S E C H S

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Mal wieder fehlt mir beim Aufwachen die Orientierung. Die Farbe der Zimmerdecke, die Einrichtung des Raumes, alles ist so fremd. Zum Glück dauert es nur wenige Sekunden, bis meine Erinnerungen wieder einsetzen. Ein leises Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht, als ich an die Fotos in Tonys Schreibtischschublade denke. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, welchen Platz ich in der Familie Stark einnehme, doch mir ist nun dank Pepper klar, dass ich überhaupt einen habe.

Ich krabble aus meinem Kingsize-Bett und starre auf den Kleiderschrank. Gestern vor dem Schlafengehen habe ich meine Klamotten und die wenigen Habseligkeiten aus dem Trolley genommen und in ebendiesem Schrank verstaut. Ordnung schadet ja bekanntlich nie. Und wenn ich offenbar jetzt hier wohne, zahlt es sich doch aus, nicht aus dem Koffer zu leben.
Ich stehe mühsam auf und tapse zum Schrank. Ich achte nicht wirklich darauf, was ich herausfische, was zweifelsohne an meiner Müdigkeit liegt, aber der Stoff in meinen Händen fühlt sich nach Jeans und Pulli an. Um richtig wach zu werden, beschließe ich, erstmal zu duschen.
Unter dem warmen Wasserstrahl schaffe ich es zum ersten Mal, einen richtig klaren Gedanken zu fassen: Wie geht es jetzt weiter?
Ich bin volljährig, das heißt, ich werde Tony und Pepper Miete zahlen. Um an Geld zu gelangen, brauche ich einen Job. Ich bin auf keinem College eingeschrieben, denn als der Zeitpunkt für die Bewerbungen gekommen da war, fiel mir auf, dass ich nur aufs College wollte, weil Mom dagegen war. Klar, Tony könnte mir ein durchaus luxuriöses Leben finanzieren. Aber das will ich nicht. Ich will mir mit eigener Arbeit etwas verdienen, etwas auf das ich stolz sein kann.

Ich stelle das Wasser ab und trete aus der Dusche, um mich in ein flauschiges, weißes Handtuch zu hüllen. Im dampfbeschlagenen Spiegel betrachte ich mein blasses Gesicht und starre mir selbst in die Augen. Was wird nur aus deinem Leben werden, Caitlin? Ich wende den Blick ab und greife nach meinen Klamotten. Der Pullover ist rot, etwas Farbe zu meinem käsigen Teint. Ich ziehe ihn und die hellblaue Jeans an, nur um mich wieder ins Bett fallen zu lassen. Ich bin von meinen eigenen Gedanken auf eine seltsame Art und Weise gelangweilt. Genervt starre ich auf die Zimmerdecke. Was jetzt? Ein Buch lesen? Einen Film gucken? Nie wieder vor die Haustüre treten?

Ein Klopfen unterbricht meine düsteren Gedankengänge. Auf mein „Ja?" steckt Pepper den Kopf durch die Tür. „Guten Morgen, Caitlin. Tony und ich wollten in ein Café Frühstücken fahren, willst du mitkommen?" Ich will gerade ja sagen, da fällt mir ein, dass die beiden etwas an Zweisamkeit verdient haben. Schließlich sind sie ja jetzt quasi Eltern. „Nein, ist schon okay, ich bin sowieso noch nicht so richtig hungrig." „Bist du sicher?" „Ja, klar. Gönnt euch einen schönen Vormittag!" Pepper schneidet eine leichte Grimasse. „Na gut. Wenn du Hunger bekommst, in der großen Küche findest du ein paar Lebensmittel. Die anderen müssten auch dort sein. Bis dann!" Ich winke zum Abschied und stöhne leicht auf, als die Tür hinter ihr ins Schloss fällt. Frühstück mit den Avengers. Klasse. Seufzend tapse ich zurück ins Bad und kämme meine Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen. Ich bin blass wie immer und ein paar Augenringe lassen sich auch erkennen. Die schlaflosen Nächte machen sich langsam bemerkbar.

