Kapitel 2

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"Huhu, jemand zuhause?", schrie ich, sobald ich die Tür aufgeschlossen hatte. Ich war so oft hier, dass mein Papa mir mittlerweile schon einen Schlüssel gegeben hatte.

"Shari! Schön, dass du da bist. Ich freue mich, dich zu sehen", begrüßte er mich und nahm mich sogleich in den Arm. "Ich freue mich auch, Papa."

Komischerweise verstand ich mich mit ihm noch viel besser, seit er meine Mama verlassen hatte und hierher nach Hamburg gezogen war. Als meine Eltern noch zusammen gewohnt hatten, hatte ich mich zuhause nie wirklich wohl gefühlt. Immer musste ich Angst haben, dass meine Eltern sich stritten und das im wahrsten Sinne des Wortes im Krieg endete.

Doch seit meine Eltern weit genug voneinander entfernt wohnten, verstand ich mich mit beiden hervorragend. Bei beiden hatte ich ein eigenes Zimmer, sodass ich immer kommen konnte wann immer ich auch wollte. Und das mit 21, obwohl ich seit mittlerweile vier Jahren nicht mehr zuhause wohnte, war schon ein echtes Glück.

"Hast du Hunger?", fragte mein Dad. "Sophia hat Essen gemacht." Natürlich sagte ich da nicht nein. Sophia war die neue Freundin meines Vaters, mit der er jetzt seit zwei Jahren zusammen war. Anfangs war ich sehr skeptisch und hielt das Ganze für keine gute Idee, da Sophia um einiges jünger als mein Vater war und einen kleinen Sohn hatte. Doch je besser ich sie kennenlernte, desto mehr schloss ich sie und den kleinen Julius in mein Herz.

Ich fand heraus, dass sie eigentlich viel reifer war, als ihr Alter verriet. Und genau dann kam es doch eigentlich nicht mehr auf irgendeine Zahl an, oder? Genau diese Tatsache hatte nämlich auch dazu geführt, dass sie sich von dem Vater ihres Kindes getrennt hatte, weil dieser im Vergleich zu ihr viel unreifer war. Manchmal kam Sophia mir vor, wie meine eigene Mama. Und auch Julius gehörte ganz offiziell zu unserer Familie.

"Shari, Shari, Shari, schau mal, was ich zum Geburtstag geschenkt bekommen habe", rief er, nahm meine Hand und präsentierte mir stolz seine neue Rennstrecke. "Wow, die ist aber toll!", sagte ich. "Hast du die von Mama geschenkt bekommen?" Er nickte glücklich und spielte sogleich weiter mit seinen Autos.

Manchmal wenn ich ihn so sah, wollte ich selbst Kinder haben, die so klein und glücklich und noch ganz unschuldig waren.

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