Kapitel 20

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In den nächsten Wochen ging ich wie versprochen regelmäßig zu meiner Therapie. In guten Wochen zwei Mal, in schlechten Wochen bis zu vier oder fünf Mal. Und ich musste ehrlich sagen, dass es mir enorm weiterhalf. Teilweise hatte ich sogar Tage an denen es mir wieder richtig gut ging. Natürlich war das ein laufender Prozess. Mal ging es berghoch, aber dann auch wieder bergab. Im Allgemeinen allerdings konnte man sagen, dass ich mich gut meisterte. Niemals hätte ich vorher gedacht, dass ich mich einmal einer völlig fremden Person so öffnen könnte. Doch dass sie die Schweigepflicht einhalten musst, half mir natürlich enorm.

Irgendwann ging das Ganze sogar so weit, dass ich meinen Eltern davon erzählen konnte. Ich hängte es nicht an die große Glocke, doch wenn mich einer meiner Freunde fragte, sagte ich ihnen die Wahrheit. Wie es mir ging und wie ich das alles meisterte. Es ging mir schon viel besser und ich meisterte das auch einigermaßen okay. Dennoch war ich noch weit davon entfernt, sagen zu können, dass es mir gut ging oder dass ich die Therapie nicht mehr brauchte. Es ging langsam voran.

"Ich bin so stolz auf dich", sagte Wincent und verschränkte seine Finger mit meinen. Schritt für Schritt hatten wir uns wieder angenähert und schon bald hatte ich gemerkt, dass die magische Verbindung zwischen uns beiden nie wirklich verschwunden war, wir mussten sie nur eine Weile suchen. Wincent unterstützte mich und war für mich da wo auch immer er konnte. Selbst wenn seine Arbeit ihn eigentlich voll in Anspruch nahm, war ich immer seine erste Priorität.

Während der ganzen Zeit wurden Jonas Belästigungsversuche etwas weniger, hörten allerdings nie ganz auf, weshalb es mir trotz großer Erfolge in der Therapie schwer fiel völlig loszulassen. Deshalb hatte meine Therapeutin mir auch irgendwann geraten, die Polizei und einen Anwalt mit hinzu zu ziehen. Denn was er in den letzten Jahren und Monaten getan hatte, war definitiv strafbar, auch wenn es teilweise schwierig werden würde, das zu beweisen.

Ich war mir mittlerweile sicher diesen Weg gehen zu wollen. Zuerst hatte ich es nicht in Erwägung gezogen, Jonas anzuzeigen, weil ich damals einfach nur noch von ihm weg und ihn niemals wiedersehen wollte. Doch weil er jetzt einfach nicht aufhören wollte, mich zu belästigen, sah ich keine andere Möglichkeit als damit vor Gericht zu gehen. Ich wollte das endlich alles hinter mich bringen, auch wenn ich dafür noch einmal alles aufwühlen musste.

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