Zurück im Schlafzimmer nehme ich mir meine schwarzen Stiefel aus dem Schrank. In New York hat es noch nicht geschneit, es ist ja auch erst Mitte November. Aber irgendwie geben sie mir ein Gefühl von Heimeligkeit, schließlich habe ich sie seit vier Jahren. Tief durchatmend trete ich vor die Tür und versuche mich an den Weg zum Gemeinschaftswohnraum zu erinnern.
Irgendwann habe ich die Tür erreicht, die den Durchgang zu meinem Ziel markiert. Durch das teure Glas erkenne ich Natasha Romanoff und einen blonden Mann am Tisch sitzend. Offenbar kennen sie sich gut, denn sie unterhalten sich angeregt. Okay, Cat, ermutige ich mich selbst. Du bist ein selbstbewusstes, starkes Mädchen, du schaffst das!
Doch gerade als ich mit einem neutralen Gesichtsausdruck die Tür aufdrücke und den Raum betrete, ruft der Mann, den ich als Steve Rogers kenne, aus: „Stark hat Kinder?" Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich das noch öfter zu hören bekommen werde.
„Nur eines. Hoffe ich zumindest", ergänze ich. Als die beiden erschrocken den Kopf zu mir drehen, lächle ich angespannt und sage: „Ich will mir nur schnell was zum Essen holen, dann bin ich wieder weg." Wird der Captain etwa gerade leicht rot? Irgendwie süß für einen ... Neunzigjährigen?
„Setz dich doch zu uns, Caitlin. Ich denke es ist offensichtlich, dass wir sowieso gerade über dich gesprochen haben", sagt Natasha, der das ganze anscheinend nicht einmal peinlich ist. „Ich bin Steve", stellt sich der Supersoldat unnötigerweise vor, als ich mich neben Natasha auf einen Stuhl fallen lasse. Ich nicke. „Captain America." Diesmal nickt er und wechselt elegant das Thema. „Ich wusste nicht, dass Stark eine Tochter hat." „Hab ich gehört", erwidere ich grinsend. „Da bist du aber nicht der Einzige. Außer Mom, ihm und mir wusste keiner Bescheid, auch nicht Pepper." „Sogar vor S.H.I.EL.D.?", mischt sich Natasha ein. „Vielleicht haben sie etwas geahnt", gebe ich zu. „Ich glaube nämlich nicht, dass sie jedermanns Strafzettel sammeln." „Dann bist du wahrscheinlich nicht bei deinem Vater aufgewachsen", schlussfolgert Steve. Ich nicke. „Meine Mom hatte das Sorgerecht." Meine Stimme klingt etwas heiser, aber ich überspiele meinen Anflug von Wehmut mit einem Lächeln. „Ich brauche erst mal Kaffee", verkünde ich. Steve, ganz der Gentleman, springt auf, bevor ich auch nur einen Finger rühren kann, und wirft die Kaffeemaschine neben der Mikrowelle an. „Wie trinkst du ihn?", ruft er mir zu. „Milch, kein Zucker!", antworte ich verwirrt und belustigt zugleich. Natasha lächelt mir zu, als ich mich wieder zurück zu ihr drehe. „Er ist in den Dreißigern aufgewachsen", sagt sie erklärend. Steve stellt eine neutrale weiße Tasse vor mir auf den Tisch. Ich inhaliere den warmen Dampf des Kaffees und seufze zufrieden, was die beiden mit einem Lachen kommentieren.
Ich unterhalte mich besser als erwartet mit den beiden, nur ein Thema erwähnen sie bewusst nicht, aber aus abgebrochenen Andeutungen höre ich etwas von einem Streit zwischen den Avengers heraus. Außerdem erzählt mir vor allem Natasha Dinge über Tony, die ich nie wusste und zum Teil auch nie wissen wollte. Mir war ja klar, dass er und Mom nie etwas Festes gehabt hatten, und er einen gewissen Ruf hatte, aber so viele andere ... Bah!
Mit der Hilfe der beiden Avengers packe ich gerade ein paar der wichtigsten Lebensmittel zusammen, um meinen zimmereigenen Kühlschrank zu befüllen, als die Glastür aufschwingt und Coulson eintritt. Nach einer freundlichen, aber distanzierten Begrüßung teilt er mit: „Miss Riggs, wir werden nun unsere wichtigsten Agenten und den Rest der Avengers über Ihre Existenz aufklären. Es wäre freundlich, wenn Sie heute um sechzehn Uhr in einem der Konferenzräume erscheinen würden, Ihr Vater oder Miss Potts kann Sie dort hin geleiten." „Ich ... ja, klar", stammele ich. Er lächelt unverbindlich. „Dann wünsche ich Ihnen noch einen schönen guten Morgen. Wären Sie so freundlich, in Ihr Appartement zurückzukehren? Ich würde gerne noch ein Wort mit Ihrer Gesellschaft wechseln." Ich nicke schnell und nehme den Korb mit meiner Beute an mich, um den Raum zu verlassen. 


Lange, lange ist es her... Tut mir leid. Ich bin Schülerin, es ist Dezember. Mehr muss man wahrscheinlich nicht sagen :) 
Das nächste Kapi kommt wahrscheinlich um Weihnachten raus. Danke an alle, die das hier lesen. 

Superhero's ChildWo Geschichten leben. Entdecke jetzt