der Hollywoodschaukel saß. Sie drehte den Kopf in meine Richtung und strahlte mich an. »Ich liebe dich«, flüsterte sie mir zu. »Ich dich auch«, erwiderte ich. »Boah, ihr seid ganz schön kitschig«, warf Jette mit einem breiten Grinsen im Gesicht ein. Ich war einfach nur glücklich und zufrieden. So konnte das Leben bleiben. Dann raunte ich ihr so leise etwas zu, sodass nur sie es hören konnte: »Ich hatte schon lange aufgehört, an die große Liebe zu glauben. Doch dann traf ich dich. Und alles veränderte sich.«
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Herzgeflüster || gxg
RomanceHanna ist eine alleinerziehende Mutter. Ihre Tochter Jette steckt mit ihren 14 Jahren mitten in der Pubertät und ständig gibt es Ärger in der Schule. Am Anfang des Schuljahres prügelt sie sich auf dem Pausenhof und ihre Lehrerin, die Hanna noch nich